Agiles Arbeiten

Agiles Arbeiten macht Unternehmen in bewegten Zeiten flexibel und überlebensfähig. Wie es funktioniert, sich von klassischem Arbeiten unterscheidet und welche Vor- und Nachteile es mit sich bringt, zeigen wir hier im Überblick.

Definition: Was bedeutet agiles Arbeiten?

Agil zu arbeiten, bedeutet im Arbeitsprozess rasch etwas zu entwickeln, das für die Zielgruppe verwendbar und attraktiv ist, beispielsweise eine funktionsfähige Software oder ein umsetzbares Konzept für eine Veranstaltung. In wiederholenden Feedbackschleifen wird das Ergebnis optimiert und angepasst. So gelingt es agilen Teams, auf veränderte Umweltbedingungen oder Kundenwünsche zu reagieren. Agiles Arbeiten geht über flexibles Arbeiten hinaus, das Team spricht in sogenannten Stand-up-Meetings täglich miteinander, trifft seine Entscheidungen gemeinsam und reflektiert darüber, wie die gemeinsame Arbeit besser gestaltet werden kann. Scheitern wird als Teil des Lernens betrachtet.

Was ist ein agiles Team?

Ein agiles Team besteht immer aus wenigen Mitarbeiter*innen und ist selbstorganisiert. Es kann komplexe Aufgaben flexibel erledigen, arbeitet kreativ und kundenorientiert. Die Mitglieder bringen im Teamwork unterschiedliche Fähigkeiten und Kenntnisse ein, um alle Aspekte eines Projekts abdecken zu können.

Unterschied klassisches vs. agiles Arbeiten

Klassisches Arbeiten (etwa nach dem sogenannten „Wasserfallmodell“) folgt einem strukturierten, linearen Plan, agile Ansätze dagegen setzen auf iterative Prozesse und Anpassungsfähigkeit. Während die Planung im klassischen Arbeiten vorab erfolgt, wird die Planung im agilen Arbeiten schrittweise entwickelt und laufend angepasst. Im agilen Arbeiten werden auch keine klar abgegrenzten Phasen nacheinander abgearbeitet, sondern in sogenannten Sprints oder Iterationen wird ein funktionsfähiges Produkt erstellt, das kontinuierlich getestet wird. Das Team unterliegt im agilen Arbeiten keinen klaren Hierarchien, um eine flexible Zusammenarbeit zu ermöglichen. Der Kunde oder Product Owner ist beim agilen Arbeiten kontinuierlich involviert und gibt laufend Feedback, nicht erst beim Abschluss einer Phase oder gar des gesamten Projekts. Risiken und Fehler werden durch kontinuierliches Feedback und Tests entdeckt und behoben, was Verzögerungen vorbeugt.

Vorteile von agilem Arbeiten

  • höhere Flexibilität und Anpassungsfähigkeit: In jedem Arbeitssprint gibt es neue Erkenntnisse, die in den nächsten einfließen können. Damit können die aktuellen Anforderungen schnell abgedeckt und berücksichtigt werden.
  • starke Kundenorientierung: Durch die enge Einbindung des Kunden oder Product Owner werden die tatsächlichen Bedürfnisse abgeklärt, wodurch diesen in der Umsetzung auch besser und schneller entsprochen werden kann.
  • höhere Produktqualität: Diese kommt durch regelmäßiges Testen zustande, denn Fehler werden frühzeitig erkannt. Das erspart zugleich auch Kosten für Änderungen.
  • verbesserte Zusammenarbeit und Kommunikation: Transparente und offene Kommunikation sowie tägliche Meetings zum Austausch sind zentral für das agile Arbeiten.
  • motivierte Teams durch Selbstorganisation: Mehr Verantwortung und Entscheidungsspielraum führen dazu, dass die Mitarbeiterzufriedenheit auch steigt.
  • geringeres Projektrisiko: Durch die iterative Entwicklung und regelmäßige Lieferung funktionsfähiger Inkremente werden Risiken frühzeitig erkannt und minimiert.

Für welche Unternehmen eignen sich agile Arbeitsweisen?

Agile Arbeitsweisen eignen sich besonders für Unternehmen, die in dynamischen, unsicheren oder innovationsgetriebenen Märkten agieren und sich schnell an verändernde Anforderungen anpassen müssen. Dazu gehören etwa Technologie- und Software-Unternehmen – agile Methoden stammen ursprünglich auch aus der Softwareentwicklung und sind hier besonders effektiv. Startups und junge Unternehmen müssen oft schnell auf Kundenfeedback reagieren und sich an den Markt anpassen. Daher profitieren sie von agilen Methoden, ebenso wie Unternehmen in innovationsgetriebenen Branchen wie Telekommunikation, Finanztechnologie (FinTech) und E-Commerce. Unternehmen mit komplexen Projekten ermöglicht agiles Arbeiten, Projekte schrittweise anzugehen, Risiken frühzeitig zu erkennen und zu reduzieren – Beispiele dafür sind Hightech-Unternehmen, die Luft- und Raumfahrtbranche sowie Pharmaindustrie. Unternehmen mit Kundenfokus und maßgeschneiderten Lösungen wie Beratungsunternehmen, Design- oder Werbeagenturen ermöglichen agile Methoden einen engen Austausch mit dem Kunden.

Was sind agile Arbeitsformen?

