Lügen im Bewerbungsgespräch

Wann sind Lügen erlaubt? Wo liegen die Grenzen?


12.04.2019

Das Ziel jedes Bewerbers beim Vorstellungsgespräch ist klar: den Job bekommen. Dabei kommt es auf eine positive Selbstdarstellung und Selbstpräsentation an. Fakt ist jedoch auch: Nicht immer bleiben Bewerber dabei ganz bei der Wahrheit. Doch sind Notlügen ok? Wie sieht die rechtliche Situation aus?

Lügen vs. schwindeln: Was ist im Vorstellungsgespräch erlaubt, was nicht?

Eine anerkannte, allgemein gültige Definition bzw. Abgrenzung zwischen den Begriffen “lügen” und “schwindeln” bzw. “flunkern” gibt es nicht. Dennoch ist nicht jede technisch nicht ganz korrekte Angabe gleich ein Lüge. Die Grenzen gehen oft ineinander über.

Nicht erlaubt und definitiv eine Lüge wäre beispielsweise: Arbeitserfahrung anzugeben, die man gar nicht gemacht hat. Ausbildungen hinzu erfinden, die man nie absolviert hat. Mit Kompetenzen prahlen, über die man gar nicht verfügt. Solche Lügen sind nicht nur dreist, sie können auch sehr leicht aufgedeckt werden – wenn nicht direkt im Bewerbungsgespräch, dann vermutlich spätestens im Arbeitsalltag, wenn die Anforderungen des Arbeitgebers nicht erfüllt werden können. Lassedaher lieber die Finger davon – sowohl vor Lügen im Lebenslauf, als auch im Bewerbungsgespräch selbst.

Ein Graubereich ist hingegen das Schwindeln. Es wird in den meisten Fällen von Bewerbern als nicht allzu dramatisch angesehen, wenn hier und da ein bisschen geflunkert wird – das heißt, wenn man sich ein bisschen besser darstellt, als man tatsächlich ist. Dabei werden also nicht komplette Erfahrungen, Qualifikationen oder Kompetenzen dazuerfunden, sondern einfach jene Kenntnisse, über die man verfügt, oder jene Erfolge, die man tatsächlich hatte, etwas positiver oder besser dargestellt als sie tatsächlich waren.

Eines sollte man dabei jedoch nicht vergessen: Auf lange Sicht fährt man mit der Wahrheit besser. Ein gutes Arbeitsklima lebt davon, dass man ehrlich mit seinen Kollegen und Vorgesetzten umgehen kann. Was als kleine Lüge oder Flunkern beim Bewerbungsgespräch beginnt, kann sich über die Jahre leicht weiter verstricken und Folgelügen erforderlich machen. Und das ist nicht nur unheimlich anstrengend aufrechtzuerhalten, es kann auch rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

 

Abgesichert: Rechtliche Situation bei Lügen im Vorstellungsgespräch

Bewerber sollten eines wissen, ehe sie sich zu Lügen im Bewerbungsgespräch hinreißen lassen: Basiert die Einstellung auf einer Lüge, also einer Angabe über Berufserfahrungen, Aus- und Weiterbildungen oder Qualifikationen, über die der Bewerber gar nicht verfügt, liefert dies dem Arbeitgeber einen berechtigten Grund zur fristlosen Kündigung. Und das kann auch Jahre später noch passieren, denn in diesem Fall hat der Arbeitgeber das Recht, den Arbeitsvertrag wegen arglistiger Täuschung anzufechten. Je nach Art der Lüge können die Konsequenzen sein, dass man seinen Job verliert oder im schlimmsten Fall sogar Schadenersatz zahlen muss. Zudem gibt es auch Fälle, in denen die Lüge im Bewerbungsgespräch eine Anzeige wegen Betrugs nach sich gezogen hat.

Es gibt jedoch eine große Ausnahme: Bei unzulässigen Fragen im Bewerbungsgespräch seitens des Arbeitgebers darf gelogen werden. Diese Fragen wurden vom Gesetzgeber im Gleichbehandlungsgesetz (GlBG) definiert, um Bewerber vor Diskriminierung zu schützen. Dazu zählen beispielsweise Fragen zu Religionsbekenntnis, Weltanschauung, sexueller Neigung, Heirat, Kinderwunsch, Schwangerschaft, Gesundheit, Vorstrafen, Schulden, politische Ausrichtung etc., sofern diese Merkmale nicht eine wesentliche und entscheidende berufliche Vorraussetzung darstellen (z.B. ist die politische Ausrichtung ein wesentliches Merkmal für die Arbeit in einer politischen Partei).

 

Aufgeflogen: Was tun, wenn Lügen aus der Bewerbung im Gespräch aufgedeckt werden?

Es gibt unterschiedliche Untersuchungen dazu, wie oft Menschen pro Tag lügen. Auch wenn die Häufigkeit der Lügen bei diesen Studien oft auseinandergehen, wird klar: Es wird überall ein bisschen geflunkert – egal ob bewusst oder unbewusst. Und Personaler wissen das auch. Sehr häufig ist es ein Teil ihres Recruitingprozesses, Angaben zu überprüfen. Es ist zwar nicht genügend Zeit da, um alles bis ins kleinste Detail zu hinterfragen, doch sobald ein Zweifel an den Angaben besteht, gehen sie dem nach. Und im Falle des Bewerbungsgespräches wird in solchen Situationen nachgehakt. Und in einem kannst du dir sicher sein: Auch wenn du dir vorab Gedanken zu deiner Lüge gemacht und dich gut auf das Vorstellungsgespräch und die am häufigsten gestellten Fragen vorbereitet hast, alle Details kannst du niemals bedenken. Recruiter wissen, wie sie fragen müssen.

