Dein Recht und Privileg: das Arbeitszeugnis

Alles rund um deinen rechtlichen Anspruch, den Aufbau und Alternativen zum Dienstzeugnis


31.03.2021

Nicht nur für die eigene Neugier und Wertschätzung solltest du deinen Anspruch auf ein Arbeitszeugnis wahrnehmen, sondern auch um deine erbrachten Tätigkeiten schwarz auf weiß für kommende Bewerbungen mitschicken zu können!

Inhaltsverzeichnis

Definition: Was ist ein Arbeitszeugnis
Warum ist ein Arbeitszeugnis wichtig?
Dein rechtlicher Anspruch
Der perfekte Aufbau
Geheimcodes im Arbeitszeugnis – übersetzte Formulierungen
„Hilfe, ich muss mein Zeugnis selbst verfassen!“
Alternativen zum Arbeitszeugnis
Zeugnisse für Praktika und Studentenjobs
FAQs
Zukünftige Karrierechancen: das Arbeitszeugnis wird oft unterschätzt

Definition: Was ist ein Arbeitszeugnis?

Unter einem Arbeitszeugnis (oder auch Dienstzeugnis genannt) versteht man ein schriftlich ausgestelltes Zeugnis, das vom Arbeitgeber für den Arbeitnehmer ausgestellt wird. Darin müssen Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit des Arbeitnehmers enthalten sein, zusätzlich können auch Angaben zur Leistung und des Verhaltens des Arbeitnehmers während seiner Anstellung angegeben werden. Da es im Zusammenhang mit dem Arbeitszeugnis unterschiedliche Begrifflichkeiten gibt, geben wir dir hier eine kurze Übersicht:

 

Einfaches vs. qualifiziertes Arbeitszeugnis

Während es beim einfachen Dienstzeugnis lediglich deine Personalien und die faktische Art und Dauer der Beschäftigung auf das Papier schaffen, enthält das qualifizierte Arbeitszeugnis im Kernstück Aussagen zu deinen Tätigkeiten und Einschätzungen zu deiner Leistung. Die Beurteilung deiner Leistung und die Bewertung deines Sozialverhaltens sind somit das Herzstück einer qualifizierten Stellungnahme, welche vor allem zukünftige Arbeitgeber interessiert.

 

Zwischenzeugnis

Du kannst dir auch ohne Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Zwischenzeugnis ausstellen lassen, welches die einfache oder die qualifizierte Form annehmen kann. Diese Form bietet sich insbesondere an, falls du bereits sehr lange in demselben Unternehmen arbeitest, dein Vorgesetzter oder deine Position sich verändert.

 

Ausbildungszeugnis

Unter einem Ausbildungszeugnis oder auch Lehrzeugnis versteht man ein Arbeitszeugnis, das einem Lehrling nach Beendigung seiner Lehre ausgestellt wird.

 

Arbeitsbescheinigung

Nicht zu verwechseln mit dem Arbeitszeugnis ist die Arbeitsbescheinigung. Dieses enthält Daten von Personen, die arbeitslos geworden sind und wird vom AMS benötigt, um festzustellen, ob jemand Anspruch auf Arbeitslosengeld hat. Mittlerweile muss jedoch in den meisten Fällen die Arbeitsbescheinigung nicht mehr ans AMS übermittelt werden, da diese online auf die Abmeldung zur Sozialversicherung zugreifen können.

 

Warum ist ein Arbeitszeugnis wichtig?

Ein Arbeitszeugnis (vor allem ein qualifiziertes Arbeitszeugnis) enthält wichtige Informationen in Bezug auf deine bisher ausgeübten Tätigkeiten, Qualifikationen und Fähigkeiten. Diese Informationen können für einen neuen Arbeitgeber ausschlaggebend bei der Bewerbung sein. Durch ein Arbeitszeugnis erfährt der Personaler, wie du deinen Job in vorherigen Anstellungen ausgeführt hast und kann daher auch Schlüsse daraus ziehen, was ihn erwartet, wenn er dich einstellt.

