
Unternehmenskultur
Kultur ist, was den Unterschied macht: Eine gute Unternehmenskultur bringt zahlreiche Vorteile, nicht nur fürs Recruiting. Wenn dann in den kommenden Jahren die Suche nach Mitarbeiter*innen noch schwieriger und der Wettbewerb um die besten Talente noch härter werden, kommt dem Faktor Unternehmenskultur eine noch größere Bedeutung zu, als es heute schon der Fall ist.
Alle Informationen im Überblick
- Definition: Was versteht man unter Unternehmenskultur?
- Wettbewerbsvorteil Unternehmenskultur – was leistet eine gute Unternehmenskultur?
- Worin zeigt sich die Kultur eines Unternehmens?
- Unternehmenskultur & Arbeitgeberattraktivität
- Einfluss der Unternehmenskultur auf die Arbeitgeberattraktivität
- Was macht eine attraktive Unternehmenskultur aus?
- Unternehmenskultur – die wichtigsten 4 Modelle im Überblick
- 7-S-Modell von McKinsey
- Eisbergmodell von Edward T. Hall
- Unternehmenskultur nach Hofstede
- Unternehmenskultur nach Edgar Schein
- Unternehmenskultur & die Rolle von HR
- Unternehmenskultur im Recruiting
- Unternehmenskultur im Change Prozess
- Mitarbeiter*innen die Unternehmenskultur näherbringen
Definition: Was versteht man unter Unternehmenskultur?
Unter Unternehmenskultur oder Organisationskultur bzw. auf Englisch Corporate Culture versteht man ein System geteilter Werte, Denkmuster, Einstellungen, sozialer Normen, und Symbole innerhalb eines Unternehmens. Dieses System hat einen Einfluss darauf, wie seine Mitglieder handeln, Entscheidungen treffen und fühlen. An der Unternehmenskultur sieht man laut dieser Definition, wofür die Organisation steht und was ihr wichtig ist. Doch Kultur ist auch etwas, das man nicht erzwingen kann, sondern etwas, das sich über die Zeit entwickelt.
„Kultur kann nicht eingekauft, einfach oben draufgesetzt werden, sondern durchdringt alle Vorgänge in einer Organisation.“
(Bernd Schmid)
Wettbewerbsvorteil Unternehmenskultur – was leistet eine gute Unternehmenskultur?
Eine gute Unternehmenskultur ist die Basis für den Erfolg eines Unternehmens, für ein gutes Miteinander und für den Halt der Arbeitnehmer*innen. Dabei leistet eine gute Unternehmenskultur viele wichtige Aufgaben und bietet der Firma einige Wettbewerbsvorteile:
- Sie schafft ein gutes Arbeitsklima.
- Sie optimiert Kommunikationswege.
- Sie verringert Konfliktsituationen und hilft bei der Mediation.
- Sie verbessert die Arbeitgeberattraktivität und die Reputation.
- Sie sorgt für eine bessere Mitarbeiterbindung.
- Sie erhöht die Mitarbeitermotivation.
- Sie verbessert das Miteinander und die Kommunikationswege.
- Sie erhöht die Effizienz und Produktivität.
- Sie vereinfacht die strategische Ausrichtung des Unternehmens.
Worin zeigt sich die Kultur eines Unternehmens?
Man könnte die Unternehmenskultur mit dem Charakter eines Unternehmens vergleichen, den man in den unterschiedlichsten Situationen wahrnehmen kann:
- Verhalten im Unternehmen und Umgang untereinander: Wie ist der Umgang unter den Kolleg*innen, aber auch mit den Kund*innen und Lieferant*innen? Sind die Mitarbeiter*innen untereinander auch befreundet bzw. treffen sie sich auch privat? Wie arbeiten sie im Team zusammen? Wie laufen Begrüßungen und Verabschiedungen im Unternehmen ab? Wie laufen Konflikte ab und wie wird mit Unstimmigkeiten umgegangen?
- Arbeitsumgebung: Wie ist das Büro aufgebaut und eingerichtet? Wie sieht es mit den Lichtverhältnissen und dem Geräuschpegel aus? Wie steht es um die ergonomische Arbeitsplatzgestaltung? Werden Getränke, Obstkörbe oder andere Speisen zur Verfügung gestellt bzw. gibt es eine Kantine? Arbeiten die Mitarbeiter*innen in einem Einzelbüro oder handelt es sich um ein Großraumbüro? Ermöglicht die Bürogestaltung die Kommunikation untereinander?
