Stellenanzeigen richtig interpretieren

Was mit den gängigsten Formulierungen wirklich gemeint ist


28.09.2021

Wie oft liest man ein Stelleninserat und fragt sich, was eigentlich wirklich hinter den Formulierungen steckt? Nur, wer das gängige Vokabular in Inserattexten kennt, ist in der Lage, selbstkritisch zu überprüfen, ob er/sie über die im Inserat angesprochenen Anforderungen verfügt.

Anforderungen:

Was sich hinter den wichtigsten Phrasen verbirgt und wie du das für deine Bewerbung nutzt.

Beginnen wir mit den Anforderungen. Diese sind der erste Indikator dafür, ob du für die Stelle geeignet bist. Wer versteht, was mit den gängigsten Schlagwörtern gemeint ist, kann dieses Wissen zu seinem Vorteil nutzen und im Anschreiben der Bewerbung gezielt darauf eingehen.

✓ Belastbarkeit: Du verlierst auch unter Zeitdruck das Ziel nicht aus den Augen und erzielst gute Ergebnisse.

✓ Durchsetzungsvermögen: Du begründest deine Überzeugung/Ergebnisse in Meetings und setzt sie meist durch.

✓ Empathie: Du akzeptierst die Meinungen und Argumente von Kollegen/innen und bringst Verständnis für ihre Motive und Gedanken auf.

✓ Entscheidungsstärke: Du zielst auf sofortige Ergebnisse, übernimmst das Kommando, veranlasst Dinge und triffst schnelle Entscheidungen.

✓ Initiative: Du verhältst dich extrovertiert und menschenorientiert. Du fühlst dich herausgefordert, wenn andere für neue Aktivitäten gewonnen und zusammengebracht werden müssen.

✓ Kommunikative Kompetenz: Du zielst auf geradlinige Kommunikation ohne viel Geschwätz. D.h. du formulierst Sachverhalte so, dass unterschiedlichste Personen/Fachgruppen/Abteilungen sie verstehen.

✓ Leistungsbereitschaft: Du weißt, wann du gebraucht wirst und setzt deine Arbeitskraft nach der Aufgabenstellung und nicht nach dem Dienstplan ein.

✓ Lernfähigkeit: Du bist empfänglich für Impulse aus deiner Umgebung und lässt deine eigenen Ideen einfließen.

✓ Selbstbewusstsein: Du bist dir über deine Stellung sowohl im Unternehmen als auch im Team bewusst und kennst deine eigenen Fähigkeiten und Grenzen gut.

✓ Aufgeschlossenheit: Du kannst Kritik gut annehmen, neue und andere Ideen akzeptieren, diskutieren und produktiv nutzen.

✓ Feedback: Du fühlst dich in einer Umgebung wohl, in der gegenseitiger Austausch über Projektfortschritte und sofortige Rückmeldung erwünscht ist.

✓ Personalkompetenz: Du bist geschickt im Umgang mit Menschen. Du erkennst die beruflichen Qualifikationen und Stärken im Team und setzt die Mitarbeiter gezielt danach ein.

✓ Ergebnisorientierung: Du handelst selbstsicher und kämpfst für deine Ziele. Du bist direkt und ein schneller Denker.

✓ Kundenorientierung: Du rückst den Kunden in den Mittelpunkt des Denkens und Handelns, erkennst so seine Bedürfnisse frühzeitig.

✓ Problemlösungskompetenz: Du weißt, dass nicht überall schnelle Ergebnisse möglich sind. Du gehst logisch an die Aufgabe heran und schaffst es, auch neue und unerwartete Probleme in einem angemessenen Zeitraum zu lösen.

✓ Berufserfahrung von Vorteil: Berufserfahrung ist nicht zwingend vorausgesetzt. Als Berufsanfänger hast du eine Chance.

 

Unser Tipp: Verknüpfe die Anforderungen mit Beispielen aus deiner Karrierelaufbahn.

Schreibe im Bewerbungsschreiben nicht: „Ich bin belastbar, flexibel und aufgeschlossen.“ Auch wenn diese Eigenschaften in der Stellenanzeige gewünscht waren, erfährt der Personaler über einen solchen Satz absolut nichts Neues. Ohne Beispiele sind es nur leere Worte. Erst wenn du zeigst, wie du diese Fähigkeiten bisher im beruflichen Alltag genutzt hast, entsteht der Mehrwert für den Arbeitgeber.

Schreibe daher lieber etwas Konkretes und dazu braucht es eben auch gutes Selbstmarketing: „Durch meine hohe Belastbarkeit konnte ich als Projektmanager trotz Personalausfall ein wichtiges Projekt termingerecht abschließen. Meiner Meinung nach ist es wichtig, auch unter Zeitdruck einen kühlen Kopf zu bewahren und proaktiv zu handeln. In diesem speziellen Fall funktionierte das über die neue Priorisierung kurzfristiger Ziele und die Umverteilung von Aufgaben innerhalb des Teams.