 

Dein rechtlicher Anspruch

Damit nicht der Anschein entsteht, dass du etwas zu verbergen hast, solltest du stets ein qualifiziertes Arbeitszeugnis einfordern. Laut Angestelltengesetz (§ 39) ist der Dienstgeber jedoch lediglich verpflichtet,

bei Beendigung des Dienstverhältnisses dem Angestellten auf Verlangen ein schriftliches Zeugnis über die Dauer und die Art der Dienstleistung auszustellen. Eintragungen und Anmerkungen im Zeugnis, durch die dem Angestellten die Erlangung einer neuen Stelle erschwert wird, sind unzulässig.“

Der letzte Satz im Paragraph bezieht sich darauf, dass die Aussagen in deinem Zeugnis nicht nur wahr, sondern auch wohlwollend sein müssen. Sollte dein ehemaliger Arbeitgeber deinem Anspruch auf ein Arbeitszeugnis nach Einforderung nicht nachkommen, kannst dieses über das Arbeits- und Sozialgericht einklagen. Theoretisch verjährt dein Anspruch auf ein Dienstzeugnis erst nach 30 Jahren. Jedoch hast du dabei nicht das Recht auf Aussagen zur Qualität deiner Leistungen, wie sie im qualifizierten Zeugnis üblich sind. Während ein Abschlusszeugnis von deinem Arbeitgeber immer gebührenfrei ausgestellt werden muss, können Zwischenzeugnisse auf deine Kosten gehen.

 

Der perfekte Aufbau

Auch wenn die Form und der Aufbau der Zeugnisse dem Arbeitgeber im Rahmen der rechtlichen Vorschriften freigestellt sind, orientieren sich die meisten Arbeitszeugnisse an dieser Struktur:

  • Briefkopf des Arbeitgebers
  • Überschrift „Arbeitszeugnis“
  • Daten über dich als Arbeitnehmer: Vor- und Zuname, Geburtsdatum und -ort sowie die Dauer deiner Anstellung mit deiner korrekten Positionsbezeichnung
  • Kurze Firmenbeschreibung (optional)
  • Dein Tätigkeitsfeld: präzise Auflistung deiner jobspezifischen Haupt- und Nebentätigkeiten, meist in ihrer Wichtigkeit absteigend
  • Bei qualifizierenden Zeugnissen: Bewertungen deiner Leistungen und deines Sozialverhaltens
  • Der Grund für das Ende des Arbeitsverhältnisses (optional, mit Einverständnis)
  • Schlussformulierung (Danksagung, Zukunftswunsch)
  • Ort, Datum und Unterschrift (Firmenstempel)

 

Geheimcodes im Arbeitszeugnis – übersetzte Formulierungen

Dadurch, dass dein Arbeitgeber rechtlich verpflichtet ist, dir durch die Kritik im Arbeitszeugnis keinerlei Steine in den zukünftigen Karriere-Weg zu legen, hat sich die Nutzung gewisser Geheimcodes etabliert. Hinter augenscheinlich netten Formulierungen kann sich harte Kritik verbergen, weshalb du dich mit der Zeugnissprache ein wenig vertraut machen solltest. Damit „gute Noten“ und der eigene Anspruch eins werden, bedarf es eines kritischen Blicks auf die Formulierungen in deinem Zeugnis, die in Noten übersetzt werden können:

 

Note 1

Alle Formulierungen fernab des Superlativs „stets zur vollsten Zufriedenheit“ sind bereits schlechter als „sehr gut“ anzusiedeln.

 

Note 2

Du hast lediglich „stets zur vollen Zufriedenheit“, „jederzeit sehr zufriedenstellend“ oder „stets bemüht“ gehandelt? Hört sich sehr gut an, entspricht aber bereit der Note „gut“. Wenn sich ein Satz wie „Die Leistungen verdienen in jeder Hinsicht unsere volle Anerkennung“ in deinem Arbeitszeugnis findet, ist auch das eher der Note 2 zuzuordnen. Für eine sehr gute Note müsste es „unsere vollste Anerkennung“ heißen. Formulierungen wie „die ihr/ihm übertragenen Aufgaben“ können darauf schließen lassen, dass du nur das gemacht hast, was dir aufgetragen wurde, dass du aber keine Eigeninitiative gezeigt hast.

 

Note 3

Bei einem Projekt hast du dich “zur vollen Zufriedenheit“ und „mit ganzer Kraft“ eingesetzt? Dies kann entweder bedeuten, dass du dich bei allen anderen Projekten nicht so viel Ausdauer gezeigt hast oder das zufriedenstellende Ergebnis deines Krafteinsatzes höchstens „befriedigend“ war. „Die Zusammenarbeit war stets gut und produktiv“ fällt ebenfalls in diese Kategorie.

 

Note 4

Nun kommen wir auf die Formulierungsebene, die deiner zukünftigen Karriere schaden könnte, sobald du dich lediglich „im Rahmen deiner Fähigkeiten eingebracht“ hast, die „zur Zufriedenheit“ deines Arbeitgebers geführt hat. Achte auch darauf, dass Formulierungen wie „der Vollständigkeit halber“ oder „der Ordnung /Form halber erwähnen wir, …“ enthalten sind.

