Ergonomie – Welche Pflichten hat der Arbeitgeber?

Wie viel Platz, wie viele Pausen und welche Arbeitsbehelfe müssen dir bereitgestellt werden?


23.07.2019

Haltungsschäden und Erkrankungen des Bewegungsapparates sind Folgen der modernen Arbeitswelt. Eine angenehme Arbeitsumgebung, ergonomische Arbeitsmittel und Arbeitsbehelfe können dazu beitragen die körperliche und mentale Belastung am Arbeitsplatz zu senken. Doch was davon steht dir wirklich zu?

Das sind die Pflichten deines Arbeitgebers

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, dem Mitarbeiter eine Arbeitsumgebung bereitzustellen, in der dieser seine Arbeit gefahrlos und ohne psychische sowie körperliche Gesundheitsbeeinträchtigung ausführen kann. Das bedeutet auch, die Ergonomie im Unternehmen zu fördern: Dabei soll das Arbeitsumfeld an den Mitarbeiter angepasst werden und keinesfalls umgekehrt. Einen Nutzen daraus ziehen sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber, da nicht nur arbeitsbedingte Krankenstände, sondern auch Unfälle reduziert werden.

 

Raumbedarf

In einem kleinen Raum einer Arbeit nachzugehen, kann schnell zu einem Beengtheitsgefühl führen. Dies hat zur Folge, dass man sich an seinem Arbeitsplatz unwohl fühlt. Empfindet man die Umgebung nicht als angenehm, bedeutet das Stress für den Körper, der sich negativ auf die mentale Gesundheit auswirkt.

 

Die Arbeitsstättenverordnung versucht dem entgegenzuwirken, indem sie Mindestmaße für Arbeitsräume vorgibt, an die der Arbeitgeber rechtlich gebunden ist.

 

  • Höhe der Arbeitsräume

Generell gilt, dass Arbeitsräume eine Höhe von drei Metern aufweisen müssen. Ausnahmen werden lediglich bei körperlich weniger anstrengenden Tätigkeiten gemacht: Ist die Bodenfläche eines Arbeitsraumes zwischen 100 und 500 m2 groß, darf die Raumhöhe auf 2,8 m und bei einer Bodenfläche bis zu 100 m2 auf 2,5 m gesenkt werden.

 

  • Bodenfläche in Arbeitsräumen

Die Bodenfläche für einen Mitarbeiter muss mindesten acht Quadratmeter betragen. Für jeden weiteren Mitarbeiter müssen zusätzlich je 5 m2 veranschlagt werden. Dazu kommen mindestens 2 m2 zusammenhängende, freie Bodenfläche pro Mitarbeiter in unmittelbarer Nähe seines Arbeitsplatzes.

 

  • Luftraum pro Arbeitnehmer

Je nach Schwere der Tätigkeit stehen dem Arbeitnehmer unterschiedlich große Lufträume zu. Bei geringer physischer Belastung wie beim Arbeiten im Sitzen muss der unverstellte Luftraum mindestens 12 Kubikmeter betragen.

 

Dies erhöht sich bei Arbeiten mit normaler körperlicher Belastung, wie sie zum Beispiel beim Stehen herrscht, auf 15 m3. Werden Arbeiten verrichtet, bei denen große Anstrengungen nötig sind, muss sogar ein Luftvolumen von 18 m3 pro Person zur Verfügung stehen.

 

Belichtung und Beleuchtung

 Unter Beleuchtung versteht man das Ausleuchten eines Raumes mit künstlichem Licht wie Glühbirnen oder Leuchtstoffröhren. Bei der Belichtung handelt es sich im Gegensatz dazu um Tageslicht, also den Einfall von Sonnenlicht über Fenster, Lichtkuppeln oder Glasfronten.

Sind die Lichtverhältnisse unzureichend, kann es nicht nur zu einer Sehschwäche kommen, sondern auch zu Arbeitsunfällen. Daher gibt der Gesetzgeber folgende Richtlinien zur möglichst gleichmäßigen Belichtung und Beleuchtung vor:

 

  • Die Fensterfläche muss mindestens 10 Prozent der Bodenfläche des Raumes betragen.
  • Von jedem Arbeitsplatz muss eine Sichtverbindung ins Freie möglich sein. Diese muss mindestens 5% der Raumbodenfläche entsprechen, wobei Lichtkuppeln und Dachfenster nicht als Sichtverbindung gelten.
  • Bei Blendungen und Reflexionen muss ein Lichtschutz (Jalousien oder Rollos) zur Verfügung gestellt werden.
  • Bezüglich der künstlichen Beleuchtung muss bei anspruchsvollen Tätigkeiten wie Lesen, Schreiben oder bei der Bildschirmarbeit eine Lichtstärke von mindestens 500 Lux herrschen. Bei Arbeiten, die für die Augen weniger anstrengend sind (wie z.B. Ablage- und Kopiertätigkeiten), reicht hingegen eine Beleuchtungsstärke von 300 Lux aus.
  • Bei künstlicher Beleuchtung ist farbneutrales Licht warmen und kalten Lichttönen vorzuziehen.

