Interkulturelle Kompetenz

Die Schlüsselkompetenz im 21. Jahrhundert


08.09.2023

In der Arbeit mit internationalen Kund*innen sowie in multikulturellen und diversen Teams ist interkulturelle Kompetenz entscheidend. Doch was macht sie aus und wie erwirbt man sie? Wir bieten einen Überblick und Tipps dazu, wie man sie erwerben und bei Bewerbungen nachweisen kann.

Inhaltsverzeichnis

Definition: Was ist interkulturelle Kompetenz?
Warum ist interkulturelle Kompetenz so wichtig?
Interkulturelle Kompetenz Modelle
Listenmodelle
Strukturmodelle
Prozessmodelle
Phasenmodelle
Welche interkulturellen Kompetenzen gibt es?
Beispiele für interkulturelle Kompetenz
Bewerbung: Interkulturelle Kompetenzen belegen
Interkulturelle Kompetenz im Lebenslauf
Interkulturelle Kompetenz im Bewerbungsschreiben und Motivationsschreiben
Interkulturelle Kompetenz im Bewerbungsgespräch
Interkulturelle Kompetenz am Arbeitsplatz
Interkulturelle Kompetenzentwicklung
Schlüsselkompetenz – was macht interkulturelle Kompetenz so relevant?

 

Definition: Was ist interkulturelle Kompetenz?

In unserer international immer stärker vernetzten Arbeitswelt müssen wir mit unterschiedlichsten Menschen zusammenarbeiten, sowohl in unseren eigenen Teams als auch mit Kund*innen aus unterschiedlichen Sprach- und Kulturräumen. Über Sprachkenntnisse hinaus benötigst du dafür auch interkulturelle Kompetenz.

Interkulturelle Kompetenz bedeutet, mit Menschen aus anderen Kulturen respektvoll und effektiv kommunizieren zu können, sich der Unterschiede zwischen Kulturen bewusst zu sein und diese zu respektieren. Diese Fähigkeiten tragen dazu bei, Missverständnissen vorzubeugen und Konflikte zu lösen.

Neben kulturellem Wissen und Sprachkenntnissen gilt es, dafür auch spezifische kommunikative Fähigkeiten zu erwerben. Über Sprache und Herkunft hinaus müssen in der Kommunikation und Zusammenarbeit auch Faktoren wie Geschlecht, Alter und Bildungsgrad berücksichtigt werden.

 

Warum ist interkulturelle Kompetenz so wichtig?

Um sich kultureller Unterschiede, möglicher Kommunikationsbarrieren, Missverständnisse und Konflikte bewusst zu werden und diese sichtbar zu machen, lohnt es sich, interkulturelle Kompetenz zu lernen. Zudem fördert sie Respekt und Toleranz anderen Kulturen gegenüber. Als Social Skill in internationalen Teams, besonders auch in Settings wie Remote Work, wird interkulturelle Kompetenz in den nächsten Jahren immer wichtiger werden. Daher wird sie in Bewerbungsprozessen im Rahmen der Soft Skills mitberücksichtigt. Somit erhöht das Erlernen von interkultureller Kompetenz die beruflichen Chancen, gerade auch in internationalen Branchen.

 

Interkulturelle Kompetenz Modelle

Für die Beschreibung von interkultureller Kompetenz gibt es unterschiedliche Modelle, um die komplexen Zusammenhänge zu erfassen:

 

Listenmodelle

Bei diesem unhierarchischen Zugang handelt es sich um eine einfache Auflistung aller notwendigen Kompetenzen oder Teilaspekte. Aufgelistet werden etwa Respekt, Kommunikationsfähigkeiten, Empathie, Toleranz, Flexibilität, Lernbereitschaft und Anpassungsfähigkeit.

