Employee Experience im Fokus

Was erleben und fühlen Mitarbeiter*innen und wie lässt sich das Erleben von Mitarbeiter*innen noch verbessern? Der zunehmende Fokus auf Mitarbeiter*innen als wichtigen Erfolgsfaktor für Firmen sorgt dafür, dass neue Themen wie „Employee Experience“ in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung gewinnen und auch in den nächsten Jahren noch relevanter werden.

Alle Informationen im Überblick

Definition: was versteht man unter Employee Experience?

Employee Experience umfasst alle Erfahrungen, die Mitarbeiter*innen im Unternehmen machen. Zu berücksichtigen sind dabei Interaktionen mit dem Arbeitgeber, die Unternehmenskultur, Arbeitsbedingungen und die Arbeitsumgebung sowie Entwicklungsmöglichkeiten und weitere Unterstützung, die Arbeitnehmer*innen erfahren. Für ein umfassendes Verständnis der Employee Experience ist der gesamte Employee Lifecycle zu betrachten, von der Anziehungsphase bzw. Rekrutierungsphase durch gezieltes Employer Branding bis zum Offboarding. Human Resources nimmt Employee Experience in den Fokus, um die Bedürfnisse und Erwartungen der Mitarbeiter*innen zu erfüllen, die Zufriedenheit und Motivation zu steigern und ihre Produktivität zu verbessern.

Im Deutschen werden als Synonyme Mitarbeitererfahrung und Mitarbeiter-Engagement verwendet, zum Teil auch Arbeitsplatzkultur oder Mitarbeiterbindung – gerade die letzten beiden Begriffe sind aber enger gefasst und beschreiben nur Teilbereiche der umfassenden Employee Experience.

Die Bedeutung von Employee Experience für Unternehmen

Eine Studie von Stepstone und identifire aus dem Jahr 2021 setzte sich zum Ziel, relevante Basisdaten zum Trendthema Employee Experience zu erheben. In dieser Studie mit 371 Befragten aus Österreich zeigte sich, dass 52% der Befragten dem Thema Employee Experience in den nächsten 3 bis 5 Jahren einen hohen Stellenwert zuweisen. Insbesondere kleine Betriebe mit bis zu 49 Mitarbeiter*innen beschäftigen sich intensiver mit dem Thema als jene mit mehr Mitarbeiter*innen, denn jeder 5. kleine Betrieb attestiert dem Thema sehr hohe Relevanz, während es bei den mittleren nur jeder 10. tut und bei den großen Betrieben mit mehr als 250 Mitarbeiter*innen jeder 14. Während 96% der HR-Profis dem Thema im Zeithorizont von 3 bis 5 Jahren sehr hohe Bedeutung zumessen, sind es bei Kommunikator*innen 93% und bei den Topmanager*innen 89%.

In wie vielen Betrieben aber wird die Employee Experience durch konkrete Maßnahmen gestaltet?

Hier ergab die Befragung, dass das bei 63% aller Betriebe der Fall ist, allerdings ist davon auszugehen, dass damit sowohl Employer Branding als auch Employee Experience gemeint ist, da in der Praxis wenig Trennschärfe besteht. Bei den berücksichtigen Lebensphasen steht an erster Stelle „Elternschaft“ mit 69%, dahinter sind „privat initiierte Weiterbildung“ mit 48% und „Krankheit/Langzeitkrankenstände“ mit 43% genannt. Auf „Pflegeverpflichtungen“ hingegen wird nur zu 30% in den Unternehmen eingegangen, bei „kritischen und traumatischen Ereignissen“ sind es nur 27%.

Bei der Berücksichtigung unterschiedlicher Lebensphasen besteht daher noch deutlich Luft nach oben, um die verschiedenen Bedürfnisse und Lebensrealitäten von Mitarbeiter*innen anzuerkennen. Zudem ist aufgrund des aktuellen Fachkräftemangels davon auszugehen, dass der Zuspruch zum Thema mittlerweile noch größer wäre, da der Wettbewerb um die besten Bewerber*innen sich noch weiter verschärft hat.

Vorteile von Employee Experience für Unternehmen

Eine positive Employee Experience bietet viele Vorteile für Unternehmen:

  • Sie steigert nachweislich die Mitarbeiterzufriedenheit und –motivation.
  • Sie verbessert das Engagement der Mitarbeiter*innen, sie setzen sich deutlich mehr für die Unternehmensziele ein und bringen neue Ideen ein.
  • Die Mitarbeiterbindung wird erhöht, eine langfristige Treue zum Unternehmen ist dadurch eher wahrscheinlich.
  • Sie erleichtert es Unternehmen, sich als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren und ihr Image zu verbessern.
  • Eine klar designte Employee Experience ermöglicht es, die Zufriedenheit und Motivation der Mitarbeiter*innen auch in Zahlen und Fakten zu erfassen und dadurch zielgerichtet zu verbessern.
  • Der Fokus auf Employee Experience wird in den nächsten Jahren immer wichtiger, um sich für Fachkräfte als attraktiver und fortschrittlicher Arbeitgeber präsentieren zu können – damit handelt es sich auch um eine Investition in die Zukunft.

