
Mut im Recruiting
Vor welchen Hürden steht HR heute und welche Lösungsansätze gibt es, wie mutig sind sie, diese zu überwinden? Diesen Fragen hat sich Stepstone gestellt und im Juli gemeinsam mit Business Upper Austria 100 HR-Verantwortliche und Entscheidungsträger*innen aus Oberösterreichs HR befragt. Wie schätzen sie ihren Mut ein, wo sehen sie die größten Herausforderungen und Hürden und wie gehen sie damit um?
- Die Themen, die am meisten Mut erfordern
- Verschiedene Sichtweisen von KMUs & großen Unternehmen
- Was sind die größten Hindernisse?
- Die Proaktiven, die Experten und die Wertgeschätzten – 3 Typen von HR
- Die proaktive HR
- Die Experten-HR
- Die wertgeschätzte HR
- Wie mutig schätzt sich HR in Oberösterreich ein?
- Wie steht es um die strategische Relevanz von HR?
- Ressourcenknappheit ist größtes Hindernis
- Wer wurde im Rahmen der Studie befragt und wie wurde sie durchgeführt?
Die Themen, die am meisten Mut erfordern
Als die fünf wichtigsten Themen, die von den Verantwortlichen den meisten Mut erfordern, kristallisierten sich in der Befragung folgende heraus:
- New Work etablieren: Wie lassen sich flexibles Arbeiten und eine zeitgemäße Führungskultur im Unternehmen umsetzen?
- HR digitalisieren: Wie lassen sich Prozesse und Abläufe so umstrukturieren, dass etwa effizientes digitales Recruiting möglich ist?
- Arbeitgebermarke (weiter)entwickeln: Wie wollen wir uns nach außen zeigen, wie gelingt ein Employer Branding, das die richtige Zielgruppe anspricht?
- Gen Z gewinnen und halten: Die Generation Z bietet Unternehmen die Chance, zukunftsfit zu werden – sofern es gelingt, sie an sich zu binden und ihre Stärken zu nutzen.
- KI-Anwendungen einführen: Wie lassen sich durch KI-Skills Routinetätigkeiten auslagern und neue Abläufe und Prozesse entwickeln? Welche Herausforderungen und Chancen bringt das für die Belegschaft?
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Verschiedene Sichtweisen von KMUs & großen Unternehmen
KI wird die Arbeitswelt disruptieren, aber die oberösterreichischen KMU sehen diese eher als zweitrangig an – für ihre HR-Teams sind New Work, Employer Branding und Gen Z Recruiting die wichtigsten Themen. Große Unternehmen und Konzerne (ab 250 Mitarbeitenden) hingegen erkennen die Bedeutung der Digitalisierung ihrer HR-Prozesse als das größte Thema an, die Einführung von KI steht auf Platz zwei, erst dahinter reihen sie New Work. Deutlich unterscheiden sich die KMUs und großen Unternehmen auch in ihrer Betrachtung der Um- und Weiterqualifizierung von Mitarbeiter*innen: bei KMUs steht sie auf Rang 4, bei großen Unternehmen dagegen ist sie kein Thema, das besonderen Mut erfordert (und wird an 7. Stelle gereiht). Dafür fokussieren große Unternehmen stärker als KMU auf Randzielgruppen (Menschen mit Beeinträchtigung, berufstätige Mütter, 50+).
Was sind die größten Hindernisse?
Das größte Hindernis für Oberösterreichs HR-Teams sind für 30 Prozent der Befragten zu knappe Ressourcen. In immerhin jedem fünften Unternehmen ist ein Hindernis, dass Initiativen auf Widerstände bei der Belegschaft stoßen. Gleichauf, bei 13 Prozent, liegen bei den genannten Hindernissen „Widerstände bei der Unternehmensführung“ sowie „ein fehlender Status im Unternehmen, um solche Themen zu etablieren“.
Die Proaktiven, die Experten und die Wertgeschätzten – 3 Typen von HR
Im Rahmen der Studie schätzten die Teilnehmer*innen auch ihre Rolle im Unternehmen ein, die meisten ordneten sich dabei der „wertgeschätzten HR“ zu (41 %). Was macht die drei Typen von HR aus und wie unterscheiden sie sich?
Die proaktive HR
HR-Teams und deren Mitglieder, die sich selbst als proaktiv und reflexiv beschreiben, setzen im Unternehmen proaktiv Akzente durch neue Ideen und Initiativen, hinterfragen in regelmäßigen Abständen die Praktiken und Prozesse im Unternehmen und scheuen Konflikte nicht. Sie setzen als wichtigste Prioritäten das Etablieren von New Work, die (Weiter)entwicklung der Arbeitgebermarke und das Gewinnen und Halten der Generation Z. Sie heben sich vom Durchschnitt ab, denn sie haben weniger Probleme mit Widerständen bei der Belegschaft (12 % statt 20 %) und auch deutlich seltener das Problem, dass ihnen der nötige Status im Unternehmen fehlt, solche Themen zu etablieren (8 % statt 12,5 %). Außerdem haben sie offenbar mehr Ressourcen zur Verfügung (nur 23 % beklagen, die Ressourcen seien zu knapp statt 30 %).
Die Personen in diesen Teams selbst fühlen sich überdurchschnittlich sicher dabei, neue und unbekannte Situationen zu meistern (62 % stimmen zu, 38 % stimmen eher zu), sind bereit, Risiken einzugehen, um ihre Ziele zu erreichen (65 % stimmen zu, 35 % stimmen eher zu) und sind mutig im Umgang mit Konflikten und schwierigen Situationen (62 % stimmen zu, 35 % stimmen eher zu).
