Deine Rechte gegen Diskriminierung im Bewerbungsprozess

Das Gleichbehandlungsgesetz fordert Diskriminierungsfreiheit - u.a. in Sachen Alter, Geschlecht und Herkunft.


13.10.2021

Mindestens eine dieser potenziellen Diskriminierungsfaktoren wird fast jede Person in einer Lebensphase mal betreffen – sei es das Alter, die sexuelle Orientierung, Herkunft oder Religion. Was du gegen Altersdiskriminierung oder Ausgrenzung am Arbeitsmarkt aufgrund deines Geschlechts tun kannst.

Wann spricht man von einer Diskriminierung im Bewerbungsprozess?

„Die ältere Generation ist zu langsam bei der Arbeit.“
„Zugezogene aus anderen Ländern leben nicht die österreichische Arbeitsmoral.“
„Menschen mit europäischen Schönheitsidealen ziehen mehr Kunden an Land.“

Vorgefertigte Meinungen wie diese sind äußerst übereilt, aber leider dennoch präsent am österreichischen Arbeitsmarkt. Wie so oft basieren diese Arten der Ausgrenzung und Diskriminierung auf Vorurteilen, die sich in der Gesellschaft manifestiert haben. Der Wahrheitsgehalt dieser Pauschalaussagen wird dadurch nicht mehr individuell in Frage gestellt. Unterschieden wird in Sachen Ausgrenzung am Arbeitsplatz zwischen der unmittelbaren und der mittelbaren Diskriminierung. Bei der unmittelbaren Diskriminierung erfährt eine Person eine minderwertigere Behandlung als Andere – aufgrund des Geschlechts, des Alters, der sexuellen Orientierung oder der ethnischen Zugehörigkeit, Religion bzw. Weltanschauung. Demgegenüber liegt eine mittelbare Diskriminierung vor, sobald bestimmte Arbeitnehmer gegenüber anderen Personengruppen durch allgemeine Vorschriften und Regelungen ausgegrenzt werden, die zunächst unter einem objektiven Deckmantel verortet wurden.

 

Das österreichische Gleichbehandlungsgesetz in der Arbeitswelt

Laut des österreichischen Gleichbehandlungsgesetzes (GlBG) darf niemand bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses, unmittelbar noch mittelbar, im Bewerbungsprozess diskriminiert aufgrund der folgenden Faktoren diskriminiert werden:

  • Geschlecht
  • Ethnische Zugehörigkeit
  • Religion
  • Weltanschauung
  • Alter
  • Sexuelle Orientierung

Nicht nur die Stellenbesetzung muss laut GlBG demnach diskriminierungsfrei erfolgen. Auch das formulierte Stellengesuch und das Auswahlverfahren müssen diesen Standards genügen. Sollte deine Bewerbungsabsage auf der Verletzung einer dieser Gleichbehandlungsgebote basieren, liegt eine klare Diskriminierung im Bewerbungsprozess vor!

 

Dein Recht auf eine diskriminierungsfreie Personalauswahl

Wie das GlBG bereits angedeutet hat, zieht sich der Schutz vor Benachteiligungen und Stigmatisierungen durch den gesamten Rekrutierungsprozess, weshalb du deine Rechte vor, im und nach dem Bewerbungsgespräch kennen solltest:

 

Vor dem Interview:

Das Stellengesuch muss bereits diskriminierungsfrei formuliert sein und darf keinerlei Implikationen machen, dass eines der Gleichbehandlungsgebote gefährdet ist. Natürlich können bei manchen Jobs sachliche oder fachliche Anforderungen vorliegen, so dass etwa männliche Kandidaten für Jobs im Frauenhaus oder körperlich Beeinträchtigte für physisch fordernde Arbeiten bei Polizei und Feuerwehr ausgeschlossen sind. Studien belegen bereits, dass auch Frauen aufgrund möglicher Schwangerschaften und Karenzzeiten, Bewerber mit Migrationshintergrund aufgrund ihres Namens oder Berufserfahrene aufgrund ihres Geburtsdatums bereits bei der schriftlichen Bewerbung per E-Mail diskriminiert werden.

 

Im Interview:

Hast du es eine diskriminierungsfreie Runde weiter geschafft, kann es dennoch zu unfairen Ausgrenzungsfaktoren während des Interviews oder Assessment Centers kommen. Informiere dich daher vorab, welche Fragen im Bewerbungsgespräch verboten sind. Fragen nach der Familienplanung oder anderen Dingen deines Privatlebens greifen definitiv in deine Intimsphäre ein! Halte dir– aus Gründen der Empathie und nicht der Toleranz – aber gleichermaßen vor Augen, dass dein Gegenüber auch nur eine Person ist, die unhinterfragte Vorurteile in sich trägt wie jeder Mensch.