 

Strukturmodelle

Diese sind in drei Säulen aufgebaut, aus denen sich interkulturelle Kompetenzen zusammensetzen, üblicherweise folgende:

  1. Emotionen oder affektive Komponente: Empathie, Toleranz, Akzeptanz, Harmoniebedürfnis, Neugier, usw.
  2. Wissen oder kognitive Komponente: Sprachen, Landeskunde, Bewusstsein über kulturelle Unterschiede, Wissen über Migration und Integration
  3. Verhalten oder behaviorale Komponente: Kommunikationsfähigkeiten, Fähigkeiten zum Beziehungsaufbau, guter Umgang mit Stress

 

Prozessmodelle

Bei diesen werden die Wechselwirkungen zwischen den drei genannten Säulen bzw. Aspekten aufgezeigt, beispielsweise erweitert Sprachwissen die Kommunikationsfähigkeiten und Empathie erleichtert die Stressbewältigung. Zudem heben diese Modelle neben Soft Skills auch methodische und fachliche Teilkompetenzen hervor.

 

Phasenmodelle

Diese stellen den individuellen und situativ angepassten Entwicklungsprozess dar. Dabei werden verschiedene Phasen durchlaufen: Ethnozentrismus, Bewusstwerdung, Verständnis, Anerkennung, Wertschätzung, selektive Annahme und als letzte Phase Assimilation bzw. Adaption oder Bi- bzw. Multikulturalismus.

Am Beginn, in der Phase des Ethnozentrismus, wird noch die eigene Kultur in den Fokus gerückt. Die Assimilation ersetzt die ursprüngliche Kultur, Adaption dagegen enthält eine gewisse Verbundenheit mit der Heimat.

Bikulturalismus und Multikulturalismus bedeuten eine tiefgreifendere Auseinandersetzung und ein komplexeres Selbstbild. Wird der Prozess dagegen als ein Ankommen in einer anderen Kultur verstanden, werden die Phasen meist folgendermaßen benannt: Verleugnung, Abwehr, Bagatellisierung, Annahme, Anpassung, Eingliederung.

 

Welche interkulturellen Kompetenzen gibt es?

Interkulturelle Kompetenzen umfassen eine ganze Reihe von sozialen Kompetenzen sowie das Wissen über andere Sprachen und Kulturen. Am häufigsten werden als zentrale interkulturelle Kompetenzen genannt:

  • Kulturelles Bewusstsein und Sensibilität: eigene kulturelle Werte, Normen und Vorurteile kennen und verstehen, wie Wahrnehmung und Verhalten beeinflusst werden
  • Kommunikationsfähigkeiten: effektiv und verständnisvoll mit Menschen anderer Kulturen kommunizieren können
  • Anpassungsfähigkeit: sich auf Reisen ebenso wie in beruflichen Kontexten an unterschiedliche kulturelle Gegebenheiten anpassen können
  • Konfliktlösung: Konflikte erkennen, Ursachen benennen können und schlussendlich diplomatisch lösen
  • Empathie: sich in andere hineinversetzen können und ihre Position, Probleme und Gefühle nachvollziehen können
  • Flexibilität: Bereitschaft, sich an unterschiedliche und vor allem auch neue Situationen anzupassen und Offenheit anderen gegenüber zu zeigen
  • Respekt und Toleranz: Wertschätzung für andere Kulturen und Werte
  • Selbstreflexion: eigene kulturelle Prägung hinterfragen und dadurch auch die eigenen Kompetenzen weiterentwickeln können

 

Beispiele für interkulturelle Kompetenz

Interkulturelle Kompetenz kannst du in unterschiedlichen sozialen Situationen beweisen, hier ein paar klassische Beispiele:

 

Begrüßung

Wie begrüßt man einander in formellen Situationen? In Russland beispielsweise begrüßen Männer einander per Händedruck, Frauen werden von ihnen dagegen verbal oder durch Kopfnicken begrüßt. In den USA ist Körperkontakt wie ein Händedruck generell unüblich, hier begrüßt man sich eher durch Lächeln und Nicken.

In den arabischen Ländern wie beispielsweise den Vereinigten Arabischen Emiraten ist Körperkontakt zwischen den Geschlechtern ebenso unerwünscht, hier dominieren ebenso Lächeln und Nicken. In China wiederum ist eine leichte Verbeugung üblich.

 

Geschäftsessen

Wie verhält man sich bei einem Geschäftsessen richtig? In muslimisch geprägten Ländern wie den Vereinigten Arabischen Emiraten wird weder Alkohol noch Schweinefleisch serviert. Auch in den USA ist es im Arbeitskontext verpönt, tagsüber Alkohol zu konsumieren.

