Bossing – Machtspiele der Chefetage

So gehst du mit Mobbing von oben am Arbeitsplatz um!


25.09.2023

Sobald es um Mobbing im Job geht, verlässt der Arbeitsalltag die professionelle Ebene. Aber nicht nur unter Kollegen kann es zu Schikanen, Ausgrenzungen und Benachteiligungen kommen, sondern auch mit der Chefetage.

Inhaltsverzeichnis

Definition: Bossing am Arbeitsplatz
Merkmale und Anzeichen von Bossing
Was tun, wenn man von Bossing betroffen ist?
Was tun, wenn ein Kollege von Bossing betroffen ist?
Die rechtliche Situation: Ist Bossing in Österreich strafbar?

Definition: Bossing am Arbeitsplatz

Hierarchien spielen in nahezu allen Unternehmensphilosophien in Österreich eine große Rolle. Mobbing durch den Chef ist daher besonders prekär, da betroffene Arbeitnehmer sich in einem ungleichen Machtverhältnis befinden. Die gezielte Schwächung von Mitarbeiter*innen durch Mobbing von oben kann sich sowohl in psychischer oder physischer Natur äußern. So wie auch beim generellem Mobbing am Arbeitsplatz spricht man erst von Bossing, sobald es über einen längeren Zeitraum zu wiederkehrenden und systematischen Verletzungen, Entmutigungen, Ausgrenzungen oder Einschüchterungen am Arbeitsplatz kommt. Einzelne Aktionen des Chefs, die nicht zum eigenen Arbeitsrhythmus passen, stellen dahingegen noch kein Bossing dar. Sobald sich die Attacken und Vorfälle jedoch häufen, willkürlich werden und völlig unabhängig zu der erbrachten Leistung stehen, hat der Vorgesetzte schon längst von der professionellen auf eine verletzende Ebene gewechselt.

 

Merkmale und Anzeichen von Bossing

Um die Anzeichen von Bossing darzustellen, muss zunächst eine grundlegende Frage geklärt werden: Welche Gründe und Intentionen stecken hinter dem Mobbing von oben? Pauschale Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge können bei Bossing nur schwer aufgestellt werden. Dennoch spielen oft zwei Merkmale mit hinein, die Bossing überhaupt erst ermöglichen: erstens, eine Abteilung, die sich weder präventiv noch akut mit Mobbing auseinandersetzt, und zweitens, Vorgesetzte, die das hierarchische Arbeitssystem ausnutzen, indem sie ihre Mitarbeiter*innen als „Opfer“ betrachten. Neben vielen anderen Mobbing-Strategien zwischen den Arbeitshierarchien können sich diese Anzeichen von Bossing etablieren:

 

Persönliche Beleidigungen, lauter Tonfall
Ausgrenzungen, Ignorieren trotz Nachfrage
Vorenthalten von wichtigen Informationen
Überwachung aller Arbeitsschritte
Permanente Kritik trotz erbrachter Leistung
Verbreitung von Gerüchten, Unterstellungen
Drohungen durch Abmahnung, Kündigung, Kürzungen der Urlaubstage
Sprüche und Witze „unter der Gürtellinie“
Unrealistische Zeitvorgaben
Ständige Erreichbarkeit, Erhöhung der Stunden oder des Arbeitspensums (Burnout)
Aufgaben jenseits des eigenen Fachgebiets oder Unterforderung (Boreout)
Physische und psychische Gewalt

 

All diese Mobbing Erfahrungen bleiben für Betroffene nicht ohne Folgen. Nicht nur Stress, Unzufriedenheit im Job oder der Wunsch nach einem Jobwechsel können sich dadurch breit machen, sondern auch psychosomatische Symptome lassen meist nicht lang auf sich warten. So können Hilflosigkeit, Selbstzweifel und Angst am Arbeitsplatz schnell zu Kopfschmerzen, Übelkeit oder Schlaflosigkeit führen.

 

Was tun, wenn man von Bossing betroffen ist?