Die Phasen des Employee Lifecycle – vom Eintritt bis zum Austritt

Ein umfassendes Design der Employee Experience hat alle Phasen der Employee Journey zu berücksichtigen. Welche Stadien Mitarbeiter*innen bei der Employee Journey genau durchlaufen, kann je nach Branche und Gepflogenheiten im Unternehmen etwas variieren, doch im Wesentlichen sind die sechs Schritte oder Phasen für alle ähnlich. In älteren Modellen wurde „Attraction“ noch nicht dazu gezählt, sondern erst bei der Rekrutierung begonnen, doch das neuere Modell setzt sich immer deutlicher durch:

1. Attraction

In der Anziehungsphase geht es darum, sich als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren und Bekanntheit zu erlangen. In dieser Phase bekommen potenzielle Bewerber*innen schon einen ersten Eindruck von der Unternehmenskultur und wichtigen Werten. Eine immer wichtigere Rolle spielen in dieser ersten Phase Corporate Influencer.

2. Rekrutierung

Mit dem Recruiting, von der Stellenanzeige über Vorstellungsgespräche und weitere Auswahlverfahren bis zur finalen Auswahl der Bewerber*innen, bietet sich einerseits die Möglichkeit, den Bewerber*innen gezielt Einblicke zu geben, was es auch in Bezug auf Arbeitsumgebung, Teamkultur usw. bedeutet, für das Unternehmen zu arbeiten, andererseits kann gezielt erfragt werden, welche Bedürfnisse und Wünsche die jeweiligen Bewerber*innen mitbringen. So lässt sich die Candidate Journey für beide Seiten nutzen. Hier zeigt die Befragung von Stepstone und identifire, dass die Berücksichtigung der Kandidatenperspektive noch ausbaufähig ist, nur 41% der Befragten haben das Abklären von Erwartungen vor dem Erstgespräch am Radar.

3. Onboarding

Die Einführung in das Unternehmen, die Unternehmenskultur und die Rolle sowie die Definition der Ziele sind im Onboarding zu berücksichtigen – wie die Studie zeigt, haben aktuell 66% der Unternehmen einen strukturierten Onboarding-Prozess, allerdings geben auch 10% der Befragten an, dass das in ihrem Unternehmen nicht der Fall sei. Insbesondere die Integration ins Team und damit auch das Abklären des Cultural Fit wird oft nicht beachtet.

4. Entwicklung

Die strategische und geplante Entwicklung der Mitarbeiter*innen ist entscheidend, um gemeinsam Ziele zu erreichen. In dieser Hinsicht müssen die individuellen Bedürfnisse und Möglichkeiten je nach Lebensphase und Lebensumständen berücksichtigt und miteinbezogen werden. Hier setzen laut Studie aktuell erst 57% der Unternehmen etwa bei der Planung des Weiterbildungsangebots auf die Partizipation der Mitarbeiter*innen, womit noch viel ungenütztes Potenzial besteht.

5. Bindung

Eine gestärkte Mitarbeiterbindung führt dazu, dass sie dem Unternehmen erhalten bleiben und die Fluktuation gering ist. Gerade bei Auszeiten wie Karenzen oder Elternteilzeit besteht ein großes Potenzial, mit Maßnahmen wie Coachings und Mentorings den Kontakt zu den Mitarbeiter*innen zu halten und ihre Bindung ans Unternehmen zu stärken.

6. Trennung vom Unternehmen

Beim Offboarding, sei es durch Kündigung, Vertragsende oder Pensionierung, bietet sich durch Exit-Interviews die Gelegenheit, nicht nur mehr über Verbesserungsvorschläge und Kritikpunkte der (bald) ehemaligen Mitarbeiter*innen zu bekommen, sondern Sie zeigen auch in erster Linie Wertschätzung für deren Sichtweise und ihre Leistung im Unternehmen. Aktuell führen allerdings laut Studie nur 48% aller Unternehmen solche Exit-Interviews durch.

Aktuelle Herausforderungen im Rahmen der Employee Experience

In der Befragung kristallisierten sich folgende Pain Points für die Employee Experience heraus:

1. Zu wenig Ressourcen, zu wenig Verständnis: Oftmals stellt es sich als schwierig heraus, dem Thema intern die notwendige Relevanz verschaffen, denn viele Verantwortliche wissen nicht, was darunter zu verstehen ist, weshalb Employee Experience eine untergeordnete Rolle spielt und im Verhältnis zu den anstehenden Aufgaben und Herausforderungen zu wenig Ressourcen erhält.

2. Die Transformation läuft weiter: Umstrukturierungen, Führungswechsel und Change-Prozesse belasten die Employee Experience, denn beim Abbau von Mitarbeiter*innen, bei Fluktuationswellen oder in Kurzarbeit bleiben für strategische Gestaltung und agile Entwicklung wenig Zeit.

3. Dirigieren statt 2. Geige spielen: Employee Experience kann nicht von einer Fachabteilung übernommen werden, Human Resources muss dafür viele Abteilungen und Puzzleteile zusammenbringen und dafür sorgen, dass das Gesamterlebnis stimmt.

