Downshifting

Weniger Arbeit, mehr Leben!


20.07.2018

Arbeitstage werden immer länger, Überstunden zum Normalfall, der Stress ein ständiger Begleiter. Doch es geht auch anders: Downshifting heißt das Zauberwort, das deinem Privatleben mehr Raum gibt. Wir verraten dir, wie auch du deine Lebensqualität durch weniger Arbeit erhöhen kannst.

Was versteht man unter Downshifting?

Reduktion der Arbeitszeit, um ein erfülltes und selbstbestimmteres Leben zu führen – so definiert man Downshifting. Es geht darum, die Arbeitsbelastung einzugrenzen, bis das individuelle Gleichgewicht hergestellt ist, das genügend persönlichen Freiraum bietet.

 

Warum Downshifting? Was spricht dafür?

Zu allem Großen ist der erste Schritt Mut.“ – Johann Wolfgang von Goethe

Dies trifft auch auf die Entscheidung zum Downshifting zu. Denn betrachtet man nur die Zahlen, sieht man die Auswirkungen zunächst auf dem Gehaltszettel: Eine verkürzte Arbeitszeit bedeutet auch eine Reduktion des Gehalts und damit eingeschränkte finanzielle Mittel. Doch das ist nur die eine Seite der Medaille. Auf der anderen steht eine erhöhte Lebensqualität. Stress, Druck, ständige Erreichbarkeit oder gar Burnout werden gegen eine gesunde Work-Life-Balance getauscht. Was man mit der gewonnenen Zeit macht, bleibt einem selbst überlassen. Egal, ob Ausflüge, Fitnesscenter, Treffen mit Freunden, Hobbys oder einfach spazieren gehen oder ein Buch lesen – Hauptsache, man nutzt die Zeit für Privates. Also kurz zusammengefasst: weniger Geld, aber dafür mehr Zeit für sich. Halte dir dabei die berühmten Worte von Abraham Lincoln vor Augen: „Und am Ende sind es nicht die Jahre in deinem Leben, die zählen. Es ist das Leben in deinen Jahren.

 

Wer nutzt Downshifting?

Ist Downshifting nur etwas für die sogenannten Millennials (also die „Jahrtausender“)? Eine häufige Frage. Die Generation Y, die direkt ins digitale Zeitalter geboren wurde und durch einen technischen Lebensstil geprägt ist, hat eindeutig andere Ziele als die Generationen davor. Doch Downshifting ist nicht ausschließlich ein Phänomen dieser Zielgruppe. Vielmehr etabliert sich das Konzept der Arbeitszeitreduktion in den Industriestaaten über Altersklassifizierungen hinweg. Stress und Hektik im Arbeitsleben sorgen bei immer mehr Menschen dafür, ihre Werte neu auszurichten. Karriere, Geld und Erfolg sind nicht länger die einzigen Ziele, die verfolgt werden. Zumindest dann nicht, wenn sie mit Unzufriedenheit einhergehen. Für immer mehr Arbeitnehmer gehört das klassisch etablierte Bild von Arbeit der Vergangenheit an. „Manche halten einen ausgefüllten Terminkalender für ein ausgefülltes Leben.“ – Dieser Ausspruch des deutschen Universitätsprofessors Gerhard Uhlenbruck wirkt wie aus einer längst vergangenen Ära. Stattdessen rückt der Lebenswert stärker in den Fokus, der sich auch an Gesundheit oder Freunden und Familie orientiert. Jeder kann diese Gedankenumkehr vollziehen – ganz egal, ob alt oder jung. Mit unseren Tipps zum Downshifting haben wir dir eine Anleitung in vier Schritten zusammengestellt, mit der auch du den Weg von Arbeitsstress zu mehr Lebensqualität bestreiten kannst.

 

 

Tipps zum Downshifting – so gelingt’s:

 

Schritt 1: Stelle dir die Frage aller Fragen: Was will ich?