In Russland dagegen werden die verbindende Rolle von Trinken sowie Trinksprüche geschätzt. Auch in China ist Alkoholkonsum in geschäftlichen Zusammenhängen üblicher, man schenkt sich dabei allerdings nie selbst, sondern dem*der Tischnachbarn*in ein.

 

Trinkgeld

Aufgrund der niedrigen Löhne sind in den USA 15 bis 20 Prozent Trinkgeld üblich, in Russland normalerweise 5 bis maximal 10 Prozent, in den Vereinigten Arabischen Emiraten dagegen maximal 10 Prozent. In China allerdings hat Trinkgeld kaum Tradition, außerhalb der Touristenzentren wird es sogar als beleidigend empfunden, wenn Trinkgeld gegeben wird.

 

Smalltalk

Welche Themen sind erlaubt, welche sind tabu? In den USA nimmt Smalltalk zwar eine wichtige Rolle ein, aber die Themen Religion, Sex und Politik sind tabu. Wichtig ist es, hervorzuheben und zu loben, vor allem fachliche Leistungen. In China hingegen sind Familie und Gehalt beliebte Themen für Smalltalk. In Russland wiederum ist Bildung allgemein sehr wichtig, weshalb klassische Musik, Kultur, Geschichte, etc. beliebte Smalltalk-Themen sind; Politik ist allerdings auch hier tabu.

 

Sitten & Bräuche

Wer über die größeren kulturellen Zusammenhänge Bescheid weiß, findet sich natürlich auch in diversen sozialen Situationen leichter zurecht. Ein paar Beispiele, was in dieser Hinsicht wissenswert sein kann: In Russland ist am Land Aberglauben in Bezug auf Glücks- und Unglückszahlen und -farben noch weit verbreitet. In den gebildeten Schichten Moskaus und St. Petersburgs trifft man das aber kaum an.

In China ist es wichtig, Bescheidenheit zum Ausdruck zu bringen, wozu etwa auch gehört, dass man den Wert und die Bedeutung von Geschenken (auch Gastgeschenken) herunterspielt. Im Unterschied zu vielen anderen Ländern gilt in den USA Scheitern nicht als Schande, sondern gehört zum Arbeitsleben und Unternehmertum selbstverständlich dazu und wird als Chance gesehen, um Neues zu lernen und von vorn anzufangen.

 

Direktheit

Wie direkt darf ich kommunizieren? In den USA wird sehr offen und direkt kommuniziert, jedoch liegt der Fokus auf positiven Aspekten und Lob. In China ist Vorsicht geboten, als ungern negative Antworten gegeben werden, da diese einen Gesichtsverlust bedeuten würden – daher sind Zusagen mit Vorsicht zu genießen.

Auch in den Vereinigten Arabischen Emiraten ist eine indirekte und sehr diplomatische Kommunikation üblich. Negative Aspekte oder Einwände werden gern weggelassen, was die Geschäftskommunikation zum Teil erschweren kann.

 

Bewerbung: Interkulturelle Kompetenzen belegen

Interkulturelle Kompetenz im Lebenslauf

Im Lebenslauf solltest du unbedingt deine Fremdsprachenkenntnisse anführen und auch das jeweilige Sprachniveau dazu nennen sowie längere Auslandsaufenthalte wie ein Gap Year oder ein Sabbatical anführen und auch kurz beschreiben bzw. begründen. Achte dabei darauf, welche Sprachkenntnisse in der Stellenausschreibung gefordert sind und überlege auch, ob du darüber hinaus noch auf andere Weise interkulturelle Kompetenz belegen kannst.

Die interessantesten Stellenanzeigen zu Jobs, in denen interkulturelle Kompetenz gefordert wird, findest du übrigens auf stepstone.at.

