DEI – Diversität, Chancengleichheit & Inklusion

Was hinter den Begriffen und Abkürzungen wie D&I (Diversity und Inclusion) oder DEI (Diversity, Equity, Inclusion) steckt, warum es gerade jetzt so ein wichtiges Thema wird und wie Unternehmen gekonnt auf den Diversity-Zug aufspringen.

Die Themen Diversität, Chancengleichheit und Diskriminierung sind heikel. Sie bringen viel Gesprächsstoff mit sich – ob in der Kaffeeküche, wenn die Gleichberechtigung der Geschlechter besprochen wird, oder in sozialen Medien, wenn rassistisch motivierte Verbrechen diskutiert werden. Gerade in den USA erreicht das Thema Diversität nach tragischen Ereignissen, wie dem Tod von George Floyd oder dem rassistisch motivierten Amoklauf in Buffalo, einen noch höheren Stellenwert. Im positiven Sinn wird Inklusion immer mehr ein Thema, wie stark im Pride-Month Juni zu spüren ist, wo sich so manch ein Unternehmen mit Regenbogenfarben schmückt.

 „Es für daher für Arbeitgeber essenziell, das eigene Boot in Zeiten der kulturellen Unruhe sicher und unbeschadet durch den Sturm zu lenken und aus einzelnen Aktivitäten eine langfristige Strategie zu entwickeln“, sagt Daniel Hauser, Employer-Branding-Experte und Berater bei Universum, der internationalen Employer-Branding-Agentur der StepStone-Gruppe.

Das Problem für viele Unternehmen: Die wenigsten wissen, was genau dahintersteht und warum es gerade in der heutigen Zeit so wichtig ist.

 

Definition DEI (Diversity, Equity & Inclusion)

„In enger Zusammenarbeit mit zahlreichen Unternehmen hat sich eine für mich taugliche Definition für DEI herauskristallisiert“, so Daniel.

D

Diversity, zu Deutsch “Diversität” oder “Vielfalt” bezieht sich im Wesentlichen auf alles, was eine Person von einer anderen unterscheidet. Dies deckt das komplette demografische Spektrum ab, was oftmals mit Hautfarbe, sexueller Orientierung und Geschlecht in einem Unternehmen abgetan wird. Es ist aber sehr viel mehr und Aspekte wie das Alter, Behinderungen, verschiedene Ideen, Hintergründe und Meinungen etc. sollten nicht außen vor gelassen werden.

E

Equity“, zu Deutsch „Chancengleichheit“ bedeutet die faire Behandlung aller, während gleichzeitig versucht wird, Ungleichheiten anzuerkennen und Barrieren zu beseitigen. Kombiniert mit dem Thema Vielfalt, handelt es sich somit um das Konzept der Chancengleichheit, das nicht mit dem Begriff “Gleichberechtigung” zu verwechseln ist, da es sich vielmehr um einen personalisierten Ansatz handelt, um allen Mitarbeiter*innen die gleichen Chancen zu ermöglichen.  

I

Inclusion übersetze ich gerne mit dem Begriff Zugehörigkeit“, erklärt Daniel. Dieser letzte Baustein von DEI umfasst ein kulturelles und ökologisches Gefühl der Zugehörigkeit, auch wenn, wie vorher bereits unter Diversity definiert, gewisse Unterschiede bestehen. Auf die Arbeitswelt übertragen gibt dieser Begriff also an, inwieweit die Mitarbeiter*innen in der Lage sind, in vollem Umfang an den Entscheidungsprozessen und Entwicklungsmöglichkeiten innerhalb einer Organisation teilzuhaben, ohne dabei benachteiligt zu werden.

 

DEI – Eigenen Weg finden

Wie so viele Konzepte werden Inklusion und Diversität in Unternehmen unterschiedlich ausgelegt und Prioritäten anders gesetzt. Nichtsdestotrotz ist es essenziell, als Unternehmenskultur zu definieren, was dieser Begriff für die jeweilige Organisation bedeutet. “Im Idealfall möchte ich Arbeitgeber dabei unterstützen, den bestmöglichen Weg einzuschlagen und auch zu gehen“, so Daniel.

 

Lange stiefmütterlich behandelt und jetzt ein Hype?

