Zukunft der Arbeit

Wie wird die Zukunft der Arbeit aussehen? Jedes Jahr werden neue Trends und Prognosen veröffentlicht, doch ein paar Kernbereiche haben den Arbeitsmarkt bereits transformiert und werden in Zukunft noch relevanter sein. Allen voran steht die Machtverschiebung zugunsten der Arbeitnehmer*innen, deren Forderungen nach Flexibilität in der Arbeit, Diversität in der Unternehmenskultur und Angeboten zur Weiterbildung nun ernst genommen werden müssen. Neue Erkenntnisse aus der jüngsten Stepstone Studie geben Aufschluss, worauf Unternehmen zukünftig achten müssen, um weiterhin Fachkräfte zu gewinnen und als Arbeitgeber attraktiv zu bleiben.

Arbeitsmarkt in Österreich: jetzt und in Zukunft

Der österreichische Arbeitsmarkt befindet sich auch im Jahr 2023 an der Kippe zwischen Jobboom und Great Resignation, so stellt Arbeitsmarktexperte Nikolai Dürhammer (Stepstone Managing Director AT&CH) fest:

 “2022 wurden so viele Stellen ausgeschrieben, wie nie zuvor. Der Peak zur Jahresmitte ist auf einen Rückstau durch Corona zurückzuführen. Dieser hat sich nun aufgelöst. Mittlerweile pendeln sich die Ausschreibungen auf rund 130.000 offene Stellen pro Quartal ein. Ein schwächerer, wirtschaftlicher Ausblick steht dem demografisch induzierten Arbeitskräftemangel entgegen.”

Die konstant hohe Anzahl von Stellenausschreibungen regt hiesige Arbeitnehmer*innen dazu an, sich nach anderen Jobmöglichkeiten umzusehen, laut dem aktuellen Stepstone Jobreport stehen 43 Prozent einem Jobwechsel offen gegenüber. Währenddessen verstärkt der Fachkräftemangel weiterhin die prekäre Lage der Arbeitgeber, die Zahl fehlender Arbeiter*innen ist heuer auf 206.500 angestiegen. Besonders betroffene Branchen sind die IT, Finanz, Technik, Vertrieb sowie Gastronomie und Hotellerie.

Unmittelbare Treiber dieser Entwicklungen sind die Auswirkungen der Pandemie wie auch die verstärkte Digitalisierung der Arbeit, der wichtigste Faktor für Unternehmen und Angestellte ist jedoch der demografische Wandel. 2023 dürfte die Zahl der erwerbsfähigen Menschen in Österreich am Maximum sein, bis 2040 wird fast ein Drittel der Bevölkerung über 65 Jahre alt sein, das sind rund 50 Prozent mehr als heute (Quelle: WKO 2023). Eine große Pensionierungswelle steht bevor, was die “Arbeiterlosigkeit” zur größten Herausforderung der nächsten Jahre machen wird.

Wie wird der Arbeitsmarkt der Zukunft aussehen?

Stepstone Deutschland hat jüngst mit dem Handelsblatt Research Institute die Studie „Future. Work. Today. Der Guide durch die Arbeitswelt 2030“ veröffentlicht, in der ca. 11.000 Führungskräfte, Erwerbstätige und Personaler*innen nach der Zukunft der Arbeit befragt wurden. Eines ist Recruiter*innen und Unternehmer*innen jetzt bereits klar: die Zeiten, in denen sie aus einem großen Pool an hoch qualifizierten und dankbaren Bewerber*innen aussuchen konnten, sind vorbei.

Das Machtgefälle am Arbeitsmarkt wendet sich zugunsten der Arbeitnehmer*innen, die zunehmend abgeworben werden, statt Jobs zu suchen, und bessere Karten in Verhandlungsgesprächen haben. Allerdings sind sich die Arbeitenden ihrer dominanten Position laut der Stepstone Studie noch nicht bewusst. Dies soll sich bis 2030 ändern, die gesamte Arbeitswelt wird sich zukünftig stärker an den Bedürfnissen und Wünschen der Mitarbeiter*innen orientieren. Denn nur so ist es möglich, Fachkräfte zu halten bzw. anzuwerben und gegen die Konkurrenz zu bestehen.

