
Vereinbarkeit von Beruf und Familie
Unsere Studie „Working Parents and Beyond“ liefert aktuelle Einblicke, wie es um die Familienfreundlichkeit der Arbeitgeber in Österreich steht, wo es Handlungsbedarf gibt, und bietet praktische Tipps und Hinweise, womit Sie bei Arbeitnehmer*innen besonders punkten können.
- Definition: Vereinbarkeit von Beruf und Familie
- Vereinbarkeit von Beruf und Familie in Österreich
- Ist Vereinbarkeit von Familie und Beruf noch immer Frauensache?
- Was sind familienfreundliche Arbeitsbedingungen?
- Was macht ein familienfreundliches Unternehmen aus?
Definition: Vereinbarkeit von Beruf und Familie
Gemeint ist damit die Möglichkeit von Arbeitnehmer*innen, sich sowohl ihrem Beruf als auch ihrem Familienleben widmen zu können, unter Berücksichtigung der Schwierigkeiten, die dabei auftreten können. Vereinbarkeit erfordert Flexibilität, bringt einen gewissen Organisationsaufwand mit sich und betrifft auch heutzutage in der Regel vor allem Mütter. Im Englischen wird von Work-Life-Balance gesprochen, wobei damit auch die Vereinbarkeit von Leben und Privatleben von alleinstehenden Personen gemeint ist.
Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern, stellt eine wichtige gesellschaftspolitische Herausforderung dar. Auch wenn es in Österreich wichtige gesellschaftspolitische Maßnahmen wie Kinderbetreuungsgeld, die Anrechnung der Kindererziehungszeiten auf die Pension, eine Flexibilisierung der Karenz sowie einen kontinuierlichen Ausbau der Kinderbetreuung gibt, besteht Bedarf an weiteren Maßnahmen. Nicht nur Politik und die Gesellschaft allgemein sind gefordert, auch Arbeitgeber müssen angesichts des Fachkräftemangels und anderer wirtschaftlicher Herausforderungen konkrete Maßnahmen ergreifen, um die Vereinbarkeit zu erleichtern und dadurch gut qualifizierte Mitarbeiter*innen nicht nur anzuwerben, sondern auch zu halten.
Vereinbarkeit von Beruf und Familie in Österreich
Mit der Studie „Working Parents and Beyond“ hat Stepstone den aktuellen Stand der Vereinbarkeit in Österreich untersucht. Für die Studie wurden im März 2024 rund 2.200 Beschäftigte in Österreich befragt, darunter etwa 1.000 Elternteile, von denen 400 Kinder unter 11 Jahren haben, sowie 140 Recruiter*innen und am Einstellungsprozess beteiligte Personen.
Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass eine große Diskrepanz zwischen Anspruch und Realität besteht, gerade in Bezug auf die Kinderbetreuung gibt es große Mängel, was dazu führt, dass jede*r Vierte seine Arbeitszeit ungewollt reduzieren muss.
Die Befragten sehen auch die Arbeitgeber in der Pflicht. 44 Prozent fühlen sich bei der Rückkehr aus der Karenz ohne Unterstützung und vor allem Frauen fühlen sich dadurch beruflich benachteiligt:
Gerade Frauen sehen eine Vielzahl von Hürden, insgesamt fühlen sich 41 Prozent der Mütter durch mangelnde Kinderbetreuung benachteiligt. Die Hürden nach der Rückkehr an den Arbeitsplatz sind jedoch vielfältig: So erlebt ein Drittel (36 %) weniger Anerkennung oder Würdigung der Arbeit und fast ebenso viele Arbeitnehmerinnen sehen zusätzlichen Druck und eine höhere Arbeitsbelastung (31 %). Beinahe ein Viertel wurde sogar ungeplant degradiert (22 %), und ebenso viele machten die Erfahrung von Diskriminierung aufgrund der Karenz.
Ist Vereinbarkeit von Familie und Beruf noch immer Frauensache?
Die Karenz ist für Frauen eindeutig ein Wendepunkt in der Karriere, denn während den Ergebnissen der Studie nach rund zwei Drittel aller Väter nach der Karenz in den ursprünglichen Job zurückkehren (68 %), sind es nur 43 Prozent der Frauen – und gar ein Drittel der Frauen verlässt ihren Arbeitgeber nach der Karenz gänzlich. Obwohl zwei von drei Müttern am liebsten in Vollzeit oder vollzeitnah arbeiten würden, ist die Kinderbetreuung leider oft nicht gesichert. Daher entscheiden sich insgesamt rund 80 Prozent der Mütter dafür, ihre Arbeitszeit nach der Karenz zu reduzieren. Ein weiterer Grund für die Arbeitszeitreduktion (den 58 % angeben) ist, dass die Arbeitnehmerinnen die Doppelbelastung von Kinderbetreuung und Arbeit vermeiden wollen.
