Gesunde Führung: Staff-Care und Self-Care gehen Hand in Hand

Was gesunde Führung bedeutet und warum Unternehmen und HR-Verantwortliche gesunde Führung jetzt stärken sollten.

Hybride Arbeitswelten, zunehmende Komplexität und Unsicherheiten erhöhen den Druck auf Führungskräfte. Das Stresserleben steigt und die Gesundheit wird zunehmend negativ beeinflusst. Es wächst die Suche nach einer neuen Haltung in Führungsfragen. Antworten darauf bietet das Konzept der Gesunden Führung. Gesund führen fördert das Wohlbefinden und die Widerstandskraft des Einzelnen und des Teams.

Definition: Was bedeutet Gesunde Führung?

Gesunde Führung ist die positive direkte oder indirekte Einflussnahme auf den Arbeitskontext und das Verhalten der Mitarbeitenden, mit dem Ziel, Engagement, Leistungsfähigkeit, Sicherheit, Gesundheit und Wohlbefinden nachhaltig zu stärken.

Der Führungsstil „Health oriented Leadership“ (HoL) beinhaltet sowohl Staff-Care (die Fähigkeit der Führungskraft, ihre Mitarbeitenden bewusst zu beobachten und individuelle Stressanzeichen adäquat einschätzen zu können) als auch Self-Care (Selbstführung, Selbstführsorge). 

Staff-Care und Self-Care bestehen jeweils aus drei Dimensionen (Verhalten, Wichtigkeit, Achtsamkeit). Das Verhalten definiert das Ausmaß an persönlicher Aktivität in gesundheitsrelevanten Handlungen und Verhaltensweisen. Wichtigkeit bezieht sich auf die Priorität, die eigene Gesundheit sowie die Gesundheit der Mitarbeitenden für die Führungskraft haben. Achtsamkeit beinhaltet die bewusste Wahrnehmung von Stresserleben und Gesundheitszustand. 

 

Warum ist Gesunde Führung wichtig?

Gesundheitsfördernde Führung wirkt sich positiv auf das Engagement und das Wohlbefinden der Mitarbeitenden aus und beugt Burnout vor. Studien belegen, dass Mitarbeitende von Führungskräften, die als gesundes Vorbild ihre Selbstfürsorge wahrnehmen, ein beinahe vierfach geringeres Stresserleben und halb so viele psychosomatische Beschwerden haben als Mitarbeitende, die ihre Führungskraft nicht als Vorbild gesunder Führung wahrnehmen.

Die in der Gesundheitsforschung zunehmend diskutierten Cross-Over Effekte legen nahe, dass Führungskräfte ihren Stress an ihre Mitarbeitenden weitergeben können. Es wird angenommen, dass gesundheitlich angeschlagene Führungskräfte ihr Verhalten und damit ihre Vorbildwirkung den Mitarbeitenden gegenüber ins Negative verändern. Wenn Führungskräfte beispielsweise regelmäßig ihre eigenen gesundheitlichen Grenzen überschreiten und die Mitarbeitenden dies wahrnehmen, so vermuten sie, dass dieses Verhalten auch von ihnen erwartet wird. 

Umgekehrt kann gefolgert werden, dass Führungskräfte ihre Mitarbeitenden motivieren können, sich gesundheitsförderlich zu verhalten, wenn auch sie selbst gesundheitsbewusst handeln. Der sozialen Lerntheorie folgend, können Führungskräfte dann authentische Rollenvorbilder und damit wirkungsvolle Multiplikatoren sein, wenn sie selbst auf ihre Gesundheit achten. Dazu gehört:

  • mit Stress gut umgehen können
  • mit ihrem Verhalten, das sie an den Tag legen und auch von ihren Mitarbeitenden einfordern, erfolgreich sein
  • Das Resultat zeigt sich in ausdauernd hoher Mitarbeitermotivation und
  • Zielerreichung bei Ausgeglichenheit.

