Ständige Erreichbarkeit

Wozu bist du wirklich verpflichtet?


26.06.2018

Was bedeutet ständige Erreichbarkeit? Was kann der Arbeitgeber von dir fordern? Und worin liegen die Gefahren? Wir informieren dich über dein Recht.

Inhaltsverzeichnis

Ständige Erreichbarkeit – Definition
Ständige Erreichbarkeit: Wo liegen die Gefahren?
Ständige Erreichbarkeit: Wie sieht die aktuelle gesetzliche Lage in Österreich aus?
Erreichbarkeit in der Freizeit (Nach Dienstschluss, an den Wochenenden)
Erreichbarkeit im Urlaub
Erreichbarkeit im Krankenstand
Erreichbarkeit im Home Office

 

Ständige Erreichbarkeit – Definition

Unter ständiger Erreichbarkeit versteht man im allgemeinen Sprachgebrauch, dass Arbeitnehmer auch nach offiziellem Ende ihrer Dienstzeit für den Arbeitgeber erreichbar sind. Dabei ist es egal, ob das telefonisch oder per E-Mail der Fall ist. In den letzten Jahren kommt es immer häufiger vor, dass die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit verschwimmen und Arbeitnehmer auch in ihrer Freizeit weiterarbeiten. Mobile Informations- und Kommunikationsmedien wie Notebooks und Smartphones und BlackBerrys haben es möglich gemacht.

 

Ständige Erreichbarkeit: Wo liegen die Gefahren?

Die ständige Erreichbarkeit ist ein viel diskutiertes Thema. Zurecht, denn Studien belegen: Sie macht krank. Langfristig kann es auch zu Leistungseinbußen kommen, weil die Fehleranfälligkeit steigt und die Konzentration sinkt. Aber nicht nur das: Die ständige Konfrontation mit der Arbeit führt zu Überbelastung, einem Unruhezustand und Stress. Im schlimmsten Fall sogar zum Burn-Out. Downshifting ist das Zauberwort, das dir mehr Zeit für dein Privatleben gibt. Damit du durch ständige Erreichbarkeit nicht in die innere Kündigung fallen,  zeigen wir dir geeignete Gegenmaßnahmen und führen an, was du für deine Gesundheitsvorsorge tun kannst.

Auch der Partner, die Familie und der Freundeskreis leiden darunter, denn häufig müssen Freizeitaktivitäten verschoben werden, wenn die Arbeit ruft. Immer mehr Arbeitnehmer können nicht mehr abschalten. Der Gesetzgeber versucht daher, Arbeitnehmer zu schützen. Wir informieren dich über die aktuelle, rechtliche Lage:

 

Ständige Erreichbarkeit: Wie sieht die aktuelle gesetzliche Lage in Österreich aus?

Viele Arbeitnehmer glauben, in der Freizeit für ihren Arbeitgeber aber auch für ihre Kollegen verfügbar sein zu müssen. Dem ist allerdings nicht so. Vor allem nicht, wenn es sich um Urlaub oder Krankenstand handelt. Wir informieren dich über die aktuelle gesetzliche Lage in Österreich: Was muss man? Oder besser gesagt: Was muss man nicht?

 

Erreichbarkeit in der Freizeit (Nach Dienstschluss, an den Wochenenden)

Generell gilt: Nur weil du ein Diensthandy hast, musst du nicht auch automatisch jederzeit erreichbar sein.  Alleine die Tatsache, dass du ein Firmenhandy erhältst, verpflichtet dich nicht zur Rufbereitschaft. Diese muss ausdrücklich vereinbart werden und darf – sofern der Kollektivvertrag nichts anderes vorgibt – laut § 20a AZG nur 10 Tage pro Monat umfassen. Rufbereitschaft bedeutet dabei, dass du dich an einem selbst gewählten Ort aufhalten darfst, dich aber für den Arbeitseintritt bereithalten musst. Auch wenn die Rufbereitschaft nicht als Arbeitszeit gilt, hast du Anspruch auf eine finanzielle Entschädigung, die stundenweise oder pauschal abgegolten werden kann. Was jedoch als Arbeitszeit gilt, ist, wenn du  während der Rufbereitschaft kontaktiert wirst und tatsächlich eine Arbeitsleistung erbringst. Diese muss dann auch als Arbeitszeit abgegolten werden.

Hast du  keine Vereinbarung über Rufbereitschaft, musst du nach Ende der Dienstzeit für den Arbeitgeber auch nicht erreichbar sein. Nicht per E-Mail. Nicht telefonisch. Und was ist, wenn du dennoch in deiner Freizeit kontaktiert wirst, um gewisse Arbeitsleistungen zu verrichten? Dann handelt es sich um angeordnete Überstunden, die ebenfalls zu bezahlen sind.