- Kommunikation: Bedenken Sie: „Das Herzstück der Unternehmenskultur ist die Kommunikation zwischen den Menschen.“ (Fabrizio Perini). Wie laufen die offizielle bzw. die inoffizielle Kommunikation ab? Welche Kommunikationskanäle kommen innerhalb der Organisation zum Einsatz (E-Mail, Chats, persönliche Kommunikation, Meetings, Online-Meetings, etc.)? Wie viel wird von der Unternehmensleitung an die Mitarbeiter*innen kommuniziert? Welcher Umgangston herrscht im Unternehmen (sowohl auf derselben Ebene als auch entlang der Hierarchien)? Welche Gesprächsthemen dominieren in Meetings, in Pausen und zwischendurch? Wird gelästert oder gejammert?
- Führung: Wie ist das Verhältnis zwischen Vorgesetzten und Mitarbeiter*innen? Wie viel Vertrauen bringen sie sich gegenseitig entgegen? Wie viel Entscheidungsfreiheit und Eigenverantwortung haben die Mitarbeiter*innen? Wie steht es um die Machtverhältnisse innerhalb des Unternehmens? Wie gehen Führungskräfte mit ihren Mitarbeiter*innen um? Denken Sie immer daran: „Der Fisch stinkt stets vom Kopfe her“ – also nur wenn die Unternehmenskultur von der höchsten Hierarchieebene im Unternehmen gelebt wird, kann sie auch in der gesamten Organisation erfolgreich angenommen werden.
- Werte und Normen: Worauf wird im Unternehmen wertgelegt? Welche Werte stehen im Fokus (Innovation, Diversity, Anpassungsfähigkeit, Wertschätzung, Sinnstiftung, Nachhaltigkeit, etc.)? Wie wird im Unternehmen mit Fehlern umgegangen und wie steht es um die Risikobereitschaft?
- Organisationsstruktur: Gibt es steile oder flache Hierarchien im Unternehmen? Gibt es Teamstrukturen und wenn ja welche? Werden zudem auch zeitlich begrenzte Projektteams gebildet? Wie viel Selbstorganisation wird den Mitarbeiter*innen zugesprochen? Wird Gleichberechtigung gelebt? Wie steht es um die Arbeitsbedingungen?
Unternehmenskultur & Arbeitgeberattraktivität
Einfluss der Unternehmenskultur auf die Arbeitgeberattraktivität
Wie wirkt sich die Unternehmenskultur auf die Arbeitgeberattraktivität aus? Eine Antwort darauf liefert die aktuelle Studie „Attracting Talent 2024: Was Arbeitskräfte heute wirklich wollen“ von The Stepstone Group in Kooperation mit dem Kienbaum Institut @ ISM für Leadership & Transformation. Darin werden die Bedürfnisse der Beschäftigten anhand der Maslowschen Bedürfnispyramide genauer betrachtet, indem zwischen dem 23. Januar und dem 1. Februar 2024 über 8.400 Antworten im Rahmen einer Online-Befragung in Deutschland gesammelt wurden.
Beim Ranking der wichtigsten Arbeitsplatzfaktoren ist die Unternehmenskultur über die Altersgruppen hinweg bei allen Befragten mindestens unter den Top 6 Faktoren vertreten. Die folgende Grafik zeigt das Ranking der Top 10 Arbeitsplatzfaktoren bei den wechselwilligen Arbeitnehmer*innen, also jenen, die bereit wären, ihren Job zu wechseln:
Auffällig dabei ist, dass die Bedeutung der Unternehmenskultur mit zunehmendem Alter ansteigt und von Platz 6 bei den 20- bis 39-Jährigen bis hin zu Platz 3 bei den 50- bis 59-Jährigen und sogar auf Platz 2 bei den Arbeitnehmer*innen über 60 Jahren rutscht.
Daher ist es vor allem in Zeiten des Fachkräftemangels von sehr großer Bedeutung, kontinuierlich an der Unternehmenskultur zu arbeiten und diese zu verbessern. Denn eine gute Unternehmenskultur stärkt auch das Employer Branding und das ist im Wettstreit um die besten Talente ein wichtiges Kriterium, um sich von der Konkurrenz abzuheben.