 

Aber Achtung: Wer im Stellenangebot nur “Erwünschtes” kommuniziert, wirkt unglaubwürdig und einfallslos. Verknüpfe daher formulierte Anforderungen mit ähnlichen Fähigkeiten, die dazu passen könnten, um nicht den Eindruck zu vermitteln, du gibst nur das, was das Stelleninserat fordert.

 

Gehaltsangaben

Was sie bedeuten und was du tatsächlich verlangen kannst

In Stellenanzeigen muss seit 2011 angegeben werden, wie viel Mindestgehalt für die angebotene Stelle bezahlt wird. Dahinter stecken die folgenden Ziele: die Chancengleichheit zwischen den Bewerbern zu wahren, Lohndumping oder mögliche Unterbezahlungen zu verhindern, einen raschen Überblick und Orientierungshilfe über die branchenüblichen Löhne zu gewähren und die Jobsuche durch das Vergleichen verschiedener Jobangebote leichter zu machen.

Der Mindestlohn orientiert sich an den gesetzlichen Vorschriften wie etwa einem Kollektivvertrag, dem Mindestlohntarif oder den Satzungen. Die Angaben können sich auf den Stundenlohn oder das Monatsgehalt und eventuell auch auf das Jahresentgelt beziehen.

Je nach Erfahrung und Zusatzqualifikationen kann auch ein höherer Lohn ausgezahlt werden. Diese Möglichkeit zur Überzahlung richtet sich meist nach der beruflichen Erfahrung, anrechenbaren Vordienstzeiten oder zusätzlichen Qualifikationen und wird ebenfalls oft in der Stellenanzeige angegeben. Des Weiteren können Zulagen, Sondervereinbarungen und Zusatzzahlungen wie zum Beispiel Spesen oder Prämien das angegebene Entgelt noch erhöhen. Sind diese zusätzlichen Zahlungen bereits bei der Ausschreibung bekannt, müssen sie ebenfalls sofort ausgeschrieben werden. Vieles ist dabei jedoch Verhandlungssache.

Der Tipp unseres Gehaltsexperten Conrad Pramböck lautet daher: Am besten, man ignoriert die Gehaltsangaben im Stelleninserat, denn eine akkurate Orientierung ist dadurch nicht gegeben. Gerade bei Akademikern liegen die Gehälter deutlich über dem Kollektivvertrag, oft sogar in doppelter Höhe. Nur weil der Arbeitgeber dazu verpflichtet ist, eine Zahl ins Inserat zu schreiben, muss das nicht auch tatsächlich etwas mit dem Gehalt zu tun haben, das er bereit wäre, zu zahlen.

Wichtiger ist es, sich im Freundes- und Bekanntenkreis auszutauschen und sich Auskünfte darüber einzuholen, was man verlangen kann. Erfahre mehr über die Gehaltsverhandlung im Bewerbungsgespräch von unserem Gehaltsexperten Conrad Pramböck sowie über das perfekte Timing für die Gehaltsverhandlung. Du benötigst umfangreiche Tipps und Trick für die erfolgreiche Gehaltsverhandlung? Jetzt Gehaltsratgeber mit Expertentipps als PDF downloaden.

 

Arbeitgeberbeschreibungen

Was sich hinter den häufigsten Floskeln verbirgt

✓ Vorteile eines Großkonzerns

Wenn Arbeitgeber darauf hinweisen, dass ihre Mitarbeiter von den Vorteilen eines Großkonzerns profitieren, ist damit meist gemeint, dass du zusätzliche Benefits erwarten kannst. Manche Großkonzerne bieten dir vielleicht eine kostengünstige Kantine an, einen Betriebskindergarten, Sportmöglichkeiten oder auch ein breites Weiterbildungsangebot. Bedenke jedoch auch, dass Großkonzerne Nachteile bringen können, wie etwa festgefahrene Strukturen, die nur wenig Änderungsspielraum zulassen bzw. das Gefühl von Anonymität, wenn man außerhalb seiner eigenen Abteilung nicht sehr viel mit den anderen Kollegen zu tun hat.

✓ Unternehmergeist eines Start-ups

Start-ups sind häufig flexibler, weil Strukturen und Prozesse nicht schon jahrelang etabliert sind. Wer also gerne aktiv mitgestaltet und Änderungen anstößt, wird sich in einem Start-up vermutlich wohler fühlen als in einem lange eingesessenen Großkonzern.

✓ Innovatives und wachstumsorientiertes Unternehmen

Hier wirst du vermutlich nicht auf starre Strukturen stoßen, sondern eher auf Werte wie Flexibilität, Fortschritt und Agilität.

✓ Hohe Leistungsorientierung

Diese Beschreibung lässt Rückschlüsse zu, dass im Unternehmen Erfolge gut honoriert werden, aber im Umkehrschluss auch von dir erwartet werden.