 

Die Herausforderungen gesunder Führung in der neuen hybriden Arbeitswelt

Die Hybride Arbeitswelt erfordert eine Gesundheitskultur, die Gesundheitsförderung und Arbeitssicherheit als feste Bestandteile verankert. Oftmals ist es schwierig, im virtuellen Miteinander zu erkennen, wie es den Mitarbeitenden geht. Wichtig sind hier klare Indikatoren, die aufzeigen, inwiefern sich die Mitarbeitenden wertgeschätzt und in ihren Bedürfnissen und Interessen vom eigenen Unternehmen wahrgenommen fühlen. Gleichzeitig braucht es intrinsisch motivierte Führungskräfte, die aus Freude und Interesse an der Aufgabe die Führungsrolle wahrnehmen. Authentizität ist Voraussetzung für Vorbildwirkung in Bezug auf gesundheitsförderliches Handeln. Alle Anstrengungen können zunichte gemacht werden, wenn Maßnahmen als wenig glaubwürdig oder als Alibi-Aktion empfinden.

Die Herausforderung im hybriden Arbeitsumfeld besteht darin, dass Führungskräfte gesunde Beziehungen mit ihren Teams so gestalten, dass ein Gefühl der Stimmigkeit gelebt werden kann über die Grenzen des Büros hinweg.

 

Gesunde Führung ist erlernbar

Im Rahmen von Workshops können Führungskräfte zum Thema Gesundheit sensibilisiert werden und Techniken für Selbstfürsorge und Achtsamkeit erlernen, um den eigenen Gesundheitszustand und den der Mitarbeitenden bewusster wahrzunehmen. Zu den kurzfristigen Förderungen spezifischer Achtsamkeitslenkung haben sich Trainings als zielführend erwiesen.

Im Rahmen von Coachings können konkrete Strategien für Stresskompetenz erarbeitet werden, die der Führungskraft Einflussmöglichkeiten aufzeigen, wie sie im eigenen Verantwortungsbereich Belastungen abbauen und Ressourcen gezielt fördern kann. Ein gesunder Führungsstil lässt sich erlernen und trainieren.

Gesunde Führung ermöglicht eine erfolgreiche Bewältigung der aktuellen Herausforderungen im Umfeld von Fachkräftemangel und zunehmender psychosomatischer Erkrankungen.

Damit das ganzheitlich und nachhaltig funktioniert, braucht es eine Unternehmensperspektive, die Gesundheit als dynamischen Prozess und nicht als Zustand begreift. Bei der Auswahl guter Führungskräfte mit einem gesundheitsförderlichen Führungsstil ist es wichtig, zwischen Kompetenzen des „Managens“ und Kompetenzen des „Führens“ klar zu unterscheiden.

 

 

 

Über die Autorin:
Martina Grimus ist Unternehmensberaterin mit mehr als 20 Jahren Praxiserfahrung mit unterschiedlichen Managementaufgaben und Führungs-Rollen. Sie widmet sich schwerpunktmäßig den Bereichen Gesundes Führen, Unternehmenskultur und dem Thema „Future of work“.
linkedin.com/in/martinagrimus

Quellenauszug:

Franke, F., Ducki, A., & Felfe, J. (2015). Gesundheitsförderliche Führung. In J. Felfe (Hrsg.), Psychologie für das Personalmanagement. Trends der psychologischen Führungsforschung. Neue Konzepte, Methoden und Erkenntnisse. Göttingen: Hogrefe

Franke, F., Vincent, S., & Felfe, J. (2011). Gesundheitsbezogene Führung. Gesundheitsförderung und Gesundheitsmanagement in der Arbeitswelt. Ein Handbuch

Gregersen, S., Kuhnert, S., Zimber, A., & Nienhaus, A. (2011). Führungsverhalten und Gesundheit – Zum Stand der Forschung

Jiménez, P., Winkler, B., & Dunkl, A. (2016). Creating a healthy working environment with leadership: The concept of health-promoting leadership. International Journal of Human Resource Management

Kaluza, A. J., Weber, F., van Dick, R., & Junker, N. M. (2021). When and how health‐oriented leadership relates to employee well‐being—The role of expectations, self‐care, and LMX. Journal of Applied Social Psychology

 

Autorin: Martina Grimus
Bildnachweis: istock/damircudic

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