Der 12-Stunden-Tag

Müssen wir jetzt alle wirklich mehr arbeiten?


28.08.2018

Nichts wurde in den Medien in den letzten Wochen so sehr diskutiert wie die Einführung des 12-Stunden-Tags. Wir informieren, was die Gesetzesänderung für dich als Arbeitnehmer bedeutet und weshalb die neuen Regelungen so umstritten sind.

Ab wann gilt das neue Arbeitszeitrecht?

Die Neuerungen des Arbeitszeitgesetzes (AZG) sowie des Arbeitsruhegesetzes (ARG) treten mit 1. September 2018 in Kraft.

 

Was ändert sich mit dem neuen Arbeitszeitrecht für mich als Arbeitnehmer?

1. Die gesetzlichen Höchstgrenzen der täglichen Arbeitszeit wurden angehoben:

Hierbei muss zunächst zwischen Normalarbeitszeit und höchstzulässiger Arbeitszeit unterschieden werden. Unter Normalarbeitszeit versteht man den Regelfall, also jene Zeit, die du vertraglich vereinbart tagtäglich arbeitest. Diese lag bei Vollzeitarbeit bisher bei 8 Stunden täglich bzw. 40 Stunden wöchentlich und auch im neuen Arbeitszeitrecht ändert sich daran nichts.

Unter der höchstzulässigen Arbeitszeit wird jene Zeit verstanden, die man maximal arbeiten darf, also wenn beispielsweise Überstunden notwendig sind. Bisher war es so, dass man maximal 10 Stunden pro Tag arbeiten durfte bzw. 50 Stunden pro Woche. Und genau diese gesetzlichen Höchstgrenzen wurden nun angehoben: auf 12 Stunden pro Tag bzw. 60 Stunden pro Woche.

Man konnte zwar in absoluten Ausnahmefällen (und wenn es dafür eine Betriebsvereinbarung im Unternehmen gab oder eine behördliche Genehmigung) bisher auch schon 12 Stunden arbeiten, aber was bisher reiner Ausnahmefall war, kann jetzt auch ohne Betriebsvereinbarung und ohne behördliche Genehmigung erfolgen und das nicht nur dann, wenn es sich um eine Ausnahmesituation handelt.

2. Die Regelungen bezüglich der Überstunden ändern sich:

Pro Woche sind künftig 20 Überstunden gesetzlich erlaubt. Neu ist, dass Überstunden ab der 10. Stunde täglich bzw. ab der 50. Stunde wöchentlich von Arbeitnehmern abgelehnt werden können. Klingt eigentlich ganz gut. In der Praxis ist das jedoch nicht immer so leicht. Zwar sieht das Gesetz vor, dass niemand benachteiligt werden darf, wenn er die 11. oder 12. Stunde pro Tag ablehnt, aber wie schwer ist es manchmal tatsächlich, einfach „nein“ zu sagen? Vor allem, wenn die Kollegen die Überstunden tatsächlich machen und man selbst der/die Einzige ist, der ablehnt.

Was sich bezüglich Überstunden auch ändert ist die Art der Abgeltung. Generell bekommt man für geleistete Überstunden einen Zuschlag von 50% oder – wenn es vom Unternehmen, dem Kollektivvertrag oder einer Betriebsvereinbarung so vorgesehen wird, auch die Möglichkeit, Überstunden durch Zeitausgleich abzugelten. Diese Regelungen bleiben auch mit dem neuen Arbeitszeitrecht so bestehen. Was jedoch neu ist: Jeder kann für die 11. und 12. Überstunde selbst entscheiden, ob er die Vergütung in Geld oder in Zeitausgleich haben möchte. Dies gilt allerdings wirklich nur für jene Überstunde, die ab der 10 Arbeitsstunde pro Tag anfallen. Für alle anderen Überstunden gelten die ursprünglich ausgehandelten Regelungen je nach Einzelvertrag, Betriebsvereinbarung oder Kollektivvertrag.