 

Raumklima und Luftgeschwindigkeit

Das Raumklima und die Belüftung spielen eine wesentliche Rolle, wenn es um das Thema physische Belastung geht. Ist es zu heiß, fällt es schwerer, die Arbeit zu verrichten. Die Konzentration lässt nach, Ermüdungserscheinungen, Kreislaufprobleme und Kopfschmerzen treten auf. Damit geht der Leistungsabfall einher, gleichzeitig steigt das Unfallrisiko.

Daher gelten folgende Vorgaben:

 

  • Arbeitsräume müssen ausreichend mit sauberer Frischluft belüftet werden.
  • Sowohl die Raumtemperatur als auch die Luftgeschwindigkeit richten sich nach dem Maß der Anstrengung, die für das Ausführen der Arbeit aufgebracht werden muss:
    • Geringe körperliche Belastung: 19 – 25°C und max. 0,10 m/s
    • Normale körperliche Belastung: 18 -24°C und max. 0,20 m/s
    • Hohe körperliche Belastung: mind. 12°C und max. 0,35 m/s
  • Die Luftfeuchtigkeit ist nicht dezidiert geregelt, außer bei der Verwendung von Klimaanlagen. In diesem Fall muss die relative Luftfeuchtigkeit 40 – 70 % betragen.

 

Lärm

Sich bei Dauerlärm zu konzentrieren ist beinahe unmöglich und führt zu geistiger Ermüdung. Der Arbeitgeber ist daher verpflichtet, am Arbeitsplatz für ein vertretbares Lärmniveau zu sorgen sowie an Arbeitsstätten mit hoher Lärmbelastung Tests durchzuführen. Es gelten folgende Grenzwerte:

 

  • Wird einfache Büroarbeit verrichtet, darf der Geräuschpegel 65 Dezibel nicht überschreiten.
  • Bei Tätigkeiten hingegen, die überwiegend den Geist stark in Anspruch nehmen, sind nur maximal 50 Dezibel zulässig.
  • Ab 80 Dezibel muss der Arbeitgeber einen Gehörschutz zur Verfügung stellen und ab 85 Dezibel sind die Mitarbeiter dazu verpflichtet, diesen auch zu tragen.

 

Tisch- und Bildschirmanordnung im Raum

Ordnet man den Schreibtisch und den Computerbildschirm nicht in einer sinnvollen Art und Weise im Raum an, kommt es zu Störungen durch falsche Beleuchtung und Belichtung. Wird man ständig durch Blendungen, Spiegelungen und zu hohen Kontrasten gestört, braucht man länger, um die Darstellung am Bildschirm richtig zu erkennen. Muss man dann auch noch ständig zur Seite rutschen, weil jemand vorbeimöchte, wird man dadurch im Arbeitsfluss unterbrochen.

Beides sorgt dafür, dass man weniger effizient arbeiten kann. Die ergonomische Ausrichtung des Tisches und des Bildschirms im Raum sind somit unerlässlich.

 

  • Der Tisch sollte nicht in unmittelbarer Nähe zum Fenster aufgestellt werden.
  • Der Tisch muss so ausgerichtet sein, dass die Blickrichtung sowohl parallel zum Fenster als auch zur künstlichen Lichtquelle verläuft, um Blendungen und Spiegelungen zu verhindern.
  • Die Tischgröße muss mindestens 160 x 180 Zentimeter betragen und einen Beinfreiraum von 65 x 58 x 60 Zentimeter bieten.
  • Befindet sich hinter dem Schreibtisch ein Schrank oder die Wand, muss der Abstand dazu mindestens 100 cm betragen.

 

Bildschirmarbeit

Unter Bildschirmarbeit versteht man ein durchschnittliches Arbeiten am Computer von mehr als zwei Stunden ohne Unterbrechung. Der Arbeitgeber hat die Pflicht, dich darüber zu informieren, ob du einer Bildschirmarbeit nachgehst. Ist dies der Fall, stehen dir Augenuntersuchungen, Pausen, Tätigkeitswechsel sowie nach ärztlicher Verschreibung eine Bildschirmarbeitsbrille zu.

 

Arbeitsbehelfe

Neben einer angemessenen Arbeitsumgebung ist der Arbeitgeber auch verpflichtet, dem Mitarbeiter Arbeitsbehelfe wie Dokumentenhalter, Fußstützen oder Mauspads mit Gelkissen zur Verfügung zu stellen, wenn diese zu einer ergonomischen Haltung sowie zu einer gesundheitsfördernden Arbeitsweise beitragen.

 

Arbeitsplatzevaluierung

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, an jedem Arbeitsplatz eine sogenannte Arbeitsplatzevaluierung durchzuführen. Das gilt besonders für Bildschirmarbeitsplätze. Bei der Evaluierung des Arbeitsplatzes werden die gesetzlichen Mindestvorschriften überprüft und, wenn nötig, Maßnahmen zur Verbesserung getroffen.

 

Autorin: Nicole Bühringer

Bildnachweis: www.istockphoto.com/PeopleImages

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