Was macht eine attraktive Unternehmenskultur aus?
Auch die Antwort auf die Frage, was eine attraktive Unternehmenskultur ausmacht, wird in der bereits erwähnten Studie „Attracting Talent 2024“ beantwortet. In der Studie sind im Zuge einer Online-Befragung über 8.400 Antworten eingegangen. Die Befragten lassen sich in drei Gruppen unterteilen: (1) Attraktivität – Jobsuchende, die 2024 ihren Job wechseln wollen, (2) Bindung – Angestellte, die 2024 bei ihrem Arbeitgeber bleiben möchten, und (3) Praxis – Recruiter*innen, die die Bedürfnisse von Jobsuchenden einschätzen.
In Bezug auf die Unternehmenskultur hat die Studie ergeben, dass sich eine attraktive Unternehmenskultur nicht an einem einzigen Aspekt festmachen lässt. Vielmehr ist es eine Kombination aus unterschiedlichen Faktoren, allen voran Fairness und Gleichberechtigung, flache Hierarchien, die Förderung einer Wissens- und Lernkultur sowie die Zusammengehörigkeit und eine Innovationskultur.
Besonders spannend ist hierbei, dass die Gleichberechtigung vor allem in der Gruppe der Mitarbeitergewinnung (Gruppe (1) Attraktivität – Jobsuchende, die 2024 ihren Job wechseln möchten) besonders stark ins Gewicht fällt.
Unternehmenskultur – die wichtigsten 4 Modelle im Überblick
Die Unternehmenskultur ist ein Thema, das bereits seit vielen Jahrzehnten im Mittelpunkt der Forschung steht. Demnach wurden auch zahlreiche Modelle zur Unternehmenskultur entwickelt, um diese besser zu verstehen und bei Bedarf auch zu optimieren. Im Folgenden Stellen wir Ihnen die bekanntesten vier Modelle vor:
7-S-Modell von McKinsey
Bei diesem Modell stehen 7 Faktoren im Fokus, die für den Unternehmenserfolg ausschlaggebend sind. Darunter fallen drei „harte“ Faktoren (Strategy, Structure, Systems) und vier „weiche“ Faktoren (Shared Values, Skills, Staff, Style). Während die „harten“ Faktoren greifbar und auch nachvollziehbar sind in Form von Aufbau- und Ablauforganisation, Plänen, Dokumentationen und Strategien, sind die „weichen“ Faktoren nicht greifbar, da es sich hier um Werte, Arbeitsweisen und Fähigkeiten handelt, die sich auch ständig ändern können. All diese Faktoren beeinflussen sich gegenseitig. Es sind jedoch die „weichen“ Faktoren, die einen stärkeren Einfluss auf die Unternehmenskultur haben. Der Erfolg eines Unternehmens hängt davon ab, ob es eine Balance zwischen diesen Faktoren gibt bzw. ob sich das Unternehmen der weichen Faktoren bewusst ist und diese internalisiert.
Eisbergmodell von Edward T. Hall
Das bekannte Eisbergmodell arbeitet mit zwei Ebnen: der sichtbaren und der unsichtbaren. Oberhalb der Wasseroberfläche sieht man die Spitze des Eisberges, also die strategischen und operativen Ziele, das Leitbild, die Vision und Mission, Regeln, Außenwirkung und Organisation des Unternehmens. Der größere Teil liegt jedoch unterhalb der Oberfläche und ist unsichtbar. Darunter fallen Werte, Emotionen, Motive, Bedürfnisse, Führungsverhalten, Zusammenarbeit, Annahmen, Beziehungen, Einstellungen und Denkrichtungen, versteckte Regeln und zugrundeliegende Annahmen. Nur wenn ein Unternehmen auch diese unsichtbaren Elemente in ihrer Strategie berücksichtigt, kann es die Kultur aktiv mitgestalten und erfolgsgerichtet optimieren.
Unternehmenskultur nach Hofstede
Hofstede spricht bei Kultur von einer „Software des Gehirns“, worunter er eine gemeinschaftliche Programmierung, also ein kollektives Phänomen versteht. Für Kultur verwendet er das Bild einer Zwiebel, das aus vier Schichten besteht: Werte (nicht direkt erfassbar entfalten sie ihre Wirkung unbewusst in den verankerten normen und manifestieren sich in den Praktiken der Gemeinschaft), Rituale (gemeinsame Aktivitäten der Organisationsmitglieder, die soziale Bindungen fördern), Helden (besondere Personen der Organisationen, die auf Grund ihrer Fähigkeiten oder einem besonderen Ereignis geschätzt und anerkannt werden) und Symbole (bestimmte Gesten, Objekte, Bilder, Wortkombinationen, die für die Organisationsmitglieder einen tieferen Sinn ergeben).