Jeder Tag ist eine neue Chance, das zu tun, was du möchtest.“ – Friedrich von Schiller

Zunächst ist es wichtig, sich im Klaren darüber zu sein, was man will, was man kann und wo man seinen persönlichen Schwerpunkt im Leben setzen möchte. Für diese Selbstreflexion musst du wissen, was dir im Leben wichtig ist. Setze dich ehrlich mit diesen Kernfragen auseinander, beschönige nichts und stelle fest, was du für ein glückliches und zufriedenes Leben benötigst. Orientiere dich dabei nicht an anderen, sondern höre lediglich auf deine innere Stimme. Denn diese Fragen sind sehr persönlich und nur du kennst die richtige Antwort.

 

Schritt 2: Analyse deiner Arbeitssituation und Wege der Verbesserung

Der Unterschied zwischen dem, was du bist, und dem, wer du sein möchtest, ist das, was du tust.“ – Verfasser unbekannt

Wenn du die Fragen aus Schritt 1 für dich beantwortet hast, geht es im zweiten Schritt um die nötigen Schritte der Umsetzung. Welches Ziel musst du ansteuern, um das zu erreichen, was dich glücklich macht? Jetzt gilt es auch, sich mit ganz konkreten Fragenstellungen auseinanderzusetzen. Hast du beispielsweise entschieden, dass du weniger arbeiten willst? Dann musst du dir die Frage stellen, ob das in deinem momentanen Job überhaupt möglich ist oder ob du nach einem neuen Ausschau halten musst. Geht es darum, die Arbeitszeit beizubehalten, aber dennoch weniger Druck und Stress ausgesetzt zu sein, braucht es vielleicht einen anderen Job mit weniger Verantwortung. Diesen kannst du sowohl in der momentanen Firma finden oder aber auch in einem anderen Unternehmen. Oft ist das Problem gar nicht so sehr die Länge der Arbeitszeit, sondern vielmehr die Art der Tätigkeit. Überlege dir, welche Art von Arbeit dich glücklich macht. Worin bist du gut? Wo liegen deine Stärken? Tipps dazu findest du in unserem Artikel Job, Beruf oder Berufung.

 

Schritt 3: Deine persönlichen Finanzen

Die besten Dinge im Leben sind nicht die, die man für Geld bekommt.“ – Albert Einstein

Wer sich dazu entscheidet, weniger zu arbeiten, muss immer auch die finanzielle Seite im Hinterkopf haben. Ziehe daher Bilanz über all deine Ausgaben. Wieviel Geld brauchst du tatsächlich pro Monat? Welche Fixkosten müssen abgedeckt sein? Was benötigst du tatsächlich und wo kannst du dich eventuell einschränken? Hast du vielleicht auch ein finanzielles Polster, das dir durch schwierige Zeiten helfen kann? All diese Fragen solltest du vorab klären, um nicht in einigen Monaten vor der Situation zu stehen, dass das reduzierte Geld, das du verdienst, knapp wird oder nicht ausreicht.

 

Schritt 4: Die Umsetzung

Wenn du nichts veränderst, wird sich auch nichts verändern.“ – Sparky Anderson

Wenn du vorab alles für sich geklärt hast, dann ist es Zeit für die Umsetzung. Jetzt heißt es, aktiv zu werden. Für ein gutes Gelingen ist es wichtig, jemanden zu haben, der dich durch Gespräche unterstützen kann und dich zur Reflexion ermuntert. Außerdem solltest du dein Vorhaben mit deinem Partner oder deiner Hauptbezugsperson abklären. Dieser Rückhalt ist sehr wichtig. Vor allem in einer Zeit, in der du dich selbst auf Neuland begibst, können Konflikte über dein Vorhaben sehr negative Auswirkungen haben und genau das Gegenteil von dem bewirken, was du eigentlich angestrebt hast: mehr Lebensqualität. Lasse dich aber auch nicht von anderen, negativen Stimmen aus dem Konzept bringen. Nicht alle werden deine Entscheidung gutheißen. Doch auch das ist okay. Im Endeffekt muss jeder für sich entscheiden, was ihn glücklich macht. Bedenke jedoch auch, dass du immer einen Plan B in petto haben solltest. Hindernisse können immer auftreten, und es ist besser, sich schon vorab darauf vorzubereiten. Überlege dir, was du im Falle des Falles machen kannst und wo / bei wem du eventuell Hilfe in Anspruch nehmen kannst.

