
Warum Kandidat*innen ein attraktives Jobangebot ablehnen – die 8 größten Dealbreaker
Der*die Top-Kandidat*in ist gefunden – sehr überzeugendes Bewerbungsgespräch, die ersten Schritte fürs Onboarding werden intern vorbereitet, der Arbeitsvertrag wird vorgelegt – und plötzlich sagt er*sie ab. Was ist passiert? Genau dem geht die Studie nach, die die 8 größten Dealbreaker für Bewerber*innen in Österreich untersucht hat. Wir stellen die wichtigsten Gründe hier vor und gehen zudem darauf ein, was Sie tun können, um die Arbeitgeberattraktivität nachhaltig zu verbessern, damit diese Absagen nicht mehr vorkommen.
1. Negativer Eindruck während des Vorstellungsgesprächs
Mehr als zwei Drittel aller Befragten (rund 70 %) gaben an, dass sie während des Vorstellungsgesprächs einen negativen Eindruck vom Arbeitgeber bekommen haben, etwa durch diskriminierende Fragen oder eine schlechte Chemie mit dem*der Interviewer*in. Bei der jüngsten Altersgruppe der Befragten (unter 20 Jahre alt) geben sogar vier Fünftel aller Bewerber*innen das als wichtigsten Grund an.
Daran zeigt sich, dass ein Bewerbungsgespräch zu führen gelernt sein will: Es zahlt sich aus, auf Checklisten zur Vorbereitung zurückzugreifen, um über Inhaltliches hinaus auch das Setting zu berücksichtigen, anhand eines klaren Interviewleitfadens vorzugehen und über die nach dem Gleichbehandlungsgesetz untersagten Fragen Bescheid zu wissen. Auch sollte überlegt werden, neben eine*r Recruiter*in auch eine Führungskraft oder sogar eine*e Mitarbeiter*in aus dem Team zum Bewerbungsgespräch hinzuzuziehen – so lässt sich über das Gespräch hinaus auch schon abklären, ob die Chemie mit den Personen stimmt, mit denen der*die Bewerber*in später eng zusammenarbeitet.
2. Schlechte Erfahrungen während des Recruiting-Prozesses
Die Hälfte der Befragten nennt als zweitwichtigsten Grund, dass sie schlechte Erfahrungen während des Recruitings-Prozesses gemacht haben, dass etwa der Recruiting-Prozess zu langsam ablief, sie keine Antwort erhielten oder moderne digitale Tools nur eingeschränkt genutzt wurden. Nicht nur bei der jüngsten Altersgruppe (unter 20) nannten noch mehr das als Dealbreaker (60 %), sondern auch bei der ältesten Altersgruppe (über 60, hier rund 56 %).
Schnelle, einfache und unkomplizierte Bewerbungsprozesse sind mittlerweile ein Muss, nach Möglichkeit sollten Unternehmen sogar One-Click-Bewerbungen anbieten. Auf diese und weitere aktuelle Herausforderungen im Recruiting geht auch unser Artikel ein, der außerdem aufzeigt, welche konkreten Maßnahmen für einen guten und unkomplizierten Recruiting-Prozess noch gesetzt werden können. Darüber hinaus sollten Sie auch bedenken, dass im Sinne der Candidate Experience auch eine Absage auf eine Bewerbung schnell und klar erfolgen sollte – das trägt auch positiv zu Ihrem Employer Branding bei.
3. Negative Auswirkungen der Firma auf die Gesellschaft
Rund 41 Prozent der Befragten nannten über alle Altersklassen hinweg als drittwichtigsten Dealbreaker, dass die Services, Aktivitäten oder Produkte des Unternehmens negative Auswirkungen auf die Gesellschaft haben (z.B. Tabak, Waffen). Mehr als 20 Prozent höher als im Durchschnitt war die Zustimmung zu diesem Argument bei den Unter-20-Jährigen, hier gaben 62 Prozent an, dass das für sie ein Dealbreaker sei.