DEI existiert nicht erst seit Kurzem!  Dieses Thema hat sich aus historisch und gesellschaftlich bedingten Ereignissen und Meilensteinen entwickelt, wie z. B. der Auflösung der Rassentrennung oder der Gleichberechtigung der Frau in einzelnen Kulturen. „Dieses Thema war schon immer präsent. Es wurde aber in den letzten Jahrzehnten in vielen Unternehmen aus unterschiedlichsten (meist wirtschaftlichen) Gründen stiefmütterlich behandelt oder war schlichtweg kein Teil der Agenda.“

Was dieser Zurückhaltung auf der anderen Seite entgegenwirkt und was zuletzt jede*r sehen konnte, ist Daniel zufolge eine starke und schnell wachsende kulturelle Bewegung, die solche Missstände hinterfragt, auf sozialen Medien diskutiert und schonungslos auf unterschiedlichsten Kanälen öffentlich aufdeckt. „In diesen Mediensturm möchte kein Unternehmen steuern, da schlechte Publicity selten positive Effekte auf die Geschäftsaktivitäten hat“

 

81% der Unternehmen sagen, Diversität und Inklusion seien ein „sehr wichtiger“ Teil ihrer Recruiting-Policy.

Quelle: Employer Branding Now Report 2022

Das „bunte DEI-Treiben der Unternehmen, das wir nun täglich und besonders im Monat Juni beobachten können“, sei das klassische Ergebnis solcher Gegenbewegungen.

Da dieses Thema oftmals den Employer-Branding-typischen Bereichen wie HR, Marketing oder der Kommunikation zugeordnet wird, ist es ein ständiger Begleiter in Daniels Gesprächen mit Kund*innen. Auch die großen Studien von Universum belegen dieses Empfinden und zeigen, dass es für die attraktivsten Unternehmen weltweit oberste Priorität hat und sogar 81 % Diversität und Inklusion als einen elementaren Bestandteil ihrer Einstellungspolitik sehen. Historisch gesehen, bedeutet das einen besonders starken Anstieg während der letzten fünf Jahre.  

 

Die schnelle Lösung

Nicht nur als Employer-Branding-Berater, sondern auch als Mensch freut sich Daniel, dass endlich Bewegung in das Thema kommt. Unternehmen kämpfen oftmals damit, die Theorie schnellstmöglich in die Praxis umzusetzen, und reichen die Problemstellung von oben nach unten und von Abteilung zu Abteilung weiter. Aber keine Panik, gerade in Europa zeigt sich ein starker Anstieg in der Relevanz dieser Thematik vor allem bei der Auswahl des Arbeitgebers.

 

Überkompensation

In genau dieser Situation ist für jedes Unternehmen Vorsicht geboten, denn nur die wenigsten können sich sorglos die „DEI-Federn“ anstecken. „Ein klassischer Fehler ist momentan besonders gut auf LinkedIn zu sehen. Die ‚externe Überkompensation‘, laut Daniel, sei der Versuch der Unternehmen, mit besonders starker, aber risikoscheuer Kommunikation auf den ‚DEI-Zug‘ aufzuspringen. Man möchte ein Teil der Bewegung sein und sich den generischen Inhalten der anderen anpassen, um bloß niemanden zu ‚verletzen‘, was wiederum dem Geschäft schaden könnte. Das externe Engagement ist wichtig, aber wie ‚der Fall Netflix‘ zeigt, kann eine zu starke Bewegung in diesem Segment schnell zu einer Identifikationskrise als Arbeitgeber*in führen“.

 

Die schöne DEI-Fassade

Ganz wichtig ist zu hinterfragen, ob geplanter DEI-Content auch authentisch ist oder der Eindruck entsteht, das Unternehmen wolle sich nur den DEI-Mantel überwerfen. Oftmals kommunizieren Unternehmen lautstark und bei genauerer Betrachtung fällt auf, dass hinter den Aussagen keine interne Agenda steht. Nur die wenigsten Unternehmen können sich direkt den ‚DEI-Superstar‘-Award anstecken. Daniel empfiehlt jedem Unternehmen, diesen Trend als Chance zu sehen und erst einmal intern zu prüfen, welche Schritte schon unternommen wurden und was genau noch möglich ist.

Eine „Hauruckaktion“ scheitere meistens an der bestehenden Unternehmenskultur oder dem vorgesehenen Budget und erziele auch langfristig keine Erfolge. Ein nachhaltiger, langwieriger Prozess, der von oben nach unten gelebt und fest in der Unternehmenskultur verankert wird, kann einen positiven Wechsel herbeiführen. „Lassen Sie sich also nicht unter Druck setzen, bleiben Sie authentisch und zeigen Sie Ihr Engagement in kleinen Schritten, dann werden Sie auch die gewünschten Erfolge erzielen.“    

 

Text: Corina Drucker
Bildnachweis: iStock/Vadym Pastukh

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