Unternehmenskultur nach Edgar Schein
Das 3-Ebenen-Modell von Edgar Schein ist die Grundstruktur vieler weiterer Modelle und kann daher als eine Art Vorreiter in Bezug auf Unternehmenskulturmodelle gesehen werden. Zu den drei Ebenen zählen 1) Grundannahmen (unbewusst und unsichtbar, hierbei handelt es sich um die unterste Ebene und diese bezieht sich auf die Umwelt, das Handeln, zwischenmenschliche Beziehungen und das Verständnis von Zeit und Wahrheit), 2) Werte und Normen (teilweise sichtbar, teilweise unbewusst, hierbei handelt es sich um Verhaltensstandards und Verhaltensrichtlinien, Gebote und Verbote) und 3) Artefakte (sichtbar, aber interpretationsbedürftig, das Symbolsystem, da sich aus Verhaltensmustern und sichtbaren Artefakten zusammensetzt).
Unternehmenskultur & die Rolle von HR
Im HR sind vor allem die Bereiche Recruiting und Change Management eng mit der Unternehmenskultur verknüpft und weiters kann die Personalabteilung den Mitarbeitenden auch die Unternehmenskultur näherbringen:
Unternehmenskultur im Recruiting
Die wohl wichtigste Rolle der Personalabteilung für die Unternehmenskultur liegt im Recruiting. Denn bereits bei der Auswahl neuer Mitarbeiter*innen sollte darauf geachtet werden, dass diese in das bestehende System und die Unternehmenskultur passen, dass sozusagen ein Cultural Fit herrscht. Darunter versteht man, wenn eine Person hinsichtlich ihrer Werte, Normen, Kultur und Ziele zur Organisation passt und sich demnach dort auch gut einfinden kann, weil sich diese Werte decken. Die perfekte Stellenanzeige sollte daher so aufgebaut werden, dass die Unternehmenskultur bereits darin transportiert wird und sich dadurch auch nur jene Bewerber*innen angesprochen fühlen, die diese auch teilen. Dafür ist es wichtig, gute Botschaften zu transportieren, die Unternehmenswerte zu präsentieren und beispielsweise durch Bilder erste Einblicke in die Unternehmenskultur zu gewähren. Besonders gut gelingt dies auch, wenn bestehende Mitarbeiter*innen zu Wort kommen, durch Zitate, idealerweise Videos oder sogar über Corporate Influencer. Denn niemand kann authentischere Insights in das Unternehmen und seine Kultur liefern als jene Personen, die dort tagtäglich arbeiten und ihre Zeit verbringen.
Unternehmenskultur im Change Prozess
Der HR-Abteilung eines Unternehmens kommen im Change Prozess einige Aufgaben zu, da sie den Prozess häufig steuern und beispielsweise Rücksprache mit den Mitarbeiter*innen halten und fürs Teambuilding zuständig sind, Workshops organisieren und auch für den notwendigen Wissensaustausch sorgen. Vor allem in Zeiten, wo nichts so sicher ist wie der Wandel, muss sich auch die Unternehmenskultur läufig anpassen. Die Personalabteilung muss Veränderungen frühzeitig erkennen und darauf reagieren.
Mitarbeiter*innen die Unternehmenskultur näherbringen
Die HR-Abteilung kann ein gutes Vorbild für die eigene Unternehmenskultur sein. Darüber hinaus kann sie diese aber auch den Mitarbeiter*innen näherbringen indem sie eine Strategie verfolgt, die Schulungen organisiert, vor allem für Führungskräfte, die Weiterbildungen fördert und auch Entscheidungen des Managements möglichst zeitnah kommuniziert. Auch Teamentwicklungsmaßnahmen und Events sowie ein gewisser Wissensaustausch durch interne Veröffentlichung und Zurverfügungstellen von Informationen zählen dazu.
Autorin: Beatrix Mittermann
Bildnachweis: istock/pixelfit