Corporate Influencer – Mit Markenbotschafter*innen das Recruiting ankurbeln

Influencer Marketing, Brand Ambassador, Markenbotschafter*in oder Testimonial – diese Begriffe werden häufig synonym verwendet, um Personen zu bezeichnen, die eine Marke und deren Produkte auf eigenen Werbeplattformen und PR-Kanälen repräsentieren. In den letzten Jahren setzen auch immer mehr Unternehmen auf Corporate Influencer, um sich in Zeiten von Fachkräftemangel und Great Resignation von der Konkurrenz abzuheben, neue Bewerber*innen anzuziehen und Mitarbeiter*innen langfristig zu binden.

Informationen im Überblick zum Thema Corporate Influencer

Definition: Corporate Influencer, Markenbotschafter*innen oder Testimonial?

Streng genommen sind Corporate Influencer interne Markenbotschafter*innen, die ihre persönlichen (digitalen) Kanäle nutzen, um Einblicke in unterschiedliche Unternehmensbereiche zu gewähren und die Werte des Arbeitgebers nach außen zu kommunizieren. Sie agieren wie Influencer vor allem online, sind aber weniger an Reichweitensteigerung oder kostenlosen Goodies interessiert als daran, das Unternehmen aus eigener Motivation und Begeisterung glaubwürdig zu repräsentieren.

In der relativ jungen Disziplin des Influencer-Marketings und Employer Brandings werden Markenbotschafter*innen diverse Bezeichnungen gegeben. Allerdings muss man die Rollen und Wirkungsbereiche dieser Repräsentant*innen differenzieren:

  • Influencer Marketing hat sich seit dem Wachstum und der zunehmenden Kommerzialisierung von Social Media Plattformen zu einem wichtigen Werbestandbein für viele große Marken entwickelt. Influencer nutzen diese Kanäle, um sich als Meinungsbildner*innen für bestimmte Bereiche zu etablieren, Unternehmen profitieren bei einer Zusammenarbeit von der Bekanntheit, dem Imagetransfer und hohen Follower-Reichweiten. Im Fokus stehen dabei die Erschließung neuer Zielgruppen, die Steigerung der Markenbekanntheit und eine hohe Identifikation der Fans mit den Influencern.
  • Bei Testimonials handelt es sich entweder um fiktive Personen oder Prominente, die eine Marke in der Presse und verschiedenen Werbeformen vertreten und deren Produkte oder Dienstleistungen anpreisen. Während Influencer eher per Tauschleistung vergütet werden, sind Testimonials bezahlte Werbebotschafter*innen mit großer Anerkennung in der Öffentlichkeit.
  • Parallel verwendet werden können die Bezeichnungen Brand Ambassador und Markenbotschafter*in. Diese Personen geben einer bestimmten Marke ein Gesicht und vertreten mehr als nur eine Werbebotschaft – sie repräsentieren die Werte und übergreifenden Botschaften eines Unternehmens. Markenbotschafter können bezahlt oder aus eigenem Antrieb agieren, berühmte Persönlichkeiten mit passenden Images, Nischenvertreter*innen oder Mitarbeiter*innen aus eigenen Reihen sein.

Externe Markenbotschafter*innen vs. Corporate Influencer

Im Gegensatz zu externen Markenbotschafter*innen sind die Leistungen von Corporate Influencern nicht transaktional oder von der Marketingabteilung vorformuliert. Vielmehr geht es darum, authentische Perspektiven zu vermitteln, die Bewerber*innen anlocken, das Unternehmensimage stärken und die Motivation der Mitarbeiter*innen steigern sollen.

Arbeitgeberattraktivität und Employer Branding als neue Währung im Recruiting

Die Krisen der letzten Jahre haben den Arbeitsmarkt nachhaltig umgekrempelt: Neben  den Nachwehen der Corona-Pandemie, Teuerungswellen und dem anhaltenden Fachkräftemangel in mehreren Branchen erschweren Phänomene wie Massenkündigungen, eine hohe Jobwechselbereitschaft und steigende Anforderungen von Bewerber*innen an potenzielle Arbeitgeber sowohl die Personalsuche als auch -bindung. Laut der aktuellen Employer Branding Now Studie von Universum berichten satte 70 Prozent der befragten Personalverantwortlichen von erschwerten Recruiting-Bedingungen.

Im Kampf um Talente gewinnen „weiche Faktoren“ wie die Unternehmenskultur, ein modernes Arbeitsumfeld oder die Möglichkeit von Weiterbildung an Bedeutung, wie das Studenten-Ranking Österreichs attraktivster Arbeitgeber 2022 belegt. Unternehmen müssen sich heute als attraktive Arbeitgebermarke positionieren, um im Angebotswettstreit mit ähnlichen Gehältern oder Benefits die Aufmerksamkeit von Bewerber*innen zu gewinnen. Eine umfassende Employer-Branding-Strategie bildet das Rahmenwerk, um die Stärken und Schwächen der eigenen Arbeitgebermarke zu ermitteln, die Bedürfnisse der Zielgruppen wie auch eigenen Mitarbeiter*innen kennenzulernen, gezielt anzusprechen und solche Maßnahmen nach innen und außen zu kommunizieren.