 

Nach dem Interview:

Eine Absage muss prinzipiell nicht begründet werden. Auch darfst du von Arbeitgeberseite keinerlei Auskünfte über deinen eingestellten Konkurrenten erwarten. Hast du den Verdacht, dass die Absage für deinen Traumjob einen diskriminierenden Hintergrund hat, kannst du nach einer Begründung fragen. Insofern der Arbeitgeber ehrliche sachliche Argumente vorweisen kann – bspw., dass ein anderer Kandidat aufgrund seiner Hard Skills oder Soft Skills besser geeignet war, stellt dies keinen Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgesetz dar.

 

Deine Ansprüche: Wie geht man mit Diskriminierungen im Bewerbungsprozess um?

Sollte der Vorwurf einer potenziellen Diskriminierung im Bewerbungsprozess weiterhin im Raum stehen, kannst du Schadensersatzansprüche geltend machen. Konkrete Rechtsfolgen können durch nachgewiesene Diskriminierung im Bewerbungsprozess für die Verantwortlichen entstehen. Den Ersatzanspruch musst du als betroffene Person innerhalb von zwei Monaten nach der diskriminierenden Absage stellen. Stellt sich heraus, dass du im Falle eines diskriminierungsfreien Auswahlverfahrens den Job bekommen hättest, stehen dir mindestens zwei Monatsentgelte zu bzw. 500€, insofern der Arbeitgeber deine Bewerbung prinzipiell ignoriert hat, aber nachweisen kann, dass du nicht die Erstbesetzung für die Stelle wären.

 

Was musst du aber nun für den Ersatzanspruch tun? Damit es nicht bei einer vermeintlichen Diskriminierung bleibt, brauchst du Anhaltspunkte und Nachweise – fasse dafür beispielsweise ein kleines Protokoll nach den Themen und Fragen im Vorstellungsgespräch an. Halte in jedem Fall den Namen des Unternehmens, die Kontaktperson, Datum und Uhrzeit sowie die Eckpfeiler des Gesprächs schriftlich fest. Die Beweislast liegt bei dir! Dieses Machtspiel dreht sich jedoch um, sobald du Indizien der potenziellen Diskriminierung belegen kannst – etwa indem der Arbeitgeber offiziell mitteilt, dass er junge, dynamische Mitarbeiter bevorzugt. In dem Fall liegt die Beweislast nun beim Arbeitgeber: er muss nun begründen, dich nicht diskriminiert zu haben!

 

Häufige Diskriminierungsfaktoren: Alter, Geschlecht, Herkunft & Co

1. Alter

Die Altersdiskriminierung betrifft nicht nur „Best Ager“, sondern jedes Alter. Junge Menschen scheitern oft an einer Bewerbung als Berufsanfänger wegen fehlender Erfahrung, während ältere Arbeitnehmer „den Jungen im Weg stehen“. Grundsätzlich sollte der Bewerbung im Alter nichts im Weg stehen. Aber auch im mittleren Alter können Arbeitnehmer von Diskriminierung betroffen sein, etwa wenn das jährliche Weiterbildungsseminar nicht mehr besucht werden darf, weil man sich im Gegensatz zu jüngeren Kollegen schon genug Wissen angeeignet haben müsste. Bei Eltern kommt die Überlegung hinzu, ob es nicht zu Ausfällen aufgrund von Schwangerschaften oder geteilter Elternkarenz Elternkarenz kommen kann.

In Österreich gilt: Schon bei der Stellenbeschreibung sind altersbezogene Angaben unzulässig, allerdings können sehr wohl fachliche Kriterien angegeben werden. Auch bei einem bestehenden Arbeitsverhältnis sind Benachteiligungen wegen des Alters nicht zulässig, dies kann z.B. Fortbildungen, Beförderungen und Arbeitsbedingungen betreffen. Eine Kündigung aufgrund des Alters kann ebenso angefochten werden.

 

2. Geschlecht

Seit der regen Diskussion um Gender Pay Gaps und ungleiche Karrieremöglichkeiten für Frauen und Männer zeigen manche Arbeitgeber vermehrt Initiative, dies auszugleichen. Dennoch bleibt der Kampf um gleiches Ansehen, Geld und Aufstiegsmöglichkeiten für Frauen bestehen – u.a. aufgrund der häufigen Teilzeitarbeit oder möglichen Babypausen. In Großbritannien werden große Unternehmen bereits vermehrt gezwungen die Gehaltunterschiede zwischen Männern und Frauen offenzulegen. Eine andere Geschlechterfrage dreht sich um das binäre Denken in den Kategorien männlich und weiblich. Gesucht wird „ein/e Elektriker/in (m/w)“. Was aber, wenn du dich weder als Frau noch als Mann definierst? Manche Unternehmen erweitern mittlerweile die Stellenausschreibung um das dritte Geschlecht: (m/w/d).

