Mental Health am Arbeitsplatz – richtig fördern und erhalten

Mentale Gesundheit oder Mental Health ist mehr als ein Trendthema in Krisenzeiten, es sollte vielmehr immer eine Rolle spielen, um langfristig die Gesundheit und Zufriedenheit der Mitarbeiter*innen zu fördern. Hier geben wir einen kompakten Überblick, wie es um die mentale Gesundheit der Arbeitnehmer*innen in Österreich steht, welche Faktoren am Arbeitsplatz schädlich sein können und konkrete Tipps, was Arbeitgeber verbessern und umsetzen können.

 

Definition: Mental Health am Arbeitsplatz

Mental Health wird als mentale, psychische oder seelische Gesundheit übersetzt. Sie umfasst sowohl das persönliche Wohlbefinden als auch die Fähigkeit, produktiv zu arbeiten und am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu können. Sie ist ebenso wichtig wie die körperliche Gesundheit.

Wichtig zu verstehen ist, dass eine psychische Krankheit nicht unbedingt bedeutet, dass man berufliche Probleme hat oder keine Karriere anstreben kann. Ebenso kann die mentale Gesundheit belastet sein, wenn keine psychischen Erkrankungen vorliegen, denn beispielsweise kann das Arbeitsumfeld belastend und man dadurch nicht vollständig leistungsfähig sein. Gerade was Mental Health am Arbeitsplatz betrifft, ist zu beachten, dass Unternehmen laut ArbeitnehmerInnenschutzgesetz dazu verpflichtet sind, psychische Belastungen am Arbeitsplatz zu evaluieren und bei Gefahren Maßnahmen zu treffen, um psychische (Fehl-)Beanspruchungen zu vermeiden (§4 ASchG).

 

Status Quo: Mental Health am Arbeitsplatz und im Recruiting in Österreich

Wie wichtig für HR am Arbeitsplatz und im Recruiting das Thema mentale Gesundheit ist, zeigt unsere Recruiterstudie 2023. Erfreulich ist, dass mehr als die Hälfte der Befragten (55%) der Aussage zustimmen, dass es in der Verantwortung des Unternehmens liege, für das Wohlbefinden der Mitarbeiter*innen zu sorgen.

Bei der konkreten Unterstützung für die psychische Gesundheit ist jedoch noch deutlich Luft nach oben, denn hier zeigt sich, dass 46% aller Unternehmen für ihre Mitarbeiter*innen nichts im Angebot haben. Bei den Unternehmen, die Angebote machen, setzt jeweils rund ein Drittel auf Meditation, Sportangebote sowie bezahlte Spezialist*innen für psychische Gesundheit direkt im Unternehmen.

Bei den größten Unternehmen in der Befragung (500 und mehr Angestellte) bieten immerhin rund die Hälfte sowohl Meditations- und Sportgruppen sowie eigene Mental-Health-Spezialist*innen an, bei den kleineren Unternehmen ist der Prozentsatz geringer.

Recruiter*innen sind sich in der überwiegenden Mehrheit einig, dass eine adäquate Arbeitsumgebung mentale Probleme wie Stress und Überlastung reduzieren und somit auch Krankenstände senken kann – 82 Prozent der Befragten stimmen hier zu. Bemerkenswerterweise wünscht sich fast ein Drittel der Befragten (32%), dass Bewerber*innen psychische Erkrankungen im Bewerbungsprozess offenlegen, zugleich sind sich jedoch alle Befragten einig, dass das Bewerbungsgespräch nicht der ideale Ort sei, um das Thema anzusprechen. Auch wenn sie nicht aktiv danach fragen würden, denken sie, dass es eine*n Bewerber*in nicht grundsätzlich disqualifiziert, wenn er*sie das Thema psychische Erkrankung im Bewerbungsgespräch thematisiert. Entwicklungspotenzial zeigt sich dahingehend, dass sich mehr als die Hälfte aller Befragten eine Weiterbildung wünscht, um ein besseres Verständnis für psychische Gesundheit zu erlangen.

 

Faktoren, die die psychische Gesundheit am Arbeitsplatz beeinflussen

Wird auf die mentale Gesundheit am Arbeitsplatz nicht ausreichend Rücksicht genommen, leidet die Mitarbeiterzufriedenheit und auch deren Motivation deutlich. Um daher Tendenzen wie Quiet Quitting entgegenzuwirken und die Mitarbeiterbindung zu stärken, sollten folgende Faktoren berücksichtigt werden:

  • Gesundheits- und Sicherheitsrichtlinien: Diese müssen nicht nur vorliegen, sondern auch ausreichend umgesetzt werden, um für eine sicherer Arbeitsumgebung, gut gewartete Geräte, ausreichend Beleuchtung und Lüftung, eine angenehme Raumatmosphäre und vieles mehr zu sorgen.
  • Klare Kommunikation: Klarheit über Aufgaben und Anforderungen beugt Stress und Demotivation vor. Auch die Möglichkeit, jederzeit nachzufragen und eine positive Fehlerkultur als Teil einer guten Unternehmenskultur gehören dazu.
  • Leistungsdruck: Ein zu hoher Leistungsdruck wirkt überfordernd und führt zu Stress und Fehlern – hier gilt es die richtige Balance zwischen Fordern und Fördern zu finden.
  • Arbeitszeitgestaltung: Wie kann eine gute Work-Life-Balance oder gar ein gelungenes Work-Life-Blending aussehen, wie weit lassen sich die Arbeitszeiten an die individuellen Bedürfnisse der Arbeitnehmer*innen anpassen?
  • Allgemeines Betriebsklima und Verhalten der Führungskräfte: Auch hier stellt sich die Frage nach dem optimalen Fordern und Fördern, flache Hierarchien und offene Kommunikation sorgen für engagierte Mitarbeiter*innen.