Zu den wichtigsten Veränderungen am zukünftigen Arbeitsmarkt gehören für die Befragten der Studie längere Arbeitsbeschäftigungen für ältere Arbeitnehmer*innen und höhere Gehälter, eine Förderung der Zuwanderung, eine höhere Gleichstellung der Geschlechter im Beruf, ein Zuwachs an Remote– und Freelance-Arbeit sowie eine größere Integration von Künstlicher Intelligenz und Software in der Arbeit.

Flexiblität, Diversität, Weiterbildung: Was Arbeitenden und Jobsuchenden zukünftig wichtig ist

Viele Unternehmen haben in den letzten Jahren realisiert, dass eine mitarbeiterorientierte Unternehmenskultur, eine attraktive Arbeitgebermarke im Kampf um die Talente überlebenswichtig sind. Der Fokus auf eine erfolgreiche Employee Experience und Mitarbeiterzufriedenheit beschränkt sich dabei nicht auf flüchtige Trends wie den “Bare Minimum Monday” oder ein attraktives Benefitpaket. Mitarbeiter*innen werden sich immer stärker darüber bewusst, dass ihre Wünsche und Forderungen vom Arbeitgeber ernst genommen werden müssen, und das erfordert von so manchem Unternehmen eine grundlegende Transformation von Organisationsstrukturen und Wertesystemen.

Flexibilität auf allen Ebenen

Work-Life-Balance und Flexibilität sind seit den Umstrukturierungen der Pandemie weit mehr als Buzzwords, die jüngste Generation von Arbeitssuchenden (Gen Z) setzen mittlerweile großteils voraus, dass Arbeitgeber zeit- und ortsunabhängiges Arbeiten anbieten. In Zukunft erwartet die Mehrheit der Arbeitenden (75 Prozent), wie die Stepstone Studie bestätigt, dass Unternehmen vollständig mobiles Arbeiten ermöglichen.

Arbeitnehmer*innen wünschen sich jedoch nicht nur flexible Angebote wie Remote Work, hybrides Arbeiten oder alternative Zeitmodelle, Flexibilität wird zum übergreifenden Mindset in der Arbeitswelt und erfasst vielfältige Dimensionen – von der Anstellungsart (Teilzeit, Freelance etc.) zur Möglichkeit persönlicher Weiterentwicklung (Weiterbildung, Bildungskarenz etc.) und alternativen Karrierewegen (Quereinstieg, Umschulung etc.).

Diversität – von nice-to-have zum must-have

Diversity ist zwar schon seit einigen Jahren in aller Munde, allerdings müssen Unternehmen mit Angeboten und Maßnahmen aktiver werden, wenn es nach 68 Prozent der Stepstone Studienteilnehmer*innen geht. Um wahre Chancengleichheit und Vielfalt im Betrieb zu erreichen, braucht es mehr als Employer Branding Kampagnen oder einzelne Workshops – Mitarbeiter*innen wünschen sich umfassendes und nachhaltiges Diversity Management. Schon bei der Jobsuche ist eine inklusive Ausrichtung für zwei Drittel der Bewerber*innen zukünftig ausschlaggebend für die Arbeitgeberattraktivität.

Weiterbildung und Qualifikationen

Jobsicherheit ist für 88 Prozent der Arbeitenden weiterhin ein relevanter Faktor bei beruflichen Entscheidungen, allerdings verändert sich die Definition von Sicherheit. Wo früher ein fixe, unbefristete Anstellung und klare Aufstiegschancen im Vordergrund waren, wird nun mehr Wert auf die eigene Weiterentwicklung, Weiterbildungs- und Umschulungsmöglichkeiten sowie flexible Karrieremodelle gelegt. In Zeiten der digitalen Transformation und VUCA-Arbeitsumgebungen (Volatility, Uncertainty, Complexity, Ambiguity) sind Jobprofile oder ganze Berufsstände keine festen Größen mehr und die Skills der Arbeitenden müssen mit wechselnden Anforderungen wachsen.

Mensch vs. Maschine? Arbeit im digitalen Zeitalter      

Wie schnell sich der Mensch an neue Technologien und Arbeitsweisen gewöhnen kann, haben die letzten drei Jahre seit der Pandemie bewiesen. Ohne ein gewisses Level an digitaler Kompetenz wird es zukünftig für Arbeitnehmer*innen schwierig sein, an kollaborativen Prozessen und Kommunikationswegen teilzuhaben, zudem ermöglichen digitale Tools effizientere Arbeitsabläufe.