Die Experten-HR
HR-Teams (bzw. Personen) mit hoher Expertise in Digitalisierung, Arbeitsrecht und Organisationsentwicklung setzen dieselben Top-Prioritäten, die Mut erfordern, wie die proaktive HR. Beim Umsetzen dieser sehen sie sich aber mit denselben Problemen konfrontiert wie der Durchschnitt, d.h., die Ressourcen sind zu knapp, es gibt Widerstände bei der Belegschaft und es fehlt ihnen der nötige Status im Unternehmen. Die Personen in diesen Teams selbst sind unsicherer dabei, neue und unbekannte Situationen zu meistern, aber schon eher bereit Risiken einzugehen (38 % stimmen zu, 55 % eher und 6 % eher nicht), als mutig im Umgang mit Konflikten und schwierigen Situationen würden sich hier immerhin 40 Prozent von ihnen beschreiben.
Die wertgeschätzte HR
HR-Teams (bzw. Personen), die einen hohen Stellenwert im Unternehmen genießen, in Planungsprozesse einbezogen werden und von der Geschäftsführung als bedeutend für den Unternehmenserfolg erachtet werden, haben andere Top-Prioritäten, die Mut erfordern, denn nach der Etablierung von New Work nennen sie die Einführung von KI-Anwendungen und die Digitalisierung von HR-Prozessen Sie erleben deutlich weniger Widerstand bei der Unternehmensführung (5,8 % statt 12,5 %), aber dafür etwas mehr Widerstand in der Belegschaft (21,2 %). Die Themen KI und Digitalisierung sind für sie besonders herausfordernd: Dafür fehlt ihnen aktuell (noch) das nötige Know-how/die Expertise für die Umsetzung. (17,3 % statt 11,25 %). Am nötigen Status im Unternehmen mangelt es dafür allerdings nicht (7,7 % statt 12,5 %).
Wie mutig schätzt sich HR in Oberösterreich ein?
Im Allgemeinen schätzen sich Oberösterreichs HR-Mitarbeiter*innen und -Entscheider*innen als mutig ein, denn sie sehen sich als proaktive Ideengeber (94 % Zustimmung, 58 % davon sehr) und scheuen keine Konflikte (90 % Zustimmung, 48 % davon sehr). Sie hinterfragen in regelmäßigen Abständen die Praktiken und Prozesse im Unternehmen (82 % Zustimmung, 38 % davon sehr). Am konfliktbereitesten, proaktivsten und auch reflektiertesten sind kleine HR-Teams bis 5 Personen – je größer, desto passiver die Rolle im Unternehmen. Expertise hat Oberösterreichs HR im Arbeitsrecht (mehr als 50% stimmen zu), in den HR-Abteilungen fehlt allerdings die nötige Expertise in Sachen Digitalisierung (33 % geben an, nicht über diese Expertise zu verfügen, nur 13 % fühlen sich fit in Sachen Digitalisierung).
Wie steht es um die strategische Relevanz von HR?
Je kleiner das Unternehmen, desto eher wird HR in Planungsprozesse auf höchster Ebene einbezogen und als bedeutend für den Unternehmenserfolg erachtet:
So sagen bei einer Unternehmensgröße von 1-9 Mitarbeiter*innen noch drei Viertel der HR, dass sie als bedeutend für den Unternehmenserfolg angesehen werden, bei mehr als 501 Beschäftigten sind es nur noch 35 Prozent. Ebenso werden bei den kleinsten Unternehmen in die Planungsprozesse auf höchster Ebene drei Viertel einbezogen, bei Unternehmen mit 501 und mehr Beschäftigten dagegen nur noch ein gutes Viertel (28 %).
Ressourcenknappheit ist größtes Hindernis
Über alle Themenfelder hinweg wird klar: Zu knappe Ressourcen wurden von den Verantwortlichen bei den meisten Themen an erster Stelle genannt. Als Hindernis bei der Digitalisierung von HR-Prozessen wird die Ressourcenknappheit sogar von 70 Prozent der Befragten am häufigsten genannt, beim Einführen von KI-Anwendungen von der Hälfte der Befragten. Aber auch bei der (Weiter)entwicklung der Arbeitgebermarke, beim Gewinnen und Halten von Gen Z, bei der Um- und Weiterqualifizierung von Mitarbeiter*innen und beim Active Sourcing wird die Ressourcenknappheit am häufigsten genannt. Die größten Widerstände in der Belegschaft erfahren HR-Abteilungen beim Erhöhen der Arbeitsstunden von Teilzeitkräften und beim Recruiting internationaler Fachkräfte (jeweils 37,5 %). Fehlendes Know-how und fehlende Expertise werden am häufigsten als Hindernis in Bezug auf die Einführung von KI-Anwendungen genannt (rund 28 %). Ein Fünftel der Befragten gab an, dass ihnen bei den abgefragten brennenden Themen etwas Wichtiges fehle, genannt wurden beispielsweise „Fachkarriere etablieren“, „Personelle Umstrukturierung“ und „Kommunikation in Krisenzeiten“ – hier zeigt sich, wie vielfältig die Themenfelder sind, in denen HR aktuell Mut aufbringen muss.
Wer wurde im Rahmen der Studie befragt und wie wurde sie durchgeführt?
Gemeinsam mit Business Upper Austria befragte Stepstone im Juli 2024 107 HR-Verantwortliche und Entscheidungsträger*innen aus Oberösterreich per Online-Fragebogen. 72 Prozent der Befragten waren weiblich.
Autorinnen: Sabine Schönfellner, Corina Drucker, Bildnachweis: istockphoto.com / Golero