 

Welche Downshifting-Strategien gibt es?

Nach den allgemeinen Tipps zum Thema Downshifting sehen wir uns nun die beiden möglichen Fälle genauer an:

 

Downshifting im bestehenden Job:

Es gibt mehrere Möglichkeiten des Downshiftings im bestehenden Job:

 

Reduzierung der Arbeitszeit

Am schnellsten sieht man die positiven Auswirkungen des Downshiftings, wenn die wöchentliche Arbeitszeit reduziert wird. Jede Stunde, die man nicht in der Arbeit verbringt, kann für Privates genutzt werden. Immer mehr Arbeitnehmer entscheiden sich dafür, Teilzeit zu arbeiten. Teilzeit muss jedoch nicht zwangsläufig eine 20-Stunden-Woche bedeuten. In der Praxis kommt es immer häufiger vor, dass Personen auf eine wöchentliche Arbeitszeit von 30 Stunden reduzieren. Dadurch kann man beispielsweise eine 5-Tage-Woche auf eine 4-Tage-Woche reduzieren oder aber bei 5 Tagen die Woche bleiben und dafür jeden Tag früher nach Hause zu gehen. Experten sehen in einer 30 stündigen Arbeitszeitwoche einen guten Kompromiss: Einerseits bleibt einem mehr Freizeit als bei einer Vollzeit-Anstellung, andererseits sind die finanziellen Einbußen nicht so groß wie bei einer 20-Stunden-Woche. Ideal also auch für den Einstieg ins Downshifting.

 

Abgeben von Verantwortung oder von einer Führungsposition zurück zur Fachkraft

Macht man auf der Karriereleiter einen Schritt zurück, so spricht man von Downgrading. Da dieser Schritt – anders als bei der Reduktion der Arbeitsstunden – nicht so leicht wieder rückgängig zu machen ist, solltest du dir vorher gut überlegen, ob die neue Aufgabe dich tatsächlich von Stress entlastet und dir das bieten kann, was du dir wünschst. Wer einmal von einer Führungsposition zurückgetreten ist, wird es zukünftig sehr schwer haben, sollte er wieder eine besetzen wollen. Das musst du dir vor Augen halten. Auch Gehaltseinbußen können hier drastisch sein. Auf der anderen Seite bedeutet weniger Verantwortung jedoch auch, weniger Stress und weniger Druck. Wer seine Arbeit im Kopf nicht mit nach Hause nimmt, hat mehr Lebensqualität, weil er die Freizeit besser genießen kann.

 

Vereinbarung von Home-Office-Tagen

Vor allem, wenn der morgendliche Anfahrtsweg in die Arbeit sehr lange ist, kann das Vereinbaren eines Home-Office-Tages pro Woche Entlastung bringen. Denn jede Fahrstrecke, die man sich erspart, bringt zusätzliche Freizeit.

Darüber hinaus kann es aber auch helfen, seine eigene Einstellung zur Arbeit zu ändern. Überlege beim nächsten Mal vielleicht kurz, ob du eine neue Aufgabe wirklich übernehmen musst. Oft fällt es uns schwer, nein zu sagen, weil wir uns vor den Konsequenzen fürchten. Vieles davon ist aber lediglich in unserem Kopf. Versuche daher bewusst, das Nein-Sagen zu üben. Unser Artikel über die Kunst, freundlich nein zu sagen, hilft dir dabei. Auch die Anforderung an uns selbst, ständige erreichbar zu sein, ist oft vom Arbeitgeber gar nicht zwingende Pflicht. In vielen Fällen geht der Druck dazu von uns selbst aus und wäre gar nicht nötig. Stressabbau beginnt bei dir selbst. Übe dich darin, gelassener zu werden und weniger Druck zuzulassen.

