Überstunden – Eine Investition in die Zukunft?

Notwendiges Übel oder Gesundheitsgefahr?


21.01.2020

In vielen Unternehmen gilt: Nur wer Überstunden leistet, hat Chancen, die Karriereleiter zu erklimmen. Doch was darf der Arbeitgeber gesetzlich überhaupt von seinen Mitarbeitern abverlangen, welche Rechte hat man als Arbeitnehmer und sind Überstunden eine ernsthafte Gefahr für die Gesundheit?

Inhaltsverzeichnis

Wie viele Überstunden sind gesetzlich erlaubt?
Darf man Überstunden ablehnen?
Wie viele Überstunden sind üblich?
Unterschied zwischen Mehrarbeit und Überstunden
Wie werden Überstunden berechnet?
Auszahlung oder Zeitausgleich?
Überstundenpauschale
Feiertage
Dienstreise
Verfallene Überstunden
Unbezahlte Überstunden
Kündigung
Wie viele Überstunden sind gesund?
Ab wann spricht man von einem Burnout?
Was tun, wenn der Chef zu viele Überstunden verlangt?

 

Wie viele Überstunden sind gesetzlich erlaubt?

Wie viele Überstunden ein Mitarbeiter machen darf, ist gesetzlich geregelt. Pauschal kann man sagen, dass 20 Überstunden pro Woche erlaubt sind. Dabei gilt: Nicht mehr als zwölf Arbeitsstunden pro Tag, nicht mehr als 60 Stunden pro Woche. Auch darf die Arbeitszeit in einem Durchschnitt von 17 Wochen nicht höher als 48 Stunden betragen. Der Arbeitnehmer wird somit rechtlich vor einem Zuviel an Überstunden geschützt, allerdings gibt es hierbei natürlich immer Ausnahmeregelungen.

 

Darf man Überstunden ablehnen?

Nicht zur Gänze, aber ab zehn geleisteten Arbeitsstunden am Tag oder 50 Stunden die Woche darf man als Arbeitnehmer zusätzliche Überstunden ablehnen. Dies ist allerdings in der Theorie oftmals einfacher als in der Praxis, denn wer sagt schon gerne nein, besonders wenn die Kollegen fleißig weiterarbeiten?

 

Wie viele Überstunden sind üblich?

Hin und wieder macht fast jeder Überstunden. Wer Karriere machen will, kommt nicht drum herum mehr als acht Stunden täglich zu investieren. Vor allem bei akademischen Berufen und Führungskräften stehen Überstunden oft an der Tagesordnung. Oftmals gibt es All-In-Verträge und Events, die außerhalb der normalen Arbeitszeit besucht werden.

Viele Mitarbeiter sehen in Überstunden eine Art „Investition“, um zukünftig eine bessere Position und damit verbunden ein höheres Gehalt zu erlangen. Andere möchten demonstrieren, dass sie besonders viel Leistung bringen können.

Laut einer Umfrage leisten in Österreich zwei von drei Arbeitnehmern Überstunden. Dabei die Hälfte allerdings nur gelegentlich, rund 17 Prozent müssen aber häufig länger arbeiten.

 

Unterschied zwischen Mehrarbeit und Überstunden

Als Überstunde gilt im Allgemeinen die Zeit, die über einen Achtstundentag oder einer 40-Stundenwoche hinausgeht.

Wer allerdings einer Teilzeitarbeit nachgeht und einmal länger arbeiten muss, leistet keine Überstunde, sondern Mehrarbeit. Dies wird anders vergolten: Bekommt man bei Überstunden einen Zuschlag von 50 Prozent, sind es bei Mehrarbeit nur 25 Prozent.

Wie werden Überstunden berechnet?

Wer mehr arbeitet, bekommt mehr Geld: Üblicherweise werden Überstunden mit einem Zuschlag von 50 Prozent vergolten. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Überstunde in Geld ausgezahlt wird oder du einen Zeitausgleich erhältst. Wer eine Stunde länger gearbeitet hat, bekommt 1,5 Stunden Zeitausgleich.

 

Auszahlung oder Zeitausgleich?

