Strategische Personalbedarfsplanung: So sicherst du Fachkräfte langfristig und gezielt

Wie gut ist dein Unternehmen auf die Herausforderungen der nächsten fünf bis zehn Jahre vorbereitet? Aktuell sind zwei von drei Unternehmen vom Fachkräftemangel in Österreich betroffen, der zunehmend auf den Schultern der Mitarbeitenden lastet. Der demografische Wandel verschärft diese Situation, während die Digitalisierung branchenübergreifend weiter Druck aufbaut. Dabei wird es immer wichtiger, nicht nur passende Mitarbeitende zu finden, sondern sie langfristig zu binden.

Im folgenden Beitrag erhältst du wertvolle Einblicke von Atena Rabou-Degenkolbe, Head of Talent Acquisition bei The Stepstone Group. Du erfährst, wie du deinen Personalbedarf systematisch und zukunftsorientiert planst und dir so einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil verschaffst.

Inhaltsverzeichnis

Das Wichtigste in Kürze

  • Ganzheitlicher Planungsansatz: Strategische Personalplanung berücksichtigt interne Faktoren wie Altersstruktur, Fluktuation und Qualifikationsprofile sowie externe Einflüsse wie Markttrends und technologische Entwicklungen, um den zukünftigen Personalbedarf präzise vorherzusagen.
  • Fehler vermeiden, Chancen nutzen: Typische Fehler wie reaktive Planung, fehlende strategische Verknüpfung und unzureichende Datenbasis führen zu Engpässen oder Überkapazitäten – eine proaktive, datenbasierte Planung senkt Kosten und stärkt die Marktposition.
  • Vernetztes HR-Management: Effektive Personalbedarfsplanung verknüpft Recruiting, Weiterbildung, Karriereplanung und Vergütungsmodelle, um Talente zielgerichtet zu entwickeln und dauerhaft ans Unternehmen zu binden.

Was ist strategische Personalbedarfsplanung – und warum ist sie heute für Unternehmen unverzichtbar?

Strategische Personalbedarfsplanung bezeichnet einen fortlaufenden, systematisch aufgebauten Prozess, der den künftigen Personalbedarf sowohl in quantitativer Hinsicht als auch in Bezug auf erforderliche Kompetenzen vorausschauend ermittelt und in konkrete Maßnahmen umsetzt.

Ziele der strategischen Personalbedarfsplanung

Im Fokus stehen dabei folgende Ziele:

  • Wettbewerbsfähigkeit sichern: Durch rechtzeitige Anpassung von Personalstruktur und Kompetenzen bleibt das Unternehmen auch bei Markt- und Technologieveränderungen leistungsfähig.
  • Kosten optimieren: Engpässe vermeiden, um Aufträge nicht ablehnen zu müssen, und Überkapazitäten rechtzeitig abbauen, um unnötige Lohnkosten zu verhindern.
  • Ressourcen effizient einsetzen: Personal gezielt dort einsetzen, wo es den größten Mehrwert bringt, und die Balance zwischen Kosten, Qualität und Zeit halten.

Interne Faktoren der strategischen Personalplanung

Um diese Ziele zu erreichen, analysiert die strategische Personalplanung zentrale interne Faktoren:

  • Altersstruktur der Belegschaft, um Pensionierungswellen frühzeitig zu erkennen.
  • Fluktuationsraten, die Aufschluss über Mitarbeiterbindung und Nachbesetzungsbedarf geben.
  • Qualifikationsprofile und identifizierte Kompetenzlücken.
  • Mitarbeiterpotenziale und Entwicklungsmöglichkeiten.
  • Interne Karrierepfade und Nachfolgeplanung.
  • Wachstums- oder Restrukturierungsziele des Unternehmens.
  • Unternehmenskultur, die Flexibilität, Innovationsbereitschaft und Mitarbeiterzufriedenheit fördert.

Wie Atena Rabou-Degenkolbe treffend zusammenfasst:

Diese internen Faktoren entfalten ihre volle Wirkung erst im Zusammenspiel mit externen Einflüssen wie Marktentwicklungen, technologischen Trends und der Verfügbarkeit von Fachkräften am Arbeitsmarkt.