3. Im Tourismus wird die tägliche Ruhezeit verkürzt:

Besonders stark betroffen von den neuen Gesetzen ist die Tourismusbranche. Dort war es in Saisonbetrieben ohnehin durch den Kollektivvertrag bereits mit den alten Arbeitszeitregelungen möglich, die Ruhezeiten von elf auf acht Stunden pro Tag zu verkürzen. Allerdings nur für Vollzeitbeschäftigte in der Küche. Diese Ruhezeitverkürzungen werden nun durch das neue Arbeitszeitrecht ausgeweitet. Und zwar ist es künftig nicht auf Vollzeitbeschäftigte in der Küche beschränkt. Auch für Servicepersonal ist diese Verkürzung der Ruhezeit nun möglich, und es muss sich dabei nicht mehr um einen Saisonbetrieb handeln. Auch Teilzeitkräfte sind nun davon betroffen.

4. Für Wochenend- und Feiertagsruhe gibt es nun mehr Ausnahmen:

Bisher waren nur Ausnahmen von der Wochenend- und Feiertagsruhe möglich, wenn es dafür Regelungen im Kollektivvertrag gab, oder eine Verordnung bzw. ein Bescheid dies vorgesehen hat. Neu ist nun, dass bei einem erhöhten Arbeitsbedarf auch an Sonn- und Feiertagen gearbeitet werden darf, wenn es eine entsprechende Betriebsvereinbarung gibt. Wenn du im Unternehmen jedoch keinen Betriebsrat hast, der mit deinem Arbeitgeber eine solche Betriebsvereinbarung abschließt, ist jedoch auch eine schriftliche Einzelvereinbarung möglich. Natürlich steht es dir als Arbeitnehmer – ähnlich den Regelungen zur 11. und 12. Überstunde – frei, dies abzulehnen. Du darfst deshalb auch nicht im Unternehmen benachteiligt werden. Wie sich das jedoch in der Praxis nachweisen lässt, ist fraglich. Fest steht, dass ein gewisser Druck da ist, der Bitte des Arbeitgebers nachzukommen – vor allem, wenn Kollegen dazu bereit sind.

 

Der Weg zu weniger Arbeit und mehr Leben

Wenn du selbst dafür sorgen möchtest, dass in deinem Leben eine bessere Verteilung von Arbeit und Privatleben herrscht, damit du nicht irgendwann im Burnout landest, gibt es mehrere Möglichkeiten für eine ausgewogene Work-Life-Balance. Immer mehr Personen entscheiden sich dafür, auf einen Teil des Gehalts zu verzichten, um mehr Freizeit zu haben. Weniger Arbeit, mehr Leben – das ist das Ziel, das immer mehr Menschen verfolgen. Und es gibt Firmen, die dies auch ermöglichen. Wie es trotz neuem Gesetz möglich ist, genügend Freiräume für dein Privatleben zu schaffen:

  • Ein beliebter Trend ist das Downshifting, also die Reduktion der Arbeitszeit oder Eingrenzung der Arbeitsbelastung, um ein erfülltes und selbstbestimmteres Leben zu führen.
  • Mehr Zeit für dein Privatleben bieten Teilzeit-Regelungen oder die 30-Stunden-Woche, die immer häufiger von Arbeitnehmern angestrebt werden.
  • Vor allem, wenn lange Anfahrtszeiten große Zeitfresser sind, können Homeoffice-Vereinbarungen Abhilfe schaffen. Viele Firmen bieten beispielsweise die Möglichkeit an, einen Tag pro Woche aus dem Homeoffice zu arbeiten.
  • Und wenn all das nicht reicht, kann ein zeitliches Aus die Lösung sein. Wir informieren dich in unseren Artikeln über Sabbaticals und Bildungskarenz.

 

Bildnachweis: PeopleImages/Quelle: www.istockphoto.com

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