Was sind familienfreundliche Arbeitsbedingungen?
Familienfreundliche Arbeitsbedingungen werden in erster Linie beim Reboarding, also der Rückkehr aus der Karenz, bedacht, um die Mitarbeitermotivation, die Mitarbeiterbindung und den Teamzusammenhalt zu stärken. Über die erste Zeit nach dem Wiedereinstieg hinaus ist allerdings zu bedenken, dass Familien und Personen mit Betreuungs- und Pflegeverpflichtungen langfristig Flexibilität und Unterstützung benötigen. Besonders familienfreundliche Arbeitgeber und ihre Maßnahmen stellen wir auch im Interview mit drei Verantwortlichen von der Volksbank Wien AG, von der Wiener WohnenKundenservice GmbH und von Bosch vor.
Der wichtigste Punkt für Vereinbarkeit und Familienfreundlichkeit ist Flexibilität – sowohl flexible Arbeitszeiten (Gleitzeit, Arbeitszeitguthaben, Jahresarbeitszeit-Vereinbarungen oder die flexible, vorübergehende Reduktion auf Teilzeit) als auch die Möglichkeit zum flexiblen Arbeiten etwa im Home-Office. Zu bedenken ist bei der Flexibilität auch, dass gerade damit auch bei anderen Arbeitnehmer*innen deutlich gepunktet werden kann, so nennen etwa im Stepstone-Jobreport 2024 bei den gefragten Benefits von Generation Z 68 Prozent Flexibilität und sogar 83 Prozent Remote Work.
Gerade für die Familienfreundlichkeit sind darüber hinaus auch Unterstützung bei der Kinderbetreuung (Vermittlung von Angeboten oder Betriebskindergärten) sowie Möglichkeiten zur Fort- und Weiterbildung, angepasst an die Bedingungen von Teilzeitarbeitenden, besonders wichtig. Wie die Studie „Working Parents and Beyond“ zeigt, bieten Arbeitgeber schon eine Vielzahl an Maßnahmen bei der Rückkehr aus der Karenz: Flexible Arbeitszeit bieten 84 Prozent , beinahe ebenso viele flexible Arbeitsorte (78 %). Auch bieten mehr als die Hälfte der Arbeitgeber Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten (55 %) für Rückkehrerinnen. Direkt im Arbeitsalltag bieten etwa auch 19 Prozent Stillpausen am Arbeitsplatz, allerdings nur rund 10 Prozent unterstützen bei der Kinderbetreuung (betriebliche Kindertagesstätte/-krippe 11 %, Finanzielle Unterstützung für Kindertagesbetreuung 9 %).
Was macht ein familienfreundliches Unternehmen aus?
An erster Stelle sollte ein Verständnis dafür stehen, dass Eltern ebenso kompetente und zuverlässige Arbeitskräfte wie andere sind und sie sogar oft zusätzliche Fähigkeiten wie Resilienz und Organisation mitbringen. Die Karenzzeit und ein danach erfolgendes Reboarding sollten so bald wie möglich vorausschauend geplant werden, dabei sollte auch darauf geachtet werden, die Rückkehrer*innen während der Karenz gut einzubinden. Für die Rückkehr unmittelbar und darüber hinaus geht es darum, Flexibilität zu ermöglichen, um die Bedürfnisse von Eltern zu berücksichtigen – unterschiedliche Standorte für die Arbeit, flexible Arbeitszeiten, unkomplizierte Freistellungen für Krankheitstage uvm.
Da ein Viertel der Rückkehrer*innen das subjektive Gefühl hat, nicht genug zu arbeiten, ist es wichtig, mit den Arbeitnehmer*innen Rücksprache zu halten, wie es um die Arbeitsleistung tatsächlich steht und die Möglichkeit zu Pausen und Unterstützung bei Stressbelastung anzubieten. Abschließend sollten Rolemodels unterstützt werden, d.h. Führungskräfte sollten ihre Work-Life-Balance und ihre Kinderbetreuungspflichten offen kommunizieren. Idealerweise sollten zur Unterstützung und Förderung von Austausch im Unternehmen auch Netzwerke für Personen mit Betreuungspflichten geschaffen werden, ebenso bietet sich eine (anonyme) Anlaufstelle bei Problemen an.
Bildnachweis: istockphoto.com / ljubaphoto
Autorin: Sabine Schönfellner