 

3. Herkunft, ethnische Zugehörigkeit & Religion

Für viele Menschen ist die Diskriminierung durch ihre Hautfarbe, generelle Herkunft oder ethnische Zugehörigkeit leider noch immer ein Ding der Alltäglichkeit – so auch im Bewerbungsprozess. Bereits vage Hinweise auf ausländische Wurzeln oder Religionen im Curriculum Vitae durch „fremd“ klingende Namen oder die (freiwillige!) Religionsangabe können bereits negative Stereotype hervorrufen – wie Studien bedauerlicherweise belegen.

 

4. Aussehen

In einer britisch-australischen Studie mit sechs fettleibigen Frauen wurde festgestellt, dass Probanden übergewichtigen Frauen weniger Führungspotential zutrauten, ein geringeres Gehalt als angemessen sahen und die Karrierechancen als geringer einstuften, im Vergleich mit normalgewichtigen Frauen. Laut Studie werden besonders dann fettleibige Menschen schlechter eingestuft, wenn die Chefs selbst sehr figurbewusst sind.

 

5. Sexuelle Orientierung

Homosexualität sollte heutzutage schon längst kein Ausgrenzungskriterium mehr sein – die Realität sieht teilweise jedoch anders aus. Kein Heterosexueller würde auf die Idee kommen seine sexuelle Orientierung im Arbeitskontext transparent zu machen. Auch wenn die sexuelle Orientierung absolute Privatsache ist, kann das Outing im Bewerbungsprozess bzw. am Arbeitsplatz für Homosexuelle sinnvoll sein. Wer möchte schon in einem Unternehmen anfangen, in dem die eigene sexuelle Orientierung zu Mobbing im Job führen könnte?

 

6. Körperliche Beeinträchtigung

Durch das Behinderteneinstellungsgesetz werden Diskriminierungen in der Arbeitswelt aufgrund von „Behinderungen“ verboten. Dieser Schutz gilt nicht nur im Bewerbungsprozess und innerhalb eines bestehenden Arbeitsverhältnisses, sondern auch hinsichtlich möglicher Berufsausbildungen, Interessenvertretungen oder selbständiger Erwerbstätigkeit.

Nicht nur bei dem Bewerbungsprozess, sondern auch bei der Festsetzung des Entgelts, Gehaltsverhandlungen, Sozialleistungen oder Weiterbildungen und Beförderungen sind Ausgrenzungen nach diesen Diskriminierungsfaktoren verboten!

 

Anonyme Bewerbungsverfahren: Gesichtslose Bewerbung als Mittel gegen Diskriminierung?

Was in den USA, Skandinavien und Großbritannien bereits Standard ist, probieren hierzulande weiterhin nur wenige Unternehmen aus. Dennoch haben manche wenige Firmen in Deutschland mittlerweile den Schritt gewagt und sind zu anonymen Bewerbungsverfahren übergegangen. Das heißt: Bewerben ohne Daten wie Geschlecht, Alter, Herkunft und Bewerbungsfoto oder gar Namen. Diese „Bewerbungsgespräche im Dunkeln“ haben jedoch noch immer den Charakter eines Experiments, obwohl nur so gegen subjektive Empfindungen und verankerte Vorurteile von Personalern auf Bewerbungsschreiben und Lebensläufe entgegengewirkt werden kann. In Österreich halten die meisten Unternehmen weiterhin am konventionellen tabellarischen Lebenslauf mit allen relevanten Inhalten und Informationen plus „freiwillige“ Angaben – wie das Bewerbungsfoto – fest.

 

Expertenmeinung: Dr. Franz Brandstetter – GlBG als realistische Hilfe?

„Wenngleich bei Verstößen gegen das GlBG auch Schadenersatzforderungen gegen den Arbeitgeber oder durch Stellenbewerber geltend gemacht werden können, so passiert das doch äußerst selten. Im vergangenen Jahr wurde etwa ein Unternehmer zur Zahlung von Schadenersatz von 2 Monatsgehältern verurteilt, weil das Unternehmen einem Bewerber mit der Begründung abgesagt hatte, dass er „für die Stelle zu alt“ sei. Solche Verfahren oder Urteile sind aber aus mehreren Gründen rar. Zum einen ist Diskriminierung schwer beweisbar, zum anderen sind Gerichtsverfahren aufwändig und kosten Zeit, Geld und Nerven. Daher ist mir die Idee des erwähnten deutschen Projektes, zu Bewerbungen ohne Angabe von Alter, Geschlecht, Nationalität und Familienstand einzuladen, sehr sympathisch.“

Kontaktdaten Dr. Franz Brandstetter:
office@franzbrandstetter.at
www.franzbrandstetter.at

 

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