4-Tage-Woche: Arbeit der Zukunft?

Verschiedene Studien gaben in den letzten Jahren der Idee, die Arbeitswoche um einen Tag zu verkürzen, viel Aufwind. Pilotversuche einzelner Unternehmen in verschiedenen Ländern kommen meist übereinstimmend zum Schluss: Motivation und Produktivität steigen, krankheitsbedingte Fehltage werden weniger.

Doch ist das Experiment 4-Tage-Woche auch in Österreich eine Möglichkeit, im Kampf um die besten Fachkräfte zu punkten? Stepstone befragt drei Expert*innen, die den Sprung gewagt haben. Was ist ihr Konzept? Was hat sie überrascht? Wo liegen Vor- und Nachteile? Stefan Mitmansgruber vom Online-Marketing-Spezialisten eMagnetix, Selina Huter von 25hours hotels und Daniel Marwan vom Recruiting-Unternehmen epunkt teilen ihre Erfahrungen.

Sie haben in Ihrem Unternehmen die 4-Tage-Woche. Was bedeutet das konkret für die Arbeitszeit? Haben Sie ein spezifisches Konzept?

Stefan Mitmansgruber: Wir haben die flexible 4-Tage-Woche. Flexibel heißt, dass jeder von Woche zu Woche entscheiden kann, ob 30 Stunden auf vier oder fünf Tage verteilt gearbeitet werden. Der freie Tag in einer 4-Tage-Woche ist bei uns entweder der Montag oder der Freitag – wobei der freie Freitag am beliebtesten ist.

Selina Huter: Unser Konzept ist: vier Tage pro Woche Arbeit, drei Tage frei. Wir arbeiten 36 Stunden, somit neun Stunden pro Tag plus eine halbe Stunde Pause.

Daniel Marwan: Wir haben ein eigenes Modell entwickelt. Gearbeitet wird von Montag bis Donnerstag, die Wochenstundenanzahl ist auf 34 reduziert und das Gehalt bleibt gleich. Der Benefit Vertrauensarbeitszeit bleibt. Wir sind in einem „Fair Use“-Modell. Das bedeutet: Der Freitag ist ein Kann-Arbeitstag. Am Donnerstag überprüft man für sich selbst, ob man seine Ziele erreicht hat.  Bestimmte Ausbildungen und Workshops finden trotzdem an Freitagen statt, und enthält eine Arbeitswoche einen Feiertag, ist der Freitag ein Arbeitstag.

„Wir erhofften uns einen zusätzlichen Wettbewerbsvorteil im ‚War for Talents‘“.

Stefan Mitmansgruber, eMagnetix

Wieso haben Sie die 4-Tage-Woche überhaupt eingeführt? Haben sich die erwarteten Vorteile bestätigt?

Stefan Mitmansgruber: Natürlich haben wir uns einen zusätzlichen Wettbewerbsvorteil im „War for Talents“ erhofft. Zum anderen wollten wir dem Wunsch der Mitarbeitenden nach mehr Flexibilität gerecht werden. Die erwarteten Vorteile haben sich definitiv bestätigt und wir konnten bis dato keine negativen Effekte feststellen, sehr wohl aber positive.

Selina Huter: Erstens: Der Fachkräftemangel hat sich nach der Coronakrise noch einmal verstärkt. Mit den neuen Arbeitszeiten haben wir es aber tatsächlich geschafft, mehr qualifizierte Bewerbungen zu generieren. Zweitens liegt Arbeitszeitverkürzung einfach „im Trend“, sie ist schon länger ein Thema und wir wollten nun auch diesen Schritt in die Zukunft machen. Drittens geht es um die Mitarbeiterbindung. Wir bieten einen neuen Benefit für die bestehenden Mitarbeiter*innen – und damit noch einen Grund, der Marke 25hours hotel treu zu bleiben.

Daniel Marwan: Wir wollten ein Arbeitsumfeld schaffen, das nicht kopierbar ist und unsere Mitarbeiter*innen motiviert, im Unternehmen zu bleiben. Unsere These war: wenn es uns gelingt, die 4-Tage-Woche zu implementieren, haben wir einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil als Arbeitgeber. Das hat sich bestätigt: Mit der Einführung der 4-Tage-Woche ist unsere Fluktuation um 63 Prozent gesunken. Außerdem: Im ersten Quartal 2021 hatten wir im Schnitt 14 Bewerbungen pro Job. Mit Anfang der 4-Tage-Woche ist dieser Wert auf 40 Bewerbungen je Job gestiegen. Heute haben wir immer noch ca. doppelt so viele Bewerbungen wie vor der 4-Tage-Woche. Was sich bisher aber nicht erfüllt hat, ist unsere „Produktivitätswette“: dass wir unsere wöchentlichen Ziele auch in vier Tagen erreichen.