Atena Rabou-Degenkolbe, Head of Talent Acquisition, The Stepstone Group

Externe Entwicklungen und deren Einfluss

Der Handlungsdruck in der DACH-Region steigt: Die demografische Entwicklung verkleinert das verfügbare Fachkräftepotenzial, während technologische Innovationen neue Kompetenzanforderungen schaffen. Gleichzeitig legen jüngere Generationen großen Wert auf Flexibilität, Entwicklungsperspektiven und kulturelle Passung. Nur Unternehmen, die diese externen Veränderungen aktiv in ihre Personalplanung und Unternehmenskultur einbinden, steigern langfristig ihre Position am Markt und ihre Arbeitgeberattraktivität.

Lesetipp: Arbeiterlosigkeit in Österreich – Warum der Fachkräftemangel ein großes Problem bleibt

Von der Analyse bis zur Kontrolle: Der Prozess der strategischen Personalplanung

Aus dem Zusammenspiel interner Faktoren und externer Einflüsse ergeben sich für die Personalplanung folgende konkrete Schritte:

1. Bedarfsanalyse: Ermittlung des aktuellen Personalbestands und künftigen Bedarfs unter Berücksichtigung von Markttrends und gesetzlichen Vorgaben.

2. Datensammeln: Zusammenführung relevanter HR-Kennzahlen und Marktinformationen als Basis für fundierte Entscheidungen.

3. Szenarienentwickeln: Erstellung von Prognosen, die unterschiedliche Entwicklungen abbilden – von Wachstum bis Reduktion.

4. Maßnahmenplanen: Definition von Strategien für Recruiting, Weiterbildung, Karrierepfade oder sozialverträglichen Personalabbau.

5. Umsetzung: Einführung der Maßnahmen mit Einbindung von Führungskräften und Mitarbeitenden zur Sicherung von Akzeptanz und Wirksamkeit.

6. Kontrolle: Regelmäßige Überprüfung und Anpassung der Ergebnisse an neue Rahmenbedingungen, um Unternehmensziele und Mitarbeiterentwicklung in Einklang zu bringen.

Praxisbeispiel

Ein mittelständisches Unternehmen erkennt durch die Bedarfsanalyse einen steigenden Bedarf an IT-Fachkräften wegen neuer digitaler Projekte. Nach der Datensammlung zu Personalstand und Arbeitsmarkt entwickelt die Personalabteilung Szenarien mit unterschiedlichen Wachstumsraten. Anschließend plant das Unternehmen Recruiting-Kampagnen und interne Weiterbildungen. Die Maßnahmen setzt es mit den Abteilungsleitern um und überprüft sie regelmäßig, um flexibel auf Veränderungen zu reagieren.

Lesetipp: KPIs im Recruiting: 11 Tipps für mehr Effizienz und eine bessere Candidate Journey

Die größten Fehler in der Personalbedarfsplanung

Atena Rabou-Degenkolbe beobachtet trotz der wichtigen Bedeutung von Personalbedarfsplanung im Unternehmen vermeidbare Fehler:

  • Reaktive statt proaktiver Planung: Unternehmen thematisieren Personalbedarf erst dann, wenn akute Engpässe auftreten.
  • Fehlende strategische Anbindung: Die Personalplanung orientiert sich nicht an der Unternehmensstrategie und ist nicht mit anderen HR-Instrumenten verzahnt.
  • Unzureichende Datenbasis: Entscheidungen basieren auf Annahmen statt auf fundierten Analysen und Prognosen.
  • Mangelnde Agilität: Unternehmen überprüfen und passen ihre einmal erstellten Pläne selten an – obwohl sich Rahmenbedingungen und wirtschaftliche Lage ständig verändern.

Risiken und Konsequenzen einer fehlenden strategischen Personalplanung

Fehler in der Personalplanung führen dazu, dass Unternehmen Chancen verpassen, falsche Prioritäten setzen oder in Krisensituationen unter enormem Druck handeln müssen. In der Praxis treten beispielsweise folgende Szenarien auf:

  • Personalmangel in Spitzenzeiten: Ein Einzelhandelsunternehmen stellt zur Weihnachtszeit zu wenige Kassierer ein. Die Mitarbeitenden sind überlastet, Warteschlangen entstehen, und Kunden gehen frustriert.
  • Fehlbesetzung und Überkapazitäten: In einer Produktionsfirma arbeiten zu viele ungelernte Aushilfen an komplexen Maschinen. Die Produktion stockt, Nacharbeiten nehmen zu, und die Personalkosten steigen unnötig.
  • Fehlende Fachkräfte für wichtige Aufgaben: Ein Bauunternehmen hat zu wenige Sicherheitsbeauftragte vor Ort, da die erforderlichen Qualifikationen in der Planung fehlen. Das erhöht Sicherheitsrisiken und führt zu Bußgeldern.
  • Unentdeckte Talente und Know-how-Verlust: Ein Softwareunternehmen verzichtet auf interne Weiterbildung. Fachkräfte fehlen Perspektiven und wechseln, wodurch wertvolles Wissen verloren geht.