Corporate Influencing & Vorteile fürs Unternehmen

Corporate Influencing ist in Zeiten schrumpfender Recruiting-Budgets und Arbeitsuchender, die von Active Sourcing-Nachrichten oder aufdringlichen Werbebotschaften überflutet werden, eine erfrischende und günstige Möglichkeit, um ein authentisches Bild des Arbeitgebers zu vermitteln. Persönliche Videos, Bilder und Geschichten rund um den Arbeitsalltag oder relevante Unternehmensthemen wirken glaubwürdiger, interessanter und direkter als Social Media Postings der Marketingabteilung oder Beiträge auf der Karriereseite. Besonders die Generation der Digital Natives schenkt Menschen mehr Vertrauen als anonymen Marken und will unmittelbare, unverstellte Einblicke in potenzielle Arbeitsumfelder bekommen.

Corporate Influencing stärkt das Unternehmensimage nach außen durch wirksames Storytelling und indirekte Bewerbung der Arbeitgeber-Vorteile, bei Corporate Influencern mit vielen Followern oder öffentlicher Bekanntheit werden relevante und neue Zielgruppen erreicht. Aber auch für die interne Arbeitgeberattraktivität bieten sie Vorteile, da sie Mitarbeiter*innen Einblicke in andere Unternehmensbereiche bieten und die Identifikation mit dem Arbeitgeber steigern.

Corporate Influencer aus den eigenen Reihen zeigen der Belegschaft, wie Mitarbeiter*innen Raum für Verantwortung und individuelle Entfaltung gegeben wird. Das wiederum wirkt sich positive auf die Mitarbeiterbindung und die Motivation des Teams aus: Arbeitende, die sich wertgeschätzt fühlen, sind zufriedener, produktiver und langfristig loyaler.

Wer eignet sich als Corporate Influencer im Unternehmen?

Bevor Sie erste Corporate Influencer für Ihr Unternehmen rekrutieren, stellt sich zunächst die Frage, ob Sie externe Markenbotschafter*innen anfragen oder eigene Mitarbeiter*innen auswählen. Bekannte Influencer haben den Vorteil, dass sie auf ihren Blogs oder Social-Media-Plattformen bereits ein breites Stammpublikum besitzen und wissen, auf welche Inhalte und Formate es bei professionellen Postings ankommt.

Unternehmensfremde Corporate Influencer können etwa Fans der Marke, Kund*innen oder Expert*innen der Branche sein – Grundvoraussetzung ist echtes Interesse am Unternehmen und die intrinsische Motivation, andere für den Arbeitgeber zu begeistern. Allerdings sollten Sie bedenken, dass externe Markenbotschafter*innen sehr wohl Gegenleistungen in Form von finanzieller Vergütung, Werbegeschenken etc. erwarten und ihre Wirkung meist eher temporär als nachhaltig ist.

Mitarbeiter*innen sind die besseren Markenbotschafter*innen fürs Unternehmen

Im Gegensatz zu externen Corporate Influencern haben Mitarbeiter*innen aus den eigenen Reihen einen direkten Draht zum Arbeitsalltag, aktuellen Anliegen und der DNA ihres Unternehmens. Inhalte und Themen ergeben sich organischer und wirken authentischer, zudem erfolgen die Leistungen während der Arbeitszeit und sind daher im regulären Lohn inkludiert. Ein absolutes Muss ist die Freiwilligkeit und persönliche Motivation der Mitarbeiter*innen, denn Identifikation und Freude an Kommunikation lassen sich weder kaufen noch erzwingen.

Als Corporate Influencer eignen sich Mitarbeiter*innen aller Branchen, Alters- und Karrierestufen. Noch besser ist es, wenn Sie eine gemischte Gruppe zusammenstellen, um die Vielfalt des Unternehmens zu zeigen. Halten Sie nach Personen Ausschau, die sich durch hohe Einsatzbereitschaft sowie Selbstständigkeit auszeichnen und gerne auf digitalen Kanälen kommunizieren. Motivation und Freude an der Sache übertrumpfen dabei Followerzahlen oder Social Media-Erfahrung: Mit Unterstützung der PR- oder Marketingabteilung können interessierte Teammitglieder ihr Potenzial entfalten.

Corporate Influencing – so werden aus Mitarbeiter*innen interne Markenbotschafter*innen

Ein perfekter Corporate Influencer ist noch selten vom Himmel gefallen. Die ausgewählten Mitarbeiter*innen benötigen besonders am Beginn ihrer Tätigkeit als Markenbotschafter*innen Anleitung und Support von der Führungsebene, HR- und Kommunikationsabteilung. Größere Unternehmen bieten etwa professionelle Corporate-Influencer-Programme, um Rahmenbedingungen zu setzen und kontinuierliche Unterstützung zu gewährleisten.