Gab es bei der Umsetzung auch Schwierigkeiten?

Stefan Mitmansgruber: In einer Online-Marketing-Agentur ist die Erreichbarkeit für den Kunden wichtig und muss gewährleistet sein. Zum anderen muss auch der Austausch zwischen den Kolleg*innen und den einzelnen Teams funktionieren. In diesen beiden Punkten hatten wir die größten Bedenken. Aber schon der Testlauf zeigte, dass diese Ängste unbegründet waren. Es gibt allerdings seit Beginn entsprechende Regelungen, die eine gewisse Anwesenheitsquote in jedem Bereich sicherstellen.

Selina Huter: Auf jeden Fall ist effizientere Planung notwendig. Es geht nicht um Projektarbeit wie in einem Büro, sondern wir arbeiten direkt mit Gästen und da müssen die Schichten auch gedeckt sein. Der Nachteil ist für Mitarbeiter*innen mit einer körperlich anstrengenden Tätigkeit, dass die Schicht täglich noch eine Stunde länger dauert.Wir sind nun aber generell am Evaluieren und gespannt, was für eine Veränderung wir nach einem Jahr beobachten können.

Daniel Marwan: Natürlich gab es Sorgen: Was machen wir mit Teilzeit-Mitarbeiter*innen? Was werden die Kund*innen sagen? Wie kommen wir da wieder raus, falls es nicht funktioniert? Was messen wir eigentlich? Aufgrund der guten Auftragslage hatten wir 87 neue Mitarbeiter*innen eingestellt, die Monate lang intensiv eingeschult werden mussten. Gleichzeitig gab es eine interne Systemumstellung. Man muss im Vorfeld genau überlegen, was und wie man evaluiert und wie man die Ergebnisse gegen äußere Faktoren absichert.

Ist Ihre Branche besonders für die 4-Tage-Woche geeignet? Warum machen Ihre Mitbewerber noch nicht „4 Tage“?

Stefan Mitmansgruber: Unser Beispiel ist nicht auf viele Unternehmen oder Mitbewerber übertragbar, weil wir seit 2018 nur 30 Stunden pro Woche arbeiten. Das heißt, auch ein Arbeitstag in einer 4-Tage-Woche ist verhältnismäßig kurz. Wir haben die 30-Stunden-Woche eingeführt, weil kürzere Arbeitstage für erholte Mitarbeiter*innen sorgen, die sich auch privat bestens entfalten können. Diese halten in weitere Folge die Effizienz hoch. Zufriedene Mitarbeiter*innen sorgen somit für zufriedene Kunden, und das führt zu einem erfolgreichen Unternehmen.

Daniel Marwan: Eine sechste Urlaubswoche oder eine Workation sind schnell ausverhandelt. Aber ein gesamtes Unternehmen auf die 4-Tage-Woche umzustellen, ist nicht einfach. Mein Gedanke war: Für ein Recruiting-Unternehmen passt es gut. Ob das stimmt, kann ich noch gar nicht sagen.

„Schon beim Pilotversuch explodierte die Anzahl der Bewerbungen.“

Daniel Marwan, epunkt

Konnten Sie einen Impact aufs Recruiting nachweisen? Bekommen Sie nun mehr Bewerbungen?

Stefan Mitmansgruber: Die 4-Tage-Woche ist nur ein weiterer Baustein in unserem ganzheitlichen New-Work-Ansatz, den wir „#30sindgenug“ nennen. Kernstück ist die Reduktion der Arbeitszeit bei vollem Lohnausgleich, also einer 30-Stunden-Woche zu Vollzeit-Gehalt. Diese Arbeitszeitverkürzung ergänzen wir um ein großzügiges Homeoffice-Angebot, ein flexibles Gleitzeitmodell und eben auch eine flexible 4-Tage-Woche. Das Gesamtpaket sorgt für deutlich mehr Bewerbungen. Auf manche Stellenausschreibungen bekamen wir früher keine einzige Bewerbung, heute bis zu hundert. Unser Arbeitsmodell wurde mittlerweile mehrfach wissenschaftlich evaluiert. Dass wir als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen werden, zeigt aber auch die Fluktuation. Sie tendiert seit der Einführung gegen null.