KI und Robotik wurden bislang aufgrund der Angst vor Jobverlust skeptisch beurteilt, hilfreiche Tools wie ChatGPT oder virtuelle Assistenten dürften die öffentliche Meinung verändert haben: Mehr als drei Viertel der Stepstone-Befragten erwarten heute positive Entwicklungen von KI und Robotern und erhoffen sich langfristig dadurch bessere Arbeitsplätze.

Allerdings ziehen die Arbeitnehmer*innen weiterhin eine Grenze zwischen Mensch und Maschine, wenn es um Bereiche geht, in denen zwischenmenschlicher Kontakt und persönlicher Austausch Priorität sind – etwa in der Pflege, Erziehung und fachlichen Beratung.

Recruiting & Jobsuche der Zukunft

Auch im Recruiting spielt die Wechselwirkung von Mensch und Technologie eine immer stärkere Rolle. So sind rund 70 Prozent der Studienteilnehmer*innen der Meinung, dass Bewerbungsprozesse künftig ähnlich zu One-Click-Bewerbungen standardisiert sein werden. Neben mobilen Bewerbungsmöglichkeiten werden Matching-Algorithmen stetig optimiert, sodass Jobkandidat*in und Arbeitgeber wie in einer Dating-App automatisch verkuppelt werden. Sowohl für Recruiter*innen als auch Bewerber*innen gestalten sich die ersten Schritte dadurch effizienter und der bürokratische Aufwand verringert sich.

Der Faktor Mensch bleibt weiterhin Fokus

Die zwischenmenschliche Komponente geht allerdings nicht verloren, der persönliche Austausch gerät sogar mehr in den Fokus, da Personaler*innen bzw. Jobsuchende Zeit für strategische Überlegungen und vertiefende Gespräche gewinnen.

Mit technischen Innovationen wandeln sich die Berufsbilder und damit ihre Anforderungsprofile schneller. Manche Skills müssen sehr rasch erlernt werden, andere werden von der KI übernommen. Statt Bewerber*innen mit einer bestimmten beruflichen oder akademischen Ausbildung, perfekten Hard Skills und spezifischer Berufserfahrung zu suchen, müssen HR-Manager*innen nach sozialen, agilen und personalen Kompetenzen Ausschau halten.

Dazu gehören die Fähigkeit zur kritischen Argumentation, unternehmerisches Denken, Kreativität und das Erfassen komplexer Informationen. Vonseiten des Recruitings müssen innovative Methoden gefunden werden, um Aspekte wie das Potenzial, die Motivation und den Cultural Fit der Kandidat*innen zu beurteilen. 

So bereiten sich Unternehmen schon jetzt für die Zukunft der Arbeit vor

Selbst wenn Prognosen nicht zu hundert Prozent wahr werden, lohnt es sich für Führungskräfte und Personaler*innen, jetzt schon die richtigen Schritte in Richtung Zukunft zu setzen. Folgende Kernthemen sollten Teil der strategischen Ausrichtung sein:

  • Mitarbeiterorientierte Unternehmenskultur, gelebte Werte und authentische Employer Brand
  • Faire und wettbewerbsfähige Entlohnungspakete sowie individuelle Benefits: Flexibilität bei Ort, Arbeitszeit, Anstellungsart, Karriereweg; Angebote zur Unterstützung von Gesundheit, Mental Health, Kinderbetreuung und Pflege;
  • Diversity Management als fix integrierter Teil des Unternehmens, ebenso eine Nachhaltigkeitsstrategie. Inklusivität und Offenheit für internationale Bewerber*innen kommunizieren.
  • Firmeninterne, flexible Angebote zur Weiterbildung und Umschulung, für lebenslanges Lernen und Unterstützung für Selbstlerner*innen.
  • Moderne, effiziente und wertschätzende Einstellungsprozesse und Fokus auf zwischenmenschliche Kompetenzen.
  • Software, KI und Robotik dort einsetzen, wo sie der Effizienz, Kommunikation und Verbesserung von agilen Prozessen dient.

 

 

Autorin: Barbara Oberrauter-Zabransky
Bildnachweis: istock/xavierarnau

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