 

Rausgeredet: Notlügen im Bewerbungsgespräch

Wie schon erwähnt sind Notlügen in Ordnung, wenn während des Vorstellungsgespräches beispielsweise unzulässige Fragen gestellt werden. Das gilt für jene Fragen, die laut Gleichbehandlungsgesetz Bereiche deines privaten Lebens betreffen, die den Arbeitgeber nichts angehen. Sofern es die Ausübung deiner beruflichen Tätigkeit nicht betrifft bzw. behindert, darfst du deine Privatsphäre schützen und auf unzulässige Fragen mit einer Notlüge antworten.

Zudem kann es sein, dass du in Situationen kommst, in denen es verdächtig wäre, nicht zu antworten und es einfach zum guten Ton gehören kann, die bittere Wahrheit nicht näher auszubreiten.

Niemand will beispielsweise hören, welche Probleme du mit deinem letzten Chef hattest. Die diplomatischere Lösung wäre in diesem Fall, die negativen Aspekte unausgesprochen zu lassen und sich stattdessen auf etwas Positives zu konzentrieren. Irgendetwas Positives fällt dir bestimmt ein – egal, wie schlecht das Verhältnis zu deinem Chef auch war: beispielsweise seine fachliche Kompetenz oder sein souveränes Auftreten gegenüber Kunden. Mache dir vorab Gedanken dazu, denn eine kurze Antwort über ein positives Merkmal ist sicher besser als näher auszuführen, dass er ein Choleriker ist, über keine Führungskompetenzen verfügt oder sich menschlich daneben benimmt. So umgehst du es, zu lügen und verlierst trotzdem keine Sympathiepunkte.

 

Alternativen: Lügen schlau umgehen

Um sich positiv darzustellen und seine Eignung für eine Stelle auch in jenen Fällen zum Ausdruck zu bringen, in denen man nicht durch Ausbildungen und/order Erfahrungen punkten kann, ist schwierig. Doch es muss nicht immer eine Lüge sein. Schwächen lassen sich auch anders umgehen. Hier drei Beispiele:

  • Keine Auslandserfahrung, obwohl diese im Stelleninserat gefordert wurde? Du musst in diesem Fall nicht einfach eine erfinden, um dich für den Job zu qualifizieren. Ebensogut kannst du mit anderen Informationen trumpfen: Vielleicht verfügst du über gute Fremdsprachenkenntnisse? Reist privat gerne und bist schon viel herumgekommen? Interessierst dich für andere Kulturen? Habt interkulturelle Trainings absolviert? Hast dich über die Kultur jener Länder eingehens informiert, mit denen das Unternehmen Geschäfte macht, um mit diesem Wissen beim Gespräch zu glänzen? Überlege dir einfach vorab, wie du aus einer vermeintlichen Schwäche etwas Positives machen kannst, dann braucht es die Lüge gar nicht.
  • Du willst mehr verdienen als in deinem vorherigen Job? Auch dafür musst du nicht zur Lüge greifen und falsche Angaben darüber machen, was du im letzten Job verdient hast. Denn eine Studie hat gezeigt, dass 13 Prozent der Personaler Kandidaten schon einmal wegen falscher Angaben über das Gehalt in früheren Jobs aussortiert haben. Und das muss nicht sein. Es ist durchaus legitim, mehr Geld zu verlangen, als du im letzten Job bekommen hast. Du musst es lediglich gut argumentieren – basierend auf deinen Erfahrungen, Qualifikationen und Stärken, die di ins Unternehmen einbringst.
  • Du willst Lücken im Lebenslauf kaschieren? Auch dafür gibt es bessere Alternativen als die Lüge. Du musst keine großartige Berufserfahrung erfinden, die du in dieser Zeit ausgeübt hast. Gehe stattdessen in dich und überlege, ob du in dieser Zeit etwas getan hast, das du dem Personaler beim Bewerbungsgespräch schmackhaft machen könntest, wie zum Beispiel einen besuchten Kurs, eine Weiterbildung, eine Umorientierung, eine Reise, an der du persönlich gewachsen bist und deinen Horizont erweitert hast. Weitere Tipps, wie du mit Zeiten der Arbeitslosigkeit im Bewerbungsprozess umgehst, erfährst du in unserem Artikel über Lücken im Lebenslauf.

 

Verschwende also keine Energien darauf, dir ein Lügenkonstrukt aufzubauen, das dich kurzfristig in besserem Licht erscheinen lässt. Fokussiere dich stattdessen auf deine Stärken und wie du diese bestmöglich im Bewerbungsgespräch einsetzen bzw. überlege dir, wie du auch aus den Schwächen etwas Positives herausholen kannst.

 

Bildnachweis: istockphoto.com/AndrewRich