Daniel Marwan: Schon beim Pilotversuch explodierte die Anzahl der Bewerbungen. Einige Kandidat*innen haben uns ganz direkt gesagt, dass die 4-Tage-Woche für sie ausschlaggebend für die Bewerbung war. Keine Maßnahme bei epunkt zeigte bisher größere Wirkung in puncto Arbeitgeberattraktivierung und Mitarbeiterbindung.

Homeoffice, Gleitzeit etc.: Gibt es dieselben Regelungen wie vorher, oder brauchte es neue?

Stefan Mitmansgruber: Wir setzen stark auf Eigenverantwortung und Vertrauen. Beide Punkte sind in unseren Unternehmenswerten verankert und für ein so flexibles Arbeitsmodell wie wir es verfolgen unumgänglich. In unserem Fall geht das so weit, dass wir bis zu 100 % Homeoffice anbieten und an Montagen und Freitagen gar keine Kernzeit mehr haben. Sehr viele Regelungen aus der Vergangenheit haben wir schrittweise über Bord geworfen. Es ist aber wichtig, dass es sich bei allen Schritten um einen geplanten, partizipativen und kontrollierten Prozess handelt.

Daniel Marwan: Wir messen nicht die Anwesenheit, sondern das Ergebnis. Daher bleibt die Vertrauensarbeitszeit. Nachdem epunkt schon sehr lange mit New-Work-Ansätzen arbeitet und bereits vor Corona das Homeoffice ermöglichte, war die Umstellung nicht so groß.

Hat Sie nach Einführung der 4-Tage-Woche etwas überrascht? Und bleiben sie letztendlich bei dem neuen Arbeitszeitmodell?

Selina Huter: Überrascht hat uns, dass es doch um die drei Monate gedauert hat, bis es bei den Bewerber*innen beziehungsweise am Arbeitsmarkt angekommen ist. Wir bleiben jedenfalls dabei. Jeder Mitarbeiter darf sich aber selbst aussuchen, ob er die Arbeitszeit auf vier oder fünf Tage der Woche verteilt.

Daniel Marwan: Uns hat überrascht, wie stark die Krankenstände zurückgegangen sind.

Wie stellen Sie sicher, dass die Produktivität nicht abnimmt? Braucht es eine andere Form von Mitarbeiterführung?

Stefan Mitmansgruber: Alle Maßnahmen werden von den Führungskräften zu 100 % mitgetragen und gelten auch für diese. Für ein Arbeitsmodell, wie wir es haben, braucht es definitiv eine andere, modernere Form von Management und Mitarbeiterführung – und Vertrauen ist ein hier essenzieller Baustein.

Daniel Marwan: Ob die 4-Tage-Woche Auswirkungen auf unsere Produktivität hat, kann man aufgrund verschiedener Faktoren noch nicht mit Sicherheit sagen. Wir haben aktuell herausfordernde Bedingungen. Immer wieder haben wir diskutiert, ob wir die 4-Tage-Woche so beibehalten können. Aber unser Modell – vier Tage arbeiten, wenn wir unsere Ziele erreichen – ist flexibel genug, damit wir dynamisch entscheiden können: wo geht’s gerade, wo geht es nicht? In der Führung fokussieren wir uns mit den Teams auf die wichtigsten Termine und Aufgaben. Meetings wurden reduziert und verkürzt. Eine gewisse Gelassenheit an den Tag zu legen ist wichtig, auch wenn die Zahlen noch nicht dem Ziel entsprechen. Das Wichtigste: transparente Kommunikation. Jede*r Mitarbeiter*in soll wissen, wo wir im Prozess „4-Tage-Woche“ stehen.

„Arbeitszeitreduktion ist ein Thema, das jede Generation beschäftigt.“

Selina Huter, 25hours hotel

Gibt es auch Mitarbeiter*innen, die die 4-Tage-Woche ablehnen? Ist es ein Generationenthema? Tun sich Ältere schwerer und Junge leicht?

Selina Huter: Das ist ein Vorurteil, da viele die 4-Tage-Woche gerne machen, um mehr Zeit für die Familie zu haben – und andere, um einfach mehr Freizeit zu haben. Die 4-Tage-Woche und generell Arbeitszeitreduktion sind Themen, die jede Generation beschäftigen.

Daniel Marwan: Aktuell haben wir viele Kolleg*innen, die trotzdem am Freitag arbeiten. Einige fühlen sich auch gestresst, am Freitag frei zu haben und dabei zu sehen, dass wir Ziele nicht erreichen. Ein Generationenthema sehe ich hier nicht. Dass der Hype um Arbeitszeitreduktion ein Ausdruck dessen ist, dass die Generation Z nicht mehr arbeiten will, denke ich nicht. Die Jungen trauen sich nur öfter, ihren Wunsch nach mehr Freizeit auch auszusprechen.