4. Kein Remote Work möglich
An vierter Stelle steht für die Befragten, dass die Firma keine Möglichkeiten zur remoten Arbeit oder für Home Office biete – 39 Prozent nannten das als Dealbreaker. Am wichtigsten ist das für die 30- bis 40-Jährigen und die 40- bis 50-Jährigen (jeweils über 40 %), am unwichtigsten dagegen für die Unter-20-Jährigen (nur 18 %). Gerade für Personen mittleren Alters ist Home Office und Remote Work wahrscheinlich aufgrund familiärer Verpflichtungen besonders wichtig. Die Möglichkeiten, Arbeitszeiten flexibel zu gestalten, reichen von der 4-Tage-Woche über ein Zeitwertkonto bis hin zu Job-Sharing – Arbeitgeber sind angehalten, neue Modelle zu testen und Angebote zu machen, die auf ihre Belegschaft und Top-Kandidat*innen zugeschnitten sind.
5. Keine Unterstützung in puncto mentaler Gesundheit
Während Arbeitgeber offenbar auf allgemeine Gesundheitsangebote mittlerweile ebenso viel Wert legen wie Bewerber*innen, wird auf die mentale Gesundheit noch nicht ausreichend Augenmerk gelegt. So bemängeln 31 Prozent der Befragten, dass Arbeitgeber nichts in Bezug auf mentale Gesundheit oder Unterstützung diesbezüglich anbieten. Am wichtigsten wären diese Angebote für die beiden jüngsten Altsergruppen der Bewerber*innen – bei den Unter-20-Jährigen nannten das 50 Prozent als Dealbreaker, bei den 20- bis 30-Jährigen immerhin auch noch 39 Prozent. Spezifische Angebote für Jobrückkehrer*innen nach einem Sabbatical oder der Karenz, vorübergehende Teilzeit in und nach Belastungsphasen, Coaching und psychologische Beratungen sind Beispiele dafür, was Arbeitgeber in diesem Bereich bieten können.
6. Keine familienfreundlichen Angebote
23% der Befragten gaben an, dass es keine attraktiven familienfreundlichen Angebote gab, etwa hinsichtlich der Elternzeit bzw. Babypause oder Unterstützung bei der Kinderbetreuung. Diese Maßnahmen sind vor allem im Female Recruiting immer noch besonders wichtig, auch wenn immer mehr Männer sich in die Kinderbetreuung einbringen. Was können Arbeitgeber konkret tun? Die wichtigsten Aspekte zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie erläutern wir in unserem Artikel zum Thema. Wir gehen in diesem basierend auf den Ergebnissen der Studie „Working Parents and beyond“ auch darauf ein, wie Arbeitgeber etwa insbesondere für Mitarbeiter*innen, die aus der Karenz zurückkehren, Wertschätzung zeigen können. Drei familienfreundliche Arbeitgeber aus Österreich berichteten uns außerdem aus ihrer Praxis, was die wichtigsten und aktuell gefragtesten Maßnahmen sind.
7. Keine diverse und inklusive Arbeitsumgebung
Beinahe ein Fünftel der Befragten (19 % insgesamt) nannten das Fehlen einer diversen und inklusiven Arbeitsumgebung als Dealbreaker. Signifikant höher waren die Prozentsätze auch hier bei den beiden jüngsten Altersgruppen, so nannten das bei den Unter-20-Jährigen 28 Prozent der Befragten, bei den 20- bis 30-Jährigen 24 Prozent. Eine diverse und inklusive Arbeitsumgebung durch gezieltes Diversity Management zu schaffen, macht nicht nur im Wettbewerb mit anderen Arbeitgebern attraktiv, sondern zugleich auch erfolgreich, da vielfältige Teams aus unterschiedlichen Perspektiven bessere Lösungen entwickeln und die Performance langfristig steigern.
8. Fehlende Nachhaltigkeit
An letzter Stelle wurde mit 16 Prozent fehlende Nachhaltigkeit genannt. Über dem Schnitt lagen hier interessanterweise nicht die jüngsten, sondern die beiden ältesten Altersgruppen: bei den 50- bis 60 Jährigen nannten das 19 Prozent als Dealbreaker, bei den Über-60-Jährigen sogar 21 Prozent. Arbeitgeber, die gezielt auf Green Recruiting setzen wollen, und HR-Abteilungen, die einen grünen Unternehmenswandel gestalten wollen, finden in unserem Artikel zum Thema eine Vielzahl an Tipps, welche Maßnahmen am glaubwürdigsten und zielführendsten sind und worauf Arbeitnehmer*innen besonders Wert legen.
Autorin: Sabine Schönfellner
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