 

Note 5

Niemals dulden solltest du die Formulierung, dass dein Arbeitgeber „im Großen und Ganzen schon zufrieden“ oder einfach nur „zufrieden“ mit dir war! Auch neutral klingende Formulierungen wie „der Situation angemessenes Kommunikationsverhalten“ sind keinesfalls neutral, sondern bedeuten eigentlich, dass dein Kommunikationsverhalten nicht gut oder zufriedenstellend war.

 

Sollte dir dein Arbeitgeber schlechtere Formulierungen als die Übersetzungen laut Note 3 erteilen, kannst du von deinem Recht Gebrauch machen, ein wohlwollendes und korrekt ausgestelltes Zeugnis zu erhalten. Auch Formulierungen, die darauf hinweisen, dass du immer mit Begeisterung und Interesse bei dem Thema warst oder dass du zum guten Betriebsklima beigetragen hast, können Hinweise dafür sein, dass du ein euphorischer Mensch bist – vor allem in den langen Pausen. Achte also darauf, dass deine Leistung, dein Fachwissen und deine Projekte positive Erwähnung finden und sie nicht durch Passivkonstruktionen dargestellt werden!

 

„Hilfe, ich muss mein Zeugnis selbst verfassen!“

Es ist mittlerweile der Normalzustand, dass Arbeitnehmer sich ihr Dienstzeugnis selbst zusammenstellen sollen. Der richtige Aufbau und die bewusste Zeugnissprache sind dabei essenziell. Insbesondere ein durchgehend positives Zeugnis, welches lediglich Superlative benutzt, kann für Personaler auch suspekt wirken und nach Lobhudelei riechen. Diese Anleitung, um das perfekte Arbeitszeugnis selbst zu schreiben, bewahrt dich vor den größten Fettnäpfchen beim DIY-Zeugnisschreiben.

 

Alternativen zum Arbeitszeugnis

Da individuell formulierte Zeugnisse auf Seiten der Arbeitgeber Zeit und Aufwand bedeutet, liegt der Verdacht nahe, dass diese nur selten ausgestellt werden. Aufgrund der Kritik kommen Alternativen ins Gespräch: Tätigkeitsbeschreibungen oder Referenzschreiben. Insbesondere wenn dein Tätigkeitsfeld spezifisch und individuell ist, lohnt sich eine Tätigkeitsbeschreibung deines beruflichen Felds. Darin spielen Projekte, von denen du Teil warst und der Verlauf deiner Tätigkeitsveränderungen über Zeit eine große Rolle. So hast du eine gute Chance durch deinen Arbeitsstil zu überzeugen, indem dein arbeitstechnisches Vorgehen mehr Platz erhält. Auch wenn in Österreich Referenzen bislang noch kein Standard sind, kann ein Empfehlungsschreiben viel wert sein. Frage dafür jemanden, der dich und deine Arbeit besonders gut einschätzen kann und zukünftig als möglicher Kontakt für Personaler zur Verfügung steht.

 

Zeugnisse für Praktika und Studentenjobs

Da auch Praktikanten und studentische Hilfskräfte in die Kategorie der Arbeitnehmer fallen, gelten für sie die gleichen Ansprüche wie für Vollbeschäftigte. Aber auch hier wird wiederum – analog zum einfachen und qualifizierten Arbeitszeugnis – zwischen der qualifizierten Praktikumsbeurteilung und einer simplen Praktikumsbescheinigung unterschieden. Letztere ist oftmals ausreichend für Schulen und Universitäten, insofern das befristete Arbeitsverhältnis im Sinne eines Pflichtpraktikums in die Ausbildung integriert ist.

 

FAQs

Habe ich Anspruch auf ein Arbeitszeugnis?

Ja, du hast auf Anfrage den Anspruch auf ein einfaches Zeugnis. Dein Arbeitgeber ist aber in Form sowie Aufbau frei und muss keine qualifizierende Einschätzung deiner Leistungen verschriftlichen. Der Anspruch besteht auf jeden Fall, egal ob man gekündigt wurde oder selbst gekündigt hat. Nur freie Dienstnehmer haben keinen Anspruch auf die Ausstellung eines Dienstzeugnisses.

 

Habe ich Anspruch auf ein Arbeitszeugnis bei fristloser Kündigung?

Auch bei einer fristlosen Kündigung hast du Anspruch auf ein Arbeitszeugnis. Auch in diesem Fall darf das Zeugnis nicht so formuliert sein, dass es dir Steine in den Weg legt bei der nächsten Bewerbung. Achte hier also besonders darauf, dass keine negativ auslegbaren Formulierungen vorhanden sind.

 

Wann muss das Arbeitszeugnis spätestens ausgestellt werden?

