
Altersdiskriminierung in Österreich
Vielfalt in der Belegschaft und Chancengleichheit sind von entscheidender Bedeutung, wenn es darum geht, Arbeitsplätze zu gestalten, bei denen die Fähigkeiten und Erfahrungen einer Person im Mittelpunkt stehen – und nicht ihre persönlichen Merkmale wie Alter, Geschlecht oder Herkunft. In der Praxis hat aber eine von vier Personen in Österreich bereits Altersdiskriminierung erlebt – am Arbeitsplatz oder im Bewerbungsprozess. Das zeigt unsere Stepstone Studie zu Altersdiskriminierung im Recruiting (2025), für die 3.000 Personen in Österreich, darunter 350 Personalverantwortliche befragt wurden. Dadurch entgeht der Gesellschaft wertvolle Arbeitskraft und Unternehmen nicht nur Talent, sondern auch Wissen und wertvolle Erfahrung.
Rund 800.000 Erwärbstätige sind in Österreich über 55 Jahre alt. Rund 80 Prozent von Ihnen sind bereit, über das Regel-Pensionsalter hinaus zu arbeiten. Welche ihre Top-Gründe für das Arbeiten in der Pension sind und wie Sie diese wertvolle Zielgruppe gewinnen, lesen Sie im Factsheet:
Definition: Was ist Altersdiskriminierung?
Altersdiskriminierung, oder auch Ageismus, ist eine Form der Diskriminierung, bei der Personen aufgrund ihres Alters benachteiligt oder ungleich behandelt werden. Der Begriff Ageismus umfasst sowohl die Diskriminierung von älteren Menschen als auch die von Jugendlichen, auch als Adultismus bekannt. Altersdiskriminierung am Arbeitsplatz entsteht durch Altersbilder und verwurzelte Stereotypen, mit denen Generationen in Verbindung gebracht werden.
In Österreich ist Altersdiskriminierung unzulässig
Das Gleichbehandlungsgesetz (GlBG) schützt Menschen in Österreich vor jeglicher Form der Benachteiligung. “Das Gesetz verbietet die Diskriminierung im Arbeitsleben, insbesondere auch bei der Begründung des Dienstverhältnisses. Darunter ist der gesamte Bewerbungsprozess, nicht nur die Unterfertigung des Dienstvertrages, zu verstehen. Entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen darf somit niemand wegen des Geschlechtes oder Alters, ethnischer Zugehörigkeit, Religion oder Weltanschauung, sexueller Orientierung oder Behinderung benachteiligt werden”, erklärt Dr. Andreewitch-Wallner und ergänzt: “Kam es aufgrund einer Verletzung des Gleichbehandlungsgesetzes oder des Behinderteneinstellungsgesetzes nicht zur Begründung des Arbeitsverhältnisses, ist der Arbeitgeber gegenüber dem*der Stellenbewerber*in unter Umständen zum Ersatz des Vermögensschadens und zur Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung verpflichtet.”
Insbesondere in Stellenausschreibungen sind alterskodierte Formulierungen zu vermeiden, Fehler können Verwaltungsstrafen nach sich ziehen. Hier finden Sie Tipps und Strategien, wie Sie Altersdiskriminierung in Stellenanzeigen vermeiden.
„In Österreich ist die Diskriminierung im Arbeitsleben per Gesetz verboten. Wenngleich eine gesetzliche Grundlage besteht, die Diskriminierung und Ungleichbehandlung verbietet, zeigt die Praxis weiterhin ein anderes Bild.“
Dr. Karolin Andreewitch-Wallner Arbeitsrechtsexpertin und Partnerin bei Taylor Wessing Österreich.
Altersdiskriminierung im Bewerbungsprozess
Dass Gesetzeslage und Realität auseinanderklaffen, zeigt unsere Stepstone Studie zu Altersdiskriminierung im Recruiting (2025). Altersdiskriminierung im Recruiting ist in Österreich per Gesetz verboten. Dennoch ist es gang und gebe. So sagen 44 Prozent der befragten Recruiter, sie wurden schon zumindest einmal von einem Fachbereich dezidiert darum gebeten, eine Person aus einer bestimmen Altersgruppezu recruiten, 28 Prozent haben das bereits mehrmals erlebt. Bei ihrer letzten Jobsuche wurden sogar 26 Prozent der über-50-Jährigen und 10 Prozent der unter 35-Jährigen ausdrücklich aufgrund ihres Alters abgelehnt.