Folgende Punkte sollten Sie beachten, um Corporate Influencer optimal für Ihr Employer Branding einzusetzen:

  • Die richtige Social-Media-Kommunikation will gelernt sein. Influencer müssen sowohl gewisse rechtliche Vorgaben wie Datenschutz und Verschwiegenheitspflicht kennen wie auch allgemeine Verhaltensregeln in sozialen Netzwerken. Halten Sie regelmäßig Schulungen oder Workshops und stellen Sie einen Social-Media-Guide inklusive Verhaltenskodex bereit, der ebenfalls relevante Plattformen, Hashtags und Formate beinhaltet.
  • Corporate Influencer sind die Gesichter eines Unternehmens. Somit vertreten sie die Werte, Ziele, Kultur – kurz: das Leitbild – von Arbeitgeber und Marke. Diese sollen jedoch nicht hölzern wiederholt, sondern verinnerlicht und individuell ausgedrückt werden. Formulieren Sie eine klare Unternehmensbotschaft und vermitteln Sie transparent die Ziele sowie aktuellen Entwicklungen. Der regelmäßige Austausch auf Augenhöhe und vor allem eine gelebte Unternehmenskultur geben internen Markenbotschafter*innen Orientierung und Sicherheit.
  • Guter Content braucht Zeit. Da Corporate Influencer ihre Tätigkeit neben dem Hauptberuf verüben und nicht separat honoriert werden, ist es essenziell, gemeinsam den Zeitaufwand zu definieren und im Auge zu behalten.
  • Interne Netzwerke und Content-Sammlungen erleichtern die Arbeit. Je leichter Mitarbeiter*innen an Informationen oder Material wie Guidelines, Veranstaltungsfotos, Presseaussendungen etc. kommen, umso effizienter können sie Inhalte generieren.
  • Corporate Influencing darf nicht zu stark reglementiert werden. Auch wenn die Unternehmensbotschaft oder Kommunikationsregeln wichtig sind, sollten sich die Vorgaben und Regeln für Influencer in Grenzen halten. Schließlich wurden sie nicht ausgewählt, um Werbebotschaften wiederzukäuen, sondern ihre eigene Perspektive zu präsentieren, sich zu vernetzen und aktiv kreative Ideen beizutragen.

Corporate Influencing – Beispiele und Best Practices

Zu den bekanntesten Beispielen von Corporate Influencer Programmen zählen die Jobbotschafter*innen des Modekonzerns OTTO. Was als Initiative zum Recruiting von Tech-Fachkräften startete, ist binnen fünf Jahren zum Programm mit mehr als hundert Beteiligten und verschiedenen Schwerpunkten gewachsen. So kann man bei OTTO etwa als „Social-Media-Insider“ durchstarten, sich bei Jobmessen und Vernetzungsformaten als „Networker“ engagieren oder das Unternehmen als fachliche Experten sowie Co-Recruiter vertreten.

Bei Microsoft kommen spezifisch weibliche Mitarbeiter*innen in höheren Positionen als Corporate Influencer zum Einsatz, um die Dominanz von Männern in der IT- und Digitalbranche zu thematisieren und mehr Frauen für Stellen im Konzern zu gewinnen. Diese Influencer sind nicht nur digital, sondern auch als Redner*innen auf Konferenzen und Unternehmensveranstaltungen aktiv.

Um die nächste Generation von Bewerber*innen zu erreichen, setzen immer mehr Marken auf „Azubi-Influencer“ und geben Auszubildenden oder Praktikant*innen eine Stimme in eigenen Blogs oder Social Media Posts auf passenden Netzwerken wie Instagram und Tik Tok. Unter dem Hashtag #IKEAazubi teilen etwa Auszubildende des schwedischen Möbelunternehmens Einblicke aus ihrem Arbeitsalltag auf Instagram. Der Werkzeughersteller und -händler Hoffman Group widmet seinen Auszubildenden einen eigenen Blog auf der Unternehmenswebseite.

Wer kann ein Unternehmen besser vertreten als Führungskräfte und HR-Verantwortliche? CEO- und HR-Influencer sprechen hauptsächlich Zielgruppen an, die sich in derselben Branche bewegen, sich untereinander vernetzen möchten und an Expert*innenmeinungen interessiert sind. Erfolgreiche Beispiele sind die Botschafter*innen des Mobilfunkriesen Telekom, die von einem selbstverwalteten Kernteam betreut werden und eigene Blogs führen, Mentoring- und Trainingprogrammen veranstalten oder sich in Karrierenetzwerken engagieren.

Autor: Barbara Oberrauter-Zabransky
Bildnachweis: istockphoto / skynesher

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