Fordere dein Arbeitszeugnis immer sofort bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses an. Sollte sich dein Vorgesetzter weigern, teile ihm schriftlich eine realistische, selbst gesetzte Frist mit! Ansonsten bleibt dir nur der Rechtsweg mittels Klage über das Arbeits- und Sozialgericht.

 

Wie lange habe ich Anspruch auf ein Arbeitszeugnis nach Austritt?

Grundsätzlich verjährt der Anspruch auf ein Arbeitszeugnis erst nach 30 Jahren. Es kann daher auch rückwirkend verlangt werden. Es empfiehlt sich dennoch, den Anspruch gleich beim Verlassen des Unternehmens geltend gemacht zu werden, um das Arbeitszeugnis bereits bei der nächsten Bewerbung verwenden zu können. Denke auch daran, dass manche Firmen vielleicht in ein paar Jahren nicht mehr existieren oder andere Umstände die Ausstellung eines Arbeitszeugnisses erschweren können.

 

Habe ich einen Schadensersatzanspruch, falls ich kein Arbeitszeugnis bekomme?

Nach einer erheblich verspäteten Ausstellung des Dienstzeugnisses nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses hast du allgemein Anspruch auf Schadensersatz, insofern dies deine zukünftige Arbeitssuche erschwert hat.

 

Wer sollte das Zeugnis unterschreiben?

Dein Dienstzeugnis sollte von deinem bisherigen Personalverantwortlichen unterschrieben werden, da dieser die Autorität und idealerweise die beste Einschätzung zu deinen Tätigkeiten und Leistungen besitzt.

 

Was muss drinstehen?

Dein Arbeitgeber ist den Kriterien eines einfachen Dienstzeugnisses verpflichtet.

 

Was darf nicht drinstehen?

Der Grund für dein Ausscheiden aus dem Unternehmen sowie deine Anschrift dürfen nur mit deiner Zustimmung genannt werden. Auch krankheitsbedingte Fehltage oder die Elternzeit haben lediglich ihre Daseinsberechtigung, insofern sie eine erhebliche Zeit des Arbeitsverhältnisses ausgemacht haben.

 

Darf ich das Arbeitszeugnis anfechten?

Sollten die Formulierungen deines Zeugnisses auf eine schlechte Bewertung hinweisen, die deiner zukünftigen Jobsuche im Weg stehen könnte, darfst du rechtlich dagegen vorgehen. Versuche aber zunächst friedlich das Gespräch zu suchen, da nicht jedes Unternehmen über eine Personalabteilung bzw. Personaler mit fließender Zeugnissprache verfügt.

 

Was ist Personalern am Arbeitszeugnis wichtig?

Neben korrekten Formalitäten sowie deckungsgleichen – aber nicht wortgleichen! – Angaben zu deinem Lebenslauf wollen Personaler insbesondere einen zusammenhängenden Text anstelle von einzelnen Textbausteinen.

 

Wo kann ich mein Arbeitszeugnis überprüfen lassen?

Du kannst dir privat rechtlichen Rat einholen oder das Dienstzeugnis durch die Arbeiterkammer prüfen lassen.

 

Zukünftige Karrierechancen: das Arbeitszeugnis wird oft unterschätzt

Wie wichtig deine Arbeitszeugnisse für deine kommenden Bewerbungen (siehe schriftliche Bewerbung per-Email) sein kann, versinnbildlicht der routinierte Ablauf eines Personalers. Nachdem Anschreiben und Lebenslauf zum weiteren Durchsehen der Bewerbung motiviert haben, kommen an dieser Stelle deine Zeugnisse zum Einsatz. Spätestens zu diesem Zeitpunkt widmet man sich in den Personalabteilungen den Zeugnissen der Ausbildung oder dem Studium sowie den Arbeitszeugnissen. Da Arbeitsproben oft unüblich sind, ist das neben Empfehlungsschreiben der einzige Weg, um herauszufinden, ob die bisherigen Unternehmen mit der Arbeitsleistung des Bewerbers zufrieden waren. Geheimcodes, die in jeder Aussage verpackt sind, werden gedeutet und können so noch den ausschlaggebenden Unterschied für dich machen. Du planst einen Jobwechsel, wir zeigen Ihnen in einem zusätzlichen Artikel, 12 Tipps zur diskreten Jobsuche. Wir zeigen dir ebenfalls alle Bewerbungstipps und Bewerbungsvorlagen auf einem Blick, damit du gestärkt in den kommenden Bewerbungsmarathon starten kannst.

 

Bildnachweis: Sezeryadigar/Quelle: www.istockphoto.com

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