 

Interkulturelle Kompetenz im Bewerbungsschreiben und Motivationsschreiben

Hier lässt sich gut mit Beispielen belegen, was im Lebenslauf schon angeführt ist, etwa mit Formulierungen wie „Dank meiner hervorragenden X konnte ich während meines Auslandsaufenthaltes in …“, „Da es mir leichtfällt, mich in einem neuen Umfeld zurechtzufinden, konnte ich während eines Auslandsaufenthalts in …“, „Während meines Sabbaticals konnte ich meine Sprachkenntnisse vertiefen, sodass ich nun verhandlungssicher …“

 

Interkulturelle Kompetenz im Bewerbungsgespräch

Gerade bei international ausgerichteten Stellen, bei internationalen Teams oder generell bei Stellen, für die Fremdsprachen zentral sein können, solltest du auch damit rechnen, im Vorstellungsgespräch in einer Fremdsprache angesprochen zu werden. Du solltest dir zuvor schon Beispiele und Anekdoten überlegen, um deine interkulturelle Kompetenz zu beweisen. Gerade bei Assessment-Centern solltest du damit rechnen, dass du in beispielhaften Rollenspielen deine Kompetenzen unter Beweis stellen musst.

 

Interkulturelle Kompetenz am Arbeitsplatz

Interkulturelle Kompetenz in Unternehmen

Sie ist wichtig für die interne Kommunikation in divers zusammengesetzten Teams und um unterschiedliche Kund*innen ansprechen zu können. Auch in der flexibilisierten Arbeitswelt, in der Zusammenarbeit über Remote Work etc. wird es immer wichtiger, über interkulturelle Kompetenz zu verfügen.

 

Interkulturelle Kompetenz in Schulen

Hier wird der Grundstein für interkulturelle Kompetenzen durch Fremdsprachenerwerb, Landeskunde und mögliche Auslandserfahrungen wie Sprachreisen, Schüleraustausch und internationale Begegnungen gelegt.

 

Interkulturelle Kompetenz in der sozialen Arbeit/ Beratung

Interkulturelle Mitarbeiter*innen sind wichtig, um Fehlwahrnehmungen, Falscheinschätzungen, Fehldiagnosen etc. zu vermeiden und Personen aus unterschiedlichen Kulturkreisen wertschätzend und respektvoll begegnen zu können.

 

Interkulturelle Kompetenz in der Pflege

Sie ist wichtig für Verständnis, Respekt und Toleranz in der Arbeit mit ganz unterschiedlichen Personen. Auch für die Teamarbeit und für Vorgesetzte ist es wichtig, über interkulturelle Kompetenz zu verfügen. Durch gezielte Trainings und Ausbildungen können Mitarbeiter*innen in der Pflege Sicherheit im Umgang mit ganz unterschiedlichen Klient*innen gewinnen.

 

Interkulturelle Kompetenz in der Verwaltung

Auch hier sind Schulungen für eine Sensibilisierung und Erhöhung der Toleranz zielführend, wenn man etwa an die Problematik der Kommunikation von Migrant*innen mit Behörden denkt.

 

Interkulturelle Kompetenzentwicklung

Um interkulturelle Kompetenzen gezielt zu schulen und weiterzuentwickeln, gibt es einige Möglichkeiten. Grundlegend ist, Fremdsprachen zu lernen und Auslandserfahrungen zu sammeln, auch gezielte Trainings und Workshops zum Thema sind hilfreich. Was darüber hinaus noch helfen kann und jede*r in seiner Arbeit umsetzen kann:

  • Bewusstsein über die eigene Kultur und ihre Eigenheiten entwickeln – das macht offen und schärft den Blick für Unterschiede
  • Teamarbeit und neue herausfordernde Arbeitssituationen suchen, in denen man mit unterschiedlichsten Personen zusammenarbeiten muss
  • Aus Fehlern lernen und bereit sein, es in Zukunft besser zu machen, kompetenter und geduldiger zu agieren

 

Schlüsselkompetenz – was macht interkulturelle Kompetenz so relevant?

Interkulturelle Kompetenz setzt sich schlussendlich aus mehreren Schlüsselkompetenzen zusammen und ist daher für ein flexibles, zukunftsorientiertes Arbeiten hochrelevant. Sie unterstützt einerseits in der Weiterentwicklung der Karriere, andererseits empfinden viele Personen auch das Kennenlernen von Neuem, das Weiterentwickeln der eigenen sozialen Fertigkeiten und die Verbesserung etwa von Sprachkenntnissen als persönlich bereichernd.

 

Bildnachweis: DC_Studio /Quelle: eyeem.com

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