Allen agilen Arbeitsformen ist gemeinsam, dass sie auf Iteration (wiederholenden Schleifen), kontinuierlichem Feedback und einer hohen Anpassungsfähigkeit an Veränderungen beruhen. Die bekanntesten Formen sind:

  • Scrum: Scrum ist ein Rahmenwerk, das Teams hilft, komplexe Projekte durch eine klare Struktur in iterative, festgelegte Zeitabschnitte, sogenannte Sprints (in der Regel 1-4 Wochen), zu organisieren. Am Ende jedes Sprints steht ein funktionsfähiges Produkt. Wichtig sind dabei der „Product Owner“, der für das Priorisieren der Aufgaben verantwortlich ist und die Produktvision im Blick behalten muss, und der „Scrum Master“, der dafür sorgt, dass das Team effektiv nach Scrum-Prinzipien arbeitet.
  • Kanban: Kanban konzentriert sich auf das Visualisieren von Arbeitsprozessen und hilft dabei, den Arbeitsfluss effizient zu steuern. Es basiert auf einem Kanban-Board, das üblicherweise in Spalten (z.B. “Zu erledigen”, “In Arbeit”, “Erledigt”) unterteilt ist.
  • Extreme Programming (XP): Diese Methode wird in der Softwareentwicklung verwendet und legt viel Wert auf technische Exzellenz und kontinuierliche Verbesserung. Es wird in kurzen Entwicklungszyklen gearbeitet und Tests werden schon entwickelt, bevor der eigentliche Code entsteht.
  • Lean Development: Lean Development basiert auf den Prinzipien des Lean-Managements und fokussiert sich auf die Eliminierung von Verschwendung, die Optimierung der Wertschöpfung und das Lernen durch Experimente.

Beispiele von agilem Arbeiten

  • Kanban in der IT-Abteilung: Ein IT-Support-Team verwendet ein Kanban-Board, um seine Aufgaben zu organisieren. Jedes Teammitglied nimmt sich nach der Priorität Aufgaben von einem Aufgaben-Board (To Do) und bearbeitet sie durch die verschiedenen Stadien (In Bearbeitung, Testen, Erledigt). Die Prioritäten und Aufgaben werden ständig aktualisiert, um auf aktuelle Anforderungen einzugehen.
  • Agiles Marketing: Ein Marketingteam plant eine Werbekampagne und entscheidet sich, verschiedene Ansätze zu testen (z.B. unterschiedliche Social-Media-Posts). Anstatt lange im Voraus eine Strategie festzulegen, testen sie in kurzen Zyklen die Wirkung verschiedener Maßnahmen, analysieren das Feedback und passen die Kampagne an, um die beste Reichweite zu erzielen.
  • Agiles Arbeiten in der Produktentwicklung: Ein Unternehmen entwickelt ein neues Produkt (z.B. ein technisches Gadget). Das Team erstellt einen ersten Prototyp und stellen ihn einer kleinen Testgruppe zur Verfügung. Basierend auf dem Feedback werden das Design oder die Funktionen verändert und erneut getestet, bis das Produkt marktreif ist.
  • Agiles HR-Management: Die HR-Abteilung eines Unternehmens setzt agile Methoden ein, um ihre Rekrutierungs- und Onboarding-Prozesse zu verbessern. Anstatt lange auf die Auswertung von Bewerbungen zu warten, werden Interviews und Feedbackschleifen schnell durchgeführt, um rasch auf Marktveränderungen und neue Bedürfnisse des Unternehmens reagieren zu können.

Schwachpunkte & Risiken von agilem Arbeiten

Damit agiles Arbeiten funktioniert, müssen Führungsstil und Unternehmenskultur dazu passen. Was sind die häufigsten Probleme und Risiken, die agilem Arbeiten entgegenstehen?

  • Widerstände im Team: Viele Teams erwarten durch die Anpassung an neuartige Arbeitsmethoden zu Beginn einen sehr stark erhöhten Arbeitsaufwand und befürchten Überforderung durch die regelmäßige, intensive Kommunikation und das Fehlen von starren Strukturen.
  • Mangelnde langfristige Planung: Da agile Methoden den Fokus auf kurzfristige Planung und iterative Entwicklungen legen, kann die langfristige Planung und Zielsetzung in den Hintergrund geraten.
  • Schwierigkeiten bei der Skalierung: In größeren Unternehmen oder bei sehr großen Projekten kann die Koordination zwischen mehreren agilen Teams eine Herausforderung darstellen.
  • Unklare Rollen und Verantwortlichkeiten: In manchen Teams kann das unhierarchische Arbeiten und die flexible Rollenverteilung zu Unklarheiten über Verantwortlichkeiten führen, insbesondere bei der Entscheidung über Prioritäten oder die Verantwortlichkeit für Fehler.
  • Überlastung des Teams: Die kontinuierliche Entwicklung und der Druck, in jedem Sprint Ergebnisse zu präsentieren, können zu Überarbeitung und Burnout führen, insbesondere wenn das Arbeitstempo nicht nachhaltig ist.
  • Mangelnde Dokumentation: Agiles Arbeiten priorisiert funktionsfähige Produkte über umfassende Dokumentation. Dies kann dazu führen, dass wichtige Dokumentationsaufgaben vernachlässigt werden. Bei komplexen Projekten oder wenn Teammitglieder ausgetauscht werden, kann fehlende Dokumentation den Überblick erschweren und zukünftige Wartung und Weiterentwicklung behindern.
  • Schwierigkeiten bei der Kundenkommunikation: Wenn Kunden nicht ausreichend Zeit oder Engagement für regelmäßiges Feedback mitbringen, kann dies den agilen Prozess behindern.
  • Abhängigkeit von hochqualifizierten Teams: In unerfahrenen oder neu zusammengestellten Teams kann es an der notwendigen Expertise oder Selbstorganisation fehlen, was den Erfolg des agilen Ansatzes gefährden kann.

 

Autorin: Sabine Schönfellner
Bildnachweis: istock/Eva-Katalin

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