Im Büro geht die 4-Tage-Woche vergleichsweise leicht. Aber was, wenn der Job Anwesenheit erfordert? Wie gehen Sie mit unterschiedlichen Jobs im Unternehmen um?

Selina Huter: Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es mit Schichtarbeit sogar einfacher zu planen ist. Es erfordert Effizienz, aber ich habe zum Beispiel immer einen Kellner in der Schicht – sieben Tage die Woche. Im Büro bleibt die Arbeit über die drei freien Tage oft liegen. Gerade in einer Branche wie der Hotellerie, die kein Wochenende kennt, glaube ich, dass es im Bürobereich sogar etwas schwieriger umzusetzen ist.

Daniel Marwan: Ganz klar: Je höher der Kreativitätsanteil der Position ist und je stärker der Output-Anteil nicht von Anwesenheit abhängt, umso besser funktioniert das Modell.

Haben Sie Tipps für andere Unternehmen? Wie geht man die 4-Tage-Woche am besten an?

Stefan Mitmansgruber: Es ist immer schwierig, pauschale Aussagen zu treffen. Aber unserer Erfahrung nach ist es wichtig, dass das Team in den Prozess involviert ist und geplante Änderungen mitträgt. In unserem Fall war so manches leichter als erwartet.

Selina Huter: Als Erstes: Starten Sie mit einer Testphase. Beziehen Sie die Mitarbeiter*innen mit ein und schauen Sie, was das beste Modell fürs Unternehmen und die Belegschaft ist. Anders kann es nicht funktionierten. Zweitens sollten Sie eine Mitarbeiterplanung durchführen und effiziente Möglichkeiten für zum Beispiel eine Extra-Arbeitsstunde am Tag finden. Mein dritter Tipp: Bieten Sie flexible Arbeitszeiten je nach Bedürfnis. Wir haben Studierende in geringfügiger oder Teilzeitbeschäftigung, Bildungsteilzeit/-karenz, unterschiedliche Teilzeitmodelle, 4-Tage-Woche, 5-Tage-Woche, Homeoffice, wo es geht. Die Vielfalt der Optionen macht die Arbeit attraktiv.

Daniel Marwan: Ein stabiles Umfeld ist wichtig, um vor und nach der Einführung der 4-Tage-Woche vergleichen zu können. Sie brauchen im Vorfeld Klarheit, was Produktivität für Sie ist – wie Sie das messen und wie Sie die Ergebnisse gegen äußere Faktoren absichern. Unabdingbar außerdem: langer Atem und Gelassenheit. Sonst besteht die Gefahr, dass Sie alles, was nicht funktioniert, der 4-Tage-Woche zuschreiben. Wenn Geld keine Rolle spielt und Sie die besten Talente für Ihr Unternehmen suchen, ist die 4-Tage-Woche Ihr Ding.

Vielen Dank an unsere Interviewpartner*innen:


Selina Huter ist seit einigen Jahren im HR-Bereich in der Hotellerie tätig und nun seit über 2 Jahren im 25hours hotel in Wien. 

Daniel Marwan ist Gründer und CEO von epunkt, dem Marktführer im Recruiting in Österreich. Mehr als 210 Menschen arbeiten an 5 Standorten an dem „Perfect Match“ zwischen Unternehmen und Kandidat:innen. Der Fokus des gebürtigen Oberösterreichers liegt auf einer werteorientierten Unternehmensführung, New Work und der laufenden Innovation von Recruiting-Prozessen.

Stefan Mitmansgruber ist seit 6 Jahren Teil von eMAGNETIX und seither in unterschiedlichen Positionen tätig. Mit 1. Jänner 2024 wechselt er in die Geschäftsführung und verantwortet dort unter anderem die Personalagenden, einschließlich dem Arbeitsmodell #30sindgenug.

Informationen zur 4-Tage-Woche im Überblick

Definition: 4-Tage-Woche

Die 4-Tage-Woche ist ein Arbeitszeitmodell, bei dem die Arbeitswoche anstatt der weltweit seit langer Zeit üblichen fünf Tage nur vier umfasst. Die Ausgestaltung kann aber unterschiedlich sein. So können etwa die oft regulären 38 bis 40 Stunden pro Woche beibehalten werden, was bedeutet, dass an den vier Arbeitstagen mehr Stunden anfallen. In Österreich sind auch bis zu zehn Arbeitsstunden am Tag erlaubt.