 

Erreichbarkeit im Urlaub

Urlaubszeiten gelten der Erholung. Konkret bedeutet das: Während des Urlaubs besteht keine Arbeitspflicht. Daher müssen Arbeitnehmer auch nicht ständig erreichbar sein. Es sei denn, es gibt eine spezielle, ausdrücklich vereinbarte Rufbereitschaft, die sachlich gerechtfertigt ist (Führungskräfte haben häufig solche Vereinbarungen). Für alle anderen gilt: Eine Unterbrechung des Urlaubs ist nur in betrieblichen Notfällen gerechtfertigt – und dann ist diese auch entsprechend zu entlohnen. Der Arbeitgeber hat jedenfalls für eine geeignete Vertretung zu sorgen, der wichtige Aufgaben für den Zeitraum des Urlaubs übergeben werden können. Durch eine entsprechende Übergabe vor Urlaubsantritt sollte alles Wichtige abgefangen werden. Das Firmenhandy kann von Arbeitnehmern im Urlaub also getrost ausgeschalten werden. Ganz wichtig: Unerreichbarkeit während des Urlaubs ist kein Kündigungsgrund.

 

Erreichbarkeit im Krankenstand

Auch während des Krankenstandes gibt es grundsätzlich keine Verpflichtung zur ständigen Erreichbarkeit. Die Genesung steht an erster Stelle und das bedeutet, dass der Arbeitnehmer im Krankenstand nicht zur Verfügung stehen muss (egal ob telefonisch, persönlich oder via E-Mail). Es ist jedoch so, dass eine Übergabe der Aufgaben vorab wie beim Urlaub nicht möglich ist, da der Krankenstand meist unerwartet eintritt. Um einen daraus folgenden schweren wirtschaftlichen Schaden für den Arbeitgeber abzuwenden, macht  der oberste Gerichtshof in seinem Urteil vom 26.11.2013 deutlich, dass nicht generell ausgeschlossen werden kann, dass Angestellte, abhängig vom konkreten Krankheitsbild, auch während des Krankenstandes für die Bekanntgabe unbedingt erforderlicher Informationen, deren Vorenthaltung zu einem wirtschaftlichen Schaden des Arbeitgebers führen würde, in einem Ausmaß ‑ etwa telefonisch ‑ zur Verfügung stehen müssen, solange das ihren Genesungsprozess nicht beeinträchtigt. Dies erfordert jedoch, dass vom Arbeitgeber konkretisiert wird, um welche Informationen es sich handelt, warum diese nicht anderweitig beschafft werden können und warum aus dem Fehlen der Information ein schwerer wirtschaftlicher Schaden entstehen würde. Kurz zusammengefasst –  vor allem, da dieses Urteil in der Vergangenheit bereits häufiger zu Diskussionen geführt hat: Erreichbar sein musst du NUR im speziellen Sonderfall, wenn der Arbeitgeber durch das Fehlen einer unbedingt erforderlichen Information wirtschaftlichen Schaden erleiden würde und das auch nur, wenn der Arbeitgeber den oben genannten Anforderungen gerecht wird und dein Genesungsprozess dadurch nicht beeinträchtigt wird.

 

Erreichbarkeit im Home Office

Auch wer das Benefit hat im Home Office zu arbeiten, hat ein Anrecht auf klar definierte Arbeitszeiten. Zu diesen musst du für den Arbeitgeber erreichbar sein. Die Lage der Arbeitszeit und die Dauer müssen dafür vorab vereinbart werden und dabei sind die arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen über die maximal zulässige Arbeitszeit sowie die Wochenendruhe ebenso einzuhalten wie bei jedem anderen Dienstverhältnis aus. Um das zu überprüfen werden Arbeitnehmer auch angehalten, ihre Arbeitsstunden zu protokollieren. Über die vereinbarten Arbeitszeiten hinaus besteht aber keine Pflicht zur Erreichbarkeit.

Die gesetzlichen Grundlagen zum Schutz der Arbeitnehmer gegen ständige Erreichbarkeit sind in Österreich vorhanden. Vieles ist ein Kopfproblem, weil wir nicht mehr in der Lage sind, nach Dienstschluss einfach abzuschalten. Unser Tipp: Arbeite  daher an einer ausgeglichenen Work-Life-Balance– unser Artikel zeigen dir, wie.

Bildnachweis: Любомир Ворона/Quelle: eyeem.com

Aktuelle Jobs