Auch unbewusste Vorannahmen prägen den Recruitingprozess. Je nachdem, welche Qualifikationen gesucht werden, tendieren Recruiter*innenzu unterschiedlichen Altersgruppen. Sie würden eine Position etwa eher an jüngere Kandidat*innen vergeben, wenn diese folgende Skills erfordert:
- Schnelle Anpassungsfähigkeit,
- Kenntnisse der neuesten Technologien und Software,
- innovative Denkweise und frische Ideen
Nicht verwunderlich also, dass 84 Prozent der Jobsuchenden 50+ sich Sorgen machen, dass sie keinen (neuen) Job finden werden, weil sie als zu alt angesehen werden. Die Zuversicht, eine Stelle zu finden, die der eigenen Qualifikation und Erfahrung entspricht, sinkt mit dem Alter deutlich. Bis 49 liegt die mittlere Zuversicht bei 6 von 10, ab 50 sinkt der Medianwert auf 4.
Ältere Beschäftigte zögern deshalb auch, sich auf Stellen zu bewerben und suchen oft nur unfreiwillig eine neue Stelle: Der häufigste Grund, warum Beschäftigte über 50 einen neuen Job suchen, ist weil sie gekündigt oder entlassen wurden. Mit Maßnahmen wie Blind Hiring können Recruiter dem vorbeugen.
Altersdiskriminierung im Beruf betrifft auch junge Menschen
„Ich wollte nicht als zu jung für die Verantwortung angesehen werden und anhand meiner Fähigkeiten und nicht meines Alters beurteilt werden“, berichtet etwa eine Studienteilnehmerin von ihren Erfahrungen mit Adultismus. 1 von 5 Babyboomern sowie jede*r vierte Gen Z-Kandidat*in verändert oder entfernt altersbezogene Informationen im Lebenslauf, aus Angst, von Recruitern in stereotypische Rolle gedrängt zu werden.
Junge Bewerber*innen entfernen oder verändern altersbezogene Informationen hauptsächlich aus der Sorge, als unterqualifiziert wahrgenommen zu werden (25 %) , aber auch um ebenso nicht in stereotypische Rollenbilder gedrängt zu werden (24 %) und um sich der Unternehmenskultur anzupassen (22 %).
6 von 10 Kandidat*innen 50+ berichten davon, dass ihnen im Interview die Unternehmenskultur auf eine Art und Weise beschrieben wurde, die eine Präferenz für jüngere Mitarbeitende implizierte. Ein Drittel hat unangemessene Fragen zum Gesundheitszustand und zur körperlichen Fitness gestellt bekommen.
Jede zweite Kandidatin unter 35 hat es bereits erlebt, dass in Interviews unangemessene Fragen in Bezug auf das Alter gestellt wurden, wie etwa in Bezug auf ihre Familienpläne. Einem Drittel wurde unterstellt, aufgrund des jungen Alters nicht zuverlässig oder loyal gegenüber dem Arbeitgeber zu sein.
Altersdiversität als Hebel gegen den Fachkräftemangel
Die Zeit und die Kosten bis zur Einstellung neuer Mitarbeitenden sind in den letzten Jahren deutlich gestiegen. In diesen herausfordernden Zeiten ist es für Unternehmen unerlässlich, das Recruiting und somit ihre Belegschaft divers zu gestalten – und das in jeder Hinsicht: Geschlecht, Herkunft und Alter.
Wenn mehrere Generationen in einem Unternehmen aufeinander treffen, treffen auch unterschiedliche Erfahrungen, Skillsets und Stärken aufeinander. Mit Hilfe des Generationenmanagements können diese optimal genutzt und die Zusammenarbeit unterschiedlicher Altersgruppen gefördert werden.
“Zudem zählen die Babyboomer laut Stepstone Jobreport 2025 mit 84 Prozent hoher oder sehr hoher Arbeitsmotivation zur motiviertesten Generation am Arbeitsmarkt – und sehr viele von ihnen möchten auch gerne in der Pension arbeiten. Allerdings braucht es dafür die passenden Rahmenbedingungen”, so Corina Staniek, Pressesprecherin Stepstone Österreich.
„Die Zusammenarbeit der verschiedenen Generationen bringt einige Vorteile mit sich, denn jede*r profitiert von der Erfahrung, dem Wissen und den Stärken der anderen. Ohne ältere Arbeitnehmende geht es nicht. Ohne die Jüngeren aber auch nicht“
Dr. Irène Kilubi, promovierte Unternehmerin, Multi-Beirätin und Hochschuldozentin
Vorurteile überwinden und starke Zielgruppe erschließen: Die Rahmenbedingungen, damit Menschen über das Regel-Pensionsalter hinaus arbeiten würden, auf einen Blick im Factsheet “Recruiting ohne Altersgrenzen” zum Download:
Über die Studie
An der Stepstone Studie zu Altersdiskriminierung im Recruiting (2025) haben 3.000 Personen in Österreich, darunter 350 Personalverantwortliche teilgenommen. Die Umfrage wurde im Dezember 2024 ausgeschickt. Die Daten wurden gewichtet, um das Alter, das Geschlecht und die Ausbildung der österreichischen Arbeitskräfte widerzuspiegeln.