Wie beim Mobbing unter Kolleg*innen hilft auch beim Bossing das Muster-Mobbingtagebuch der Arbeiterkammer, um das Ausmaß zunächst für sich selbst zu dokumentieren. Ob und inwiefern man den Arbeitgeber anspricht, sollte immer gut überlegt sein. Ab dem Entschluss könnten sich die Arbeitsbedingungen für dich zunächst durch tägliche Rechtfertigungen zusätzlich erschweren. Kein Grund nichts gegen die Bossing-Attacken zu unternehmen, aber dennoch: Du solltest dir sicher sein, dass die Vorfälle bereits in die Kategorie Bossing zählen und daraufhin frühzeitig das direkte Gespräch suchen. Starte in das Gespräch jedoch nicht nur mit Vorwürfen, sondern mit dem Ziel eines deeskalierenden Dialogs oder in Form eines vereinbarten Mitarbeitergesprächs.

Sollte das Gespräch nicht erfolgreich verlaufen sein, helfen dir nun vor allem Beweise, die die langfristige Systematik hinter dem Mobbing von oben darstellen: Fotos, E-Mails, Zeug*innen und deine Perspektive in Form des Mobbing-Tagebuchs. Insgesamt ist Unterstützung immer empfehlenswert – sei es in Form von möglichst sachlichen Gesprächen mit Kolleg*innen oder durch Kontakt zum Betriebsrat. Auch professionelle Hilfe durch Beratungsstellen oder Therapeut*innen sollte nie als Schwäche oder Versagen betrachtet werden. Der radikalste Weg ist und bleibt die richtige Kündigung deinerseits oder die interne Bewerbung um eine Versetzung, welche aber auch durch das Gefühl, „aufgegeben“ zu haben, reichweitende Effekte für die Psyche haben kann.

Um Konflikte im Job zu lösen kann es zudem sinnvoll sein, sich mit der jeweiligen Konfliktphase, der Konfliktart oder dem Konfliktlösungsmodell auseinanderzusetzen.

 

Was tun, wenn ein Kollege von Bossing betroffen ist?

Um den Mobbing-Teufelskreis zu durchbrechen, dürfen sich Betroffene einerseits nicht schämen und andererseits, nicht isolieren. Viele Bossing-Opfer verfallen aber genau in diese zwei Muster, weshalb direkte Unterstützung von Kolleg*innen für manche der einzige Lichtblick sein kann. Das gesamte Team trägt zum Betriebsklima bei und dazu gehörst auch du! Sorge also durch deine offene Art dafür, dass sich ein wertschätzender und rücksichtsvoller Umgang im Team etablieren kann. Erst durch eine empathische Unternehmenskultur können Mobbing und Bossing erst gar nicht zu Tabuthemen werden. Da du eventuell unter demselben Vorgesetzten arbeitest, stehst du einerseits unter Druck, hast aber andererseits auch Interesse an einem fairen Mitarbeiterumgang. Wer nicht eingreift, stimmt den Mobbing Strategien wortlos zu. Zeige dem Betroffenen, dass du die Mobbing-Attacken von oben auch wahrnimmst. Nur durch deine kollegiale Unterstützung ergreifen manche Betroffene erst die Initiative, um eine Vertrauensperson, externe Mediatoren, die HR-Abteilung o.ä. zu kontaktieren.

 

Die rechtliche Situation: Ist Bossing in Österreich strafbar?

Chefs, die ihre Macht im hierarchischen Arbeitssystem ausnutzen, leiden oft selbst an einem geringen Selbstbewusstsein und versuchen dies durch ihre Leitungsfunktion zu kompensieren. Rechtlich gilt allgemein in Österreich: das Unternehmen ist verpflichtet einzuschreiten! Bossing geht immer mit der Verletzung der unternehmerischen Fürsorgepflicht einher. Eine gesetzliche Definition von Mobbing – geschweige denn von Bossing – gibt es jedoch nicht. Bei ausreichend dokumentierten Bossing-Fällen haben Mitarbeiter*innen jedoch die Berechtigung, den vorzeitigen Austritt zu erklären. Der Anspruch auf Urlaubsersatzleistungen und auf Kündigungsentschädigung bleiben der/m Arbeitnehmer/in dabei. Auch der Anspruch auf Schadensersatz kann gestellt werden, wozu du dich jedoch vorab rechtlich beraten lassen solltest.

 

Bildnachweis: Westend61/Quelle: www.eyeem.com

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