Wer akut das Gefühl hat, eine längere Pause zu benötigen, könnte dies mit einer temporären Auszeit erreichen. Diese können entweder durch unbezahlten Urlaub genommen werden, aber auch durch Bildungskarenz oder ein Sabbatical.

 

Downshifting-Bewerbung:

✓ Wenn das gewünschte Reduzieren der wöchentlichen Arbeitszeit oder des Stresslevels in deinem momentanen Job nicht möglich ist, dann ist der einzige Ausweg der Jobwechsel. Doch eine solche Bewerbung bringt einige Herausforderungen mit sich: Du musst den potentiellen Arbeitgeber erst einmal davon überzeugen, dass die neue Position, die weniger Gehalt mit sich bringt oder auch weniger Verantwortung dennoch genau das Richtige für dich ist. Wie aber erklärt man den Wunsch nach Downshifting?

✓ Wir empfehlen Ehrlichkeit. Prioritäten verändern sich im Laufe unseres Lebens. Das ist ein ganz natürlicher Vorgang. Nur, weil du in der Vergangenheit ein bestimmtes Karriereziel verfolgt hast und bereit warst, massenhaft Überstunden dafür in Kauf zu nehmen, muss das nicht dein gesamtes Leben lang so sein. Erwähne beim Bewerbungsgespräch einfach, dass du nach einer Stelle gesucht hast, die sich mit deinen Kenntnissen und Fähigkeiten deckt, die dir aber auch genügend Freiräume lässt. Der neue Arbeitgeber versteht bestimmt, dass ein langer Arbeitstag mit zig Überstunden plus einem einstündigen Anfahrtsweg morgens und abends nicht unbedingt mit einer Familie oder einer ausgeglichenen Freizeitgestaltung kompatibel ist. Und im schlimmsten Fall: Sollte er es nicht verstehen, ist die ausgewählte Firma vermutlich auch nicht die richtige für deine Zielsetzung.

✓ Ähnlich sieht es aus, wenn du deine bisherige Führungsposition aufgeben möchtest und nach einem weniger stressreichen Job umsehen. Auch hier kann es Sinn machen, ehrlich zu sagen, dass sich deine Prioritäten geändert haben. Du kannst außerdem anmerken, dass jene Tätigkeiten, die du vor deiner Führungsposition ausgeübt hast, jene waren, die dir am meisten Spaß gemacht haben und zu denen du wieder zurückkehren möchten. Wenn du damit argumentierst, dass die Führungsstelle zwar der logische nächste Schritt für dich war, du dadurch aber nur noch wenig Zeit für jene Aufgaben hatten, denen du immer am liebsten nachgegangen bist, ergibt sich der Rückschritt auf der Karriereleiter als logische Konsequenz, die auch für den Personaler nachvollziehbar ist.

✓ Weitere Tipps und Tricks für den Bewerbungsprozess findest du in unserem Artikel über die Bewerbung trotz Überqualifikation.

 

Auch wenn das Konzept des Downshiftings bei uns noch nicht so weite Verbreitung finden wie im Anglo-Amerikanischen Raum, kommt es auch hier langsam zu einem Wandel des Karrierebildes. Wenn du das Gefühl hast, dass die Arbeit zu viel wird, ist es besser, bewusst die Notbremse zu ziehen, als auf ein Burnout zuzusteuern. Denke immer daran: Du hast nur ein Leben. All die Vorhaben, die dir unter den Fingernägeln brennen, auf die Pension aufzuschieben, ist nicht der einzige Weg. Immer mehr Arbeitgeber bieten auch Teilzeitstellen an. Es kann nie schaden, sich auf dem Arbeitsmarkt nach Alternativen umzusehen. Weniger Stress, ein stärkerer Fokus auf deine persönlichen Prioritäten und auch deine Gesundheit sowie allgemeine Zufriedenheit sind durchaus legitime Gründe, die Downshifting zu einer anstrebenswerten Alternative machen.

Weniger Hektik im Leben lässt mehr Spielraum für intensives Erlebnis.“ – Tom Borg

Bildnachweis: Guzaliia Filimonova/Quelle: www.istockphoto.com

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