Vom Recruiting zur Bindung: Wie Unternehmen Fachkräfte langfristig sichern

Wie sichern Unternehmen Fachkräfte nicht nur kurzfristig, sondern langfristig und gezielt? Laut Atena Rabou-Degenkolbe gelingt das mit einem ausgewogenen Mix aus Planung, Entwicklung und Positionierung:

  • Frühzeitige Nachfolgeplanung: Kritische Stellen rechtzeitig identifizieren und besetzen.
  • Zielgerichtetes Kompetenzmanagement: Langfristig und nachhaltig die benötigten Fähigkeiten der Zukunft planen.
  • Potenziale intern nutzen: Talente im Unternehmen erkennen und fördern, um externen Rekrutierungsdruck zu reduzieren.
  • Employer Branding und Arbeitskultur: Eine attraktive und glaubwürdige Positionierung am Arbeitsmarkt zieht passende Kandidat*innen an und bindet sie langfristig.

Praxisbeispiel: Ein mittelständisches Maschinenbauunternehmen ermöglichte seinen Mitarbeitenden, sich intern auf offene Stellen in verschiedenen Fachbereichen zu bewerben – noch bevor ihre Wechselbereitschaft stieg und sie externe Bewerbungen in Erwägung zogen. Gleichzeitig förderte das Unternehmen individuelle Kompetenzen mit einem gezielten Entwicklungsprogramm und machte klare interne Karrierewege sichtbar.

Strategische Personalplanung mit Fakten: So nutzen Unternehmen Daten und Marktanalysen effektiv

Gemeinsam mit Atena Rabou-Degenkolbe haben wir untersucht, welche Rolle Daten, Marktanalysen und interne Entwicklungen bei der strategischen Personalplanung spielen. Sie betont:

Moderne Personalbedarfsplanung basiert heute nicht mehr auf Bauchgefühl, sondern auf belastbaren Daten und Fakten.

Atena Rabou-Degenkolbe, Head of Talent Acquisition, The Stepstone Group

 Wichtige Informationsquellen sind dabei:

  • Interne HR-Kennzahlen wie Fluktuation, Altersstruktur und Qualifikationsprofile
  • Markt- und Branchentrends, etwa Fachkräfteengpässe in bestimmten Regionen oder Berufsgruppen
  • Technologische Entwicklungen wie Automatisierung, KI und neue Jobprofile
  • Strategische Geschäftsziele wie Internationalisierung, Innovation und Digitalisierung

Moderne Tools aus den Bereichen People Analytics und Workforce Planning verknüpfen diese Daten, um dynamische Szenarien frühzeitig zu erkennen und fundierte Planungen zu ermöglichen.

Praxisbeispiel: Ein großer Telekommunikationsanbieter nutzt People Analytics, um interne HR-Kennzahlen wie Fluktuation und Qualifikationsprofile mit Marktanalysen zu Fachkräfteengpässen und technologischen Trends zu verknüpfen. So identifizierte das Unternehmen frühzeitig den steigenden Bedarf an Spezialisten für Künstliche Intelligenz. Mithilfe dynamischer Szenarien plante es Weiterbildungsprogramme und passgenaues Recruiting, um Engpässe zu vermeiden und die Unternehmensziele in Digitalisierung und Innovation zu unterstützen.

Personalbedarfsplanung vernetzen: So profitieren HR-Bereiche vom Zusammenspiel

Wir haben Atena Rabou-Degenkolbe gefragt, wie sich die Personalbedarfsplanung sinnvoll mit anderen HR-Bereichen wie Recruiting, Weiterbildung oder Nachfolgeplanung verzahnen lässt. Sie hebt hervor:

Strategische Personalplanung ist kein isoliertes Projekt, sondern ein integraler Bestandteil einer vernetzten HR-Architektur.