Was können Unternehmen für die mentale Gesundheit der Mitarbeiter*innen tun?

1. Transparenz im Bewerbungsprozess

Fördern Sie eine Kultur, in der Bewerber*innen offen über ihre psychische Gesundheit sprechen können, um Diskriminierung zu minimieren und das Bewusstsein zu erhöhen.

2. Mitarbeiterbefragung

Erheben Sie mithilfe einer Mitarbeiterbefragung (am besten anonym) den Status Quo und finden Sie heraus, was Ihre Mitarbeiter*innen aus ihrer Sicht brauchen, um ihre mentale Gesundheit zu erhalten und zu fördern.

3. Arbeitsplatzgestaltung

Überdenken Sie die Gestaltung der Arbeitsplätze. Pflanzen, natürliche Beleuchtung und Ruhezonen können das Wohlbefinden verbessern. Mitarbeiter*innen sollten auch aktiv dazu angeregt werden, Ruhe- und Pausenzonen zu nutzen, was etwa durch Events, Get Togethers etc. erreicht werden kann.

4. Pausen und Off-Zeiten

Diese sollten auch konsequent eingehalten werden – Vorgesetzte können hier mit gutem Beispiel vorangehen, um zu zeigen, dass man nicht rund um die Uhr und im Urlaub erreichbar sein muss.

5. Anonyme Hotline

Stellen Sie eine anonyme Hotline zur Verfügung, wo Mitarbeiter*innen über ihre Herausforderungen sprechen können.

6. Bewegungsanreize

Sportangebote und Bewegung haben nachweislich auch einen positiven Einfluss auf die mentale Gesundheit. Diese lassen sich heutzutage auch über Digitale Wellness-Plattformen anbieten, die virtuelle Wellness- und Achtsamkeitsprogramme ermöglichen. Diese können bequem von zu Hause oder vom Arbeitsplatz aus genutzt werden.

7. Mentale Gesundheitstage

Ermöglichen Sie Mitarbeiter*innen gelegentliche „Mental Health Days“ – freie Tage zur Entspannung und zum Wohlbefinden, die nicht auf den Urlaub angerechnet werden.

8. KI-gestützte Tools

Nutzen Sie KI-basierte Tools zur Früherkennung von Stresssignalen und zur Förderung des Wohlbefindens am Arbeitsplatz.

9. Gamification der Gesundheitsförderung

Nutzen Sie spielerische Elemente, um die Teilnahme an Gesundheits- und Wellnessprogrammen zu fördern.

 

Autorin: Sabine Schönfellner
Bildnachweis: istock/Daniel de la Hoz

Das könnte Sie auch interessieren

Reboarding – alles rund um den Wiedereinstieg

Ein strukturierter Reboarding-Prozess stellt sicher, dass Mitarbeiter*innen nach einer Abwesenheit wieder produktiv und sozial voll eingegliedert im Team mitarbeiten. Unser Artikel bietet einen Überblick über…

Young Professionals

Young Professionals: So punkten Sie bei den Talenten von morgen

In den letzten Jahren fallen im Recruiting oft die dieselben Schlagworte: Fachkräftemangel, Talentkrise, Great Resignation und damit verbunden zahlreiche Recruiting-Herausforderungen im Kampf um die besten…

Vereinbarkeit von Beruf und Familie

Vereinbarkeit von Beruf und Familie

Unsere Studie „Working Parents and Beyond“ liefert aktuelle Einblicke, wie es um die Familienfreundlichkeit der Arbeitgeber in Österreich steht, wo es Handlungsbedarf gibt und bietet…

Fachkräfte händeringend gesucht

Fachkräftemangel in Österreich – Zahlen – Daten – Fakten – ein Überblick

Kurz gesagt bedeutet Fachkräftemangel, dass bestimmte Stellen nicht besetzt werden können, weil am Arbeitsmarkt nicht genügend Fachkräfte vorhanden sind, die über die entsprechende Qualifikation verfügen,…

Internationale Talente

Decoding Global Talent 2024: Attraktive Arbeitsdestinationen für internationale Fachkräfte

Die neueste Ausgabe der Studie “Decoding Global Talent 2024: Dream Destinations & Mobility Trends” – durchgeführt von The Stepstone Group in Zusammenarbeit mit der Boston…

Familienfreundlicher Arbeitgeber: Vereinbarkeit von Beruf und Familie

Familienfreundlicher Arbeitgeber – aber wie?

Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie wird immer wichtiger. Nicht nur Angestellte selbst können dadurch ihre Karriere besser planen und eine ausgewogene Work-Life-Balance erreichen. Arbeitgeber…