✓ Spannendes Arbeitsumfeld

Die Formulierung spannend ist definitiv subjektiv. Das kann so sein, muss es aber nicht. Im schlimmsten Fall versteckt sich dahinter auch, dass Positionen im Unternehmen nicht klar definiert sind und sehr variabel ausgestaltet sein können. Das kann natürlich ein Vorteil sein, wenn man gerne an den unterschiedlichsten Aufgaben arbeitet, es droht aber auch Konfliktpotential zwischen den Kollegen als Nachteil.

✓ Flache Hierarchien

Wenn ein Unternehmen mit flachen Hierarchien wirbt, bringt das einen wichtigen Vorteil: Lange Entscheidungswege fallen damit weg. Als Mitarbeiter hast du dadurch auch oft einen größeren Handlungsspielraum, vor allem was Eigeninitiative und Verantwortung betrifft. Ein Nachteil, der sich aus flachen Hierarchien ergeben kann, sind die geringeren Aufstiegschancen. Wenn es über dir nur eine Person gibt, wird es schwer sein, im Rahmen von Karrierezielen aufzusteigen, weil die Unternehmensstruktur viel weniger Möglichkeiten bietet.

✓ Gutes Betriebsklima

Natürlich schätzt jeder ein gutes Betriebsklima. Eine Frage taucht dabei jedoch schon auf: Wie wird der Begriff vom Arbeitgeber definiert? Immerhin ist die Wahrnehmung subjektiv. Jeder schätzt andere Werte und fühlt sich unter anderen Bedingungen wohl. Hierbei kann es durchaus Sinn machen, dieses Thema im Rahmen des Bewerbungsgespräches aufzugreifen, wenn du wissen möchtest, was der Arbeitgeber konkret unternimmt, um dieses gute Betriebsklima zu fördern.

✓ Work-Life-Balance

Wenn ein Unternehmen bereits im Stelleninserat darauf hinweist, dass es auf eine ausgeglichene Work-Life-Balance seiner Mitarbeiter achtet, kannst du vermutlich davon ausgehen, dass man sich Gedanken darüber gemacht hat, wie man seine Mitarbeiter hält und gegen zu viel Stress abschirmt. Eventuell darfst du mit flexiblen Arbeitszeiten rechnen, der Möglichkeit, tageweise im Home Office zu arbeiten oder es gibt anderweitige Maßnahmen, die das Vereinbaren von Arbeits- und Privatleben vereinfachen.

 

Rückschlüsse auf das Unternehmen:

Was die Stellenanzeige dir über die Firma verrät

Ein Stelleninserat verrät oft mehr, als dem Unternehmen bewusst ist. Wer lernt, auch zwischen den Zeilen zu lesen, erfährt so einiges über den potentiellen Arbeitgeber. Wir haben 3 Tipps für dich:

Tipp 1: Achte darauf, wie die Stelle präsentiert wird. Layout und grafisches Design, Schreibstil und Tonalität der Stellenanzeige vermitteln dir einen ersten Eindruck von der Unternehmenskultur: konservativ, dynamisch, innovativ …

Tipp 2: Achte auf die Formulierung der Anforderungen. Alles, was eher schwammig formuliert ist, kann auf eine fehlende oder sehr offen gestaltete Stellenbeschreibung hindeuten. Dies kann auch dazu führen, dass es im Unternehmen keine klaren Richtlinien für die Beurteilung und Auswahl von Bewerbungsunterlagen gibt. Je detaillierter und abschließend aufgezählt die Aufgaben und Anforderungen sind, desto eher kann man eine strukturierte Arbeitskultur erwarten, die auch für die Vorauswahl der Bewerbungsunterlagen genaue Vorgaben festgelegt hat.

Tipp 3: Achte auf die Zusätze bei den Anforderungen. Manches ist erwünscht, manches wird vorausgesetzt, in anderen Fällen genügen auch Grundkenntnisse. Zudem können Zusätze wie „idealerweise“ oder „wäre von Vorteil“ angeführt sein. An und für sich hat das noch nichts zu bedeuten. Manches ist für die Stelle eben wichtig, anderes zwar schön, aber nicht zwingend nötig. Oft ist es aber so, dass Unternehmen ihre Anforderungen bei jenen Stellen, die tendenziell schwieriger zu besetzen sind, etwas zurückschrauben. Anstelle der fließenden Englischkenntnisse auf Verhandlungsniveau werden plötzlich auch Maturakenntnisse akzeptiert, aus zwingender Voraussetzung wird ein formulierter Wunsch. Häufig kannst du aus der Anzeige auch wünschenswerte Soft Skills interpretieren.

Im Anschluss an das richtige Interpretieren von Stelleninseraten folgt im zweiten Schritt nun die Auswahl der für Sie richtigen Inserate. Mit unserer Anleitung findest du in vier Schritten heraus, welche Stelleninserate wirklich zu dir passen.

Falls du bereits zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen wurdest, das du nicht wahrnehmen willst, kannst du dies höflich absagen.

Alle relevanten Bewerbungstipps haben wir für dich auf einen Blick zusammengefasst inklusive diverser Bewerbungsvorlagen – viel Erfolg bei der Jobsuche!

 

Bildnachweis: seb_ra/Quelle: istockphoto.com

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