Atena Rabou-Degenkolbe, Head of Talent Acquisition, The Stepstone Group

 Besonders enge Verbindungen bestehen zu:

  • Recruiting: Bedarfe frühzeitig erkennen, um zielgerichtete Suchprozesse und Talentpools aufzubauen.
  • L&D: Die Personalplanung liefert die Grundlage für Programme zur Kompetenzentwicklung.
  • Karriereplanung: Transparente Karrierepfade und Übergaben sichern Wissen und Kontinuität.
  • Vergütungs- und Arbeitszeitmodelle: Neue Rollen erfordern oft angepasste Rahmenbedingungen, die ebenfalls in die Planung einfließen müssen.

Praxisbeispiel: Ein Logistikdienstleister vernetzte Personalbedarfsplanung mit Recruiting, Weiterbildung und Nachfolgeplanung. Recruiting baute frühzeitig Talentpools für schwer zu besetzende Stellen auf. Die Lernabteilung entwickelte Trainingsprogramme, die benötigte Kompetenzen förderten. Transparente Karrierepfade erleichterten Nachfolgeprozesse und sicherten Wissen. Vergütungsmodelle passte das Unternehmen flexibel an neue Rollen an, um Mitarbeiterzufriedenheit und Motivation zu steigern.

Lesetipp: Möchtest du wertvolle Einblicke aus der HR-Branche erhalten? In unserem Artikel zu den HR-Trends 2025  erläutern die Expert*innen der Stepstone Group, wie HR auf die Herausforderungen des aktuellen Arbeitsmarkts und die Krisen in Europa reagiert – und welche Strategien eine positive Trendwende ermöglichen.

Atena Rabou-Degenkolbe

Head of Talent Acquisition bei The Stepstone Group

Atena Rabou-Degenkolbe ist eine erfahrene HR-Führungskraft mit Schwerpunkt auf Talent Acquisition und Employer Branding. Derzeit leitet sie als Head of Talent Acquisition GTM – EMEA & Global Employer Branding bei The Stepstone Group die Rekrutierungsstrategien für die EMEA-Region und weltweit. Zuvor war sie unter anderem bei OBI Group Holding und Robert Walters tätig, wo sie ihre Expertise in der Gewinnung von Talenten und im Aufbau starker Arbeitgebermarken unter Beweis stellte. Besonders engagiert sie sich für innovative Ansätze wie Mobile Recruiting und die Optimierung der Candidate Experience, um moderne Bewerbungsprozesse zu gestalten.

FAQs

Warum ist die Personalplanung für den Unternehmenserfolg so wichtig?

Die Personalplanung stellt einen systematischen Schritt dar, um den aktuellen und zukünftigen Personalbedarf in Bezug auf Anzahl und Qualifikation der Mitarbeitenden zu erfassen. Nur durch eine vorausschauende Planung lassen sich Engpässe vermeiden, Personalressourcen optimal einsetzen und somit die Wettbewerbsfähigkeit langfristig sichern.

Wie beziehen Unternehmen die Qualifikation von Mitarbeitenden in die Personalplanung ein?

Eine genaue Analyse der vorhandenen Qualifikationen und Kompetenzprofile der Mitarbeitenden bildet die Basis jeder erfolgreichen Personalplanung. Dieser Schritt ermöglicht es, Kompetenzlücken frühzeitig zu identifizieren und gezielte Weiterbildungsmaßnahmen oder Recruiting-Maßnahmen einzuleiten.

Welche Rolle spielen externe Faktoren wie Digitalisierung und demografischer Wandel?

Externe Entwicklungen beeinflussen die gefragten Fähigkeiten und den Personalbedarf stark. Eine strategische Personalplanung integriert diese Trends frühzeitig, um passende Kompetenzen aufzubauen und Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten.

Wie trägt eine vernetzte Personalplanung zur langfristigen Bindung von Fachkräften bei?

Eine ganzheitliche Personalplanung ermöglicht es, die Entwicklungsmöglichkeiten und Karrierewege der Mitarbeiter frühzeitig zu erkennen und zu fördern. Dies steigert die Zufriedenheit und Bindung der Mitarbeitenden, da sie sich wertgeschätzt und gefördert fühlen – ein zentraler Schritt zur langfristigen Sicherung qualifizierter Fachkräfte.

Wie oft sollten Unternehmen die Personalplanung überprüfen und anpassen?

Personalplanung ist ein fortlaufender Prozess und kein einmaliger Schritt. Regelmäßige Überprüfungen gewährleisten, dass Veränderungen in der Mitarbeiterstruktur, Qualifikationsanforderungen oder externe Marktbedingungen berücksichtigt werden, um die Planung stets aktuell und realistisch zu halten.

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