Andere Modelle sehen vor, dass auch die Wochenarbeitszeit gesenkt wird, also de facto weniger Stunden die Woche gearbeitet wird. Viele Unternehmen, die die 4-Tage-Woche praktizieren, entscheiden sich auch für eine Mischung, zum Beispiel 35 Stunden an vier Tagen. Unterschiede gibt es je nach Unternehmen auch bei der Bezahlung: Wenn die Wochenarbeitszeit reduziert wird, heißt das nicht, dass die Belegschaft zwingend auf einen vollen Lohnausgleich hoffen darf.

Arbeitszeitmodell 4-Tage-Woche: keine neue Erfindung

Revolutionäres Modell? Nicht wirklich: Vier statt fünf Tage Arbeit waren auch früher schon möglich: in Teilzeit. In dieser ist aber klar, dass Arbeitnehmer*innen, die sich für weniger Stunden pro Woche entscheiden – oder etwa aufgrund persönlicher Betreuungs- oder Pflegepflichten keine andere Wahl haben – auch beim Gehalt Einbußen hinnehmen müssen. Das fehlende Einkommen ist natürlich ein triftiger Grund, möglichst in einem Vollzeitvertrag zu bleiben.

Die Vor- und Nachteile der 4-Tage-Woche

Einfach mehr Freizeit und damit Raum für Sport, Kultur, Freunde, Erholung und Hobbys. Die Chance, wertvollem ehrenamtlichem Engagement nachzugehen. Oder eben Sorgearbeit für Kinder, ältere Verwandte oder nahestehende Menschen mit Behinderung – die Vorteile einer verkürzten Arbeitswoche liegen auf der Hand. Eine ausgewogene Work-Life-Balance ist leichter zu erzielen, wenn wir nicht fünf von sieben Tagen schon morgens im Büro oder vor dem Computer sitzen.

Und auch die Unternehmen selbst können von einer 4-Tage-Woche profitieren: Wie Betriebe mit entsprechender Erfahrung bestätigen, werden sie im Kampf um Fachkräfte attraktiver, und auch die Motivation und Effizienz der Belegschaft steigt in der Regel. Allerdings nicht unbedingt, wenn die Wochenarbeitszeit gleichbleibt: 10-Stunden-Tage sind erschöpfend und führen manchmal auch dazu, dass die Mitarbeiter*innen dann die Anstrengung und den Stress nicht mehr mit dem 3-Tage-Wochenende kompensieren können.

Arbeitgeber sollten deshalb mit Vorsicht walten. Selbst wenn nicht nur die Tage auf vier gekürzt, sondern auch die Wochenarbeitsstunden reduziert werden, lauern Risiken: Eine deutliche Arbeitsverdichtung durch weniger Stunden bedeutet steigende Belastung, und diese führt schnell zu weniger Produktivität und einer unzufriedenen Belegschaft. Und ein weiteres Problem: Die 4-Tage-Woche erfordert je nach Branche und Tätigkeit auch mehr Personal – das kann den ohnehin bestehenden Fachkräftemangel noch verstärken.

Arbeitszeitverkürzung in Österreich

Weniger Arbeitstage oder wenigstens nicht so viele Arbeitsstunden: weltweit und auch in Österreich ein Dauerbrenner für Diskussionen. Hierzulande ist die letzte umfassende Arbeitszeitverkürzung tatsächlich schon eine Weile her. 1975 wurde eine Normalarbeitszeit von 40 Wochenstunden eingeführt. Seit 1985 gibt es in einigen Branchen die 38,5-Stunden-Woche. Wirtschaftsvertreter sehen nun in einer weiteren Reduktion die Gefahr schwindender Kaufkraft durch weniger Lohn und zudem sinkende internationale Wettbewerbsfähigkeit. Arbeitnehmervertreter sehen aber nach Jahrzehnten des Stillstands in dieser Frage dringenden Handlungsbedarf – und verweisen darauf, dass in der EU nur in Griechenland noch länger gearbeitet wird als in Österreich.

Fazit: Erfolgsmodell 40-Stunden-Woche

Jeder Arbeitgeber muss sich am Ende fragen: Passt die 4-Tage-Woche für mein Unternehmen? Für die Branche? Für jede Person, Position und Tätigkeit im Unternehmen? Jene Firmen, die als Pioniere den Weg beschritten haben, zeigen sich meist überzeugt: Die Mitarbeiter*innen sind glücklicher und dadurch das Unternehmen erfolgreicher. Weitsichtige Planung und Umsetzung bleiben aber Voraussetzung.

Autor: Daniel Auer
Bildnachweis: istockphoto.com / c.alvarez

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