4. Mangelndes Verständnis auf Management-Ebene: Noch immer ist nicht überall im Management angekommen, dass sich Employee Experience wirtschaftlich auszahlt.

5. Employee Experience als elementarer Bestandteil täglicher Führungsarbeit: Es ist wichtig, ein gemeinsames Verständnis für Employee Experience zu schaffen, denn sie muss ein elementarer Bestandteil des Führungsalltags werden.

Employee Engagement – wie lässt es sich fördern?

  • Positive Arbeitsumgebung schaffen: Von hellen Räumen über ergonomische Möbel bis hin zu ansprechenden Pausenräumen trägt die Umgebung wesentlich zur Motivation bei.
  • Offene Kommunikation: Egal, ob es um neue Aufgaben oder um Probleme und Kritik geht, wenn man seinen Mitarbeiter*innen offen kommuniziert, was ansteht, was einem wichtig ist und man zugleich klarmacht, dass man für Feedback offen ist, fördert das das Engagement ungemein.
  • In die Entwicklung der Mitarbeiter investieren: Ob es darum geht, für bestehende Aufgaben die Fähigkeiten zu verbessern, oder darum, sich neue Felder zu erschließen und weiterzuentwickeln, auch hier zahlt sich Unterstützung aus.
  • Klare Karrierewege schaffen: Bieten Sie Ihren Mitarbeiter*innen Perspektiven zur Weiterentwicklung und zeigen Sie ihnen neue Ziele auf.
  • Flexible Arbeitsbedingungen: Gerade für die Vereinbarkeit und Work-Life-Balance sind flexible Arbeitsbedingungen wie Gleitzeit und Homeoffice ein Muss.
  • Individualität berücksichtigen: Junge und motivierte Mitarbeiter*innen über Teambuilding ans Unternehmen binden und durch Weiterbildung motivieren, Eltern in und nach der Karenz die Vereinbarkeit vereinfachen, pflegende Angehörige durch unbürokratische Auszeiten entlasten, älteren Arbeitnehmer*innen noch Entwicklungsmöglichkeiten in puncto Digitalisierung und Remote Work bieten – hier geht es darum, die unterschiedlichen Anforderungen und Bedürfnisse jedes*r Mitarbeiters*in zu berücksichtigen.
  • Wertschätzung und Anerkennung zeigen: Wie wird im Unternehmen gelobt, wie wird Kritik geübt? Was lässt sich vor dem Team oder der gesamten Mannschaft hervorheben? Wertschätzung und Anerkennung in Worten und durch finanzielle Vergütung trägt dazu bei, dass Mitarbeiter*innen sich gesehen fühlen.

6 Tipps für eine bessere Employee Experience

  1. Kandidat*innen passgenau ansprechen: Durch überzeugende Karriereseiten und in den Formulierungen treffgenaue Ausschreibungen sollen die richtigen Personen auf für sie ansprechende Weise abgeholt werden. Der nächste Schritt ist dann, ihnen die Einreichung der Bewerbungsunterlagen möglichst einfach zu machen und sie in wenigen Minuten zu ermöglichen, um die Hemmschwelle möglichst gering zu halten.
  2. Soziale Integration ins Team schon beim Onboarding: Oft wird neben der Einarbeitung in Technik und Prozesse auf die Integration ins Team schon beim Onboarding vergessen, dabei ist sie für die Verbundenheit und Motivation höchst wertvoll. Welche gemeinsamen Aktivitäten zum Kennenlernen lassen sich hier bieten, damit sich die Neuen auch im Team willkommen fühlen?
  3. Regelmäßiges Feedback: Über Mitarbeitergespräche hinaus ist eine offene Kommunikation über die Leistung und Ziele der Mitarbeiter*innen wichtig. Feedback sollte nicht nur anlassbezogen gegeben werden, sondern am besten regelmäßig erfolgen, um Kontinuität und Verlässlichkeit zu zeigen.
  4. Feedback einholen: Nicht nur von aktuellen Mitarbeiter*innen, auch von Kandidat*innen sowie von Personen, die das Unternehmen verlassen, sollte strukturiert Feedback eingeholt werden, um ein umfassendes Bild zu erhalten.
  5. Generationen verbinden: Mitarbeitende unterschiedlicher Generationen zusammenzubringen, beugt einerseits dem Know-How-Verlust durch die Pensionierungswellen der nächsten Jahre vor und gibt andererseits auch älteren Arbeitnehmer*innen die Möglichkeit, von den Jungen zu lernen.
  6. Ehrenämter und Nebentätigkeiten: Ehrenämter oder Nebentätigkeiten zu fördern, etwa durch zeitliche Unterstützung, zeigt Mitarbeiter*innen die Wertschätzung des Unternehmens und trägt dazu bei, dass sie sich in ihren unterschiedlichen Interessen und Tätigkeitsbereichen gesehen und unterstützt fühlen. Das erhöht auch die Motivation, im Unternehmen zu verbleiben.

Autor: Sabine Schönfellner
Bildnachweis: istockphoto.com/jacoblund

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