Mehr Geld auf dem Konto oder an einem anderen Tag weniger arbeiten – Überstunden können unterschiedlich ausgezahlt werden. Es hängt ganz davon ab, was du mit deinem Arbeitgeber vereinbart hast. Die Vereinbarung kann dabei im Arbeitsvertrag stehen oder auch nur mündlich erfolgt sein. Auch eine Kombination der beiden Formen ist möglich.

Hat man allerdings bereits zehn Stunden gearbeitet, gibt es für die elfte und zwölfte Stunde eine Ausnahmeregel, ebenso wie wenn man mehr als 50 Stunden die Woche gearbeitet hat. Hier hast du als Arbeitnehmer das Recht auf deiner Seite und kannst bestimmen, ob du Geld oder Zeitausgleich möchtest.

Steuerlich werden Überstunden etwas anders berechnet als normale Arbeitsstunden. Für die Überstundenzuschläge gelten gewisse Steuerfreigrenzen. Die ersten zehn Überstunden des Monats sind somit steuerfrei, allerdings nur, wenn der Betrag nicht höher als 86 € ist.

Wer an Sonn- oder Feiertagen sowie Nachts arbeiten muss, darf zwischen 360 und 540 € im Monat steuerfrei dazuverdienen.

 

Überstundenpauschale

In manchen Dienstverträgen ist eine Überstundenpauschale enthalten. Hast du allerdings mehr Stunden geleistet, als in der Pauschale vorgesehen, bekommst du diese noch extra ausbezahlt oder zusätzlichen Zeitausgleich. Hast du allerdings weniger Überstunden geleistet, als in der Pauschale vorgesehen, bekommst du sie dennoch zur Gänze ausgezahlt.

 

Feiertage

Besonders heikle Tage sind natürlich die Feiertage. Die wenigsten möchten da freiwillig arbeiten, sondern lieber Zeit mit der Familie genießen. Was aber, wenn der Chef darauf besteht? In vielen Kollektivverträgen sind Überstunden am Feiertag gesondert geregelt und der Zuschlag beträgt nicht 50 Prozent, sondern 100 Prozent.

 

Dienstreise

Reisebereitschaft und Flexibilität wird heute in vielen Branchen gefordert. Doch was gilt auf einer Dienstreise als Arbeitszeit und was als Freizeit? Die Zeit, über die der Dienstreisende frei verfügen kann, gilt als Freizeit. Dazu gehören beispielsweise die Essenszeiten oder der Besuch des hoteleigenen Spa-Bereichs.

Fährt man selbst mit dem Auto an den Zielort, gilt das als aktive Reisezeit und somit auch als Arbeitszeit. Die Anreise mit Bus oder Bahn hingegen gilt als passive Arbeitszeit und somit als Reisezeit. Ob diese geringer oder überhaupt ausbezahlt wird, als normale Arbeitszeit, ist von den einzelnen Kollektivverträgen abhängig.

Bei einer Dienstreise ändern sich auch die gesetzlichen Überstundenregelungen: Die Zeit von zwölf Stunden am Tag und 60 Stunden die Woche darf nun überschritten werden.

 

Verfallene Überstunden

Überstunden haben ein Verfallsdatum. Wie lang sie eingefordert werden können, ist grundsätzlich im Dienstvertrag geregelt. Normalerweise verjährt aber eine Überstunde nach drei Jahren. Wer bis dahin kein Entgelt oder Zeitausgleich dafür bekommen hat, verliert nun jeglichen Anspruch darauf.

 

Unbezahlte Überstunden

Das Thema trifft leider mehr Arbeitnehmer, als man meinen könnte. 2018 wurden laut Statistik Austria von mehr als 255 Millionen geleisteten Überstunden rund 43 Millionen nicht bezahlt oder mit Zeitausgleich vergolten. Wie kann man nun als Arbeitnehmer dagegen vorgehen?

 

  • Schriftlich einfordern

Als Erstes solltest du deinen Arbeitgeber schriftlich darüber informieren, dass Überstunden nicht ausbezahlt wurden und das Entgelt einfordern. Auch wenn der Arbeitgeber daraufhin nicht einlenkt, hemmt die schriftliche Mitteilung den Verfall der Stunden und man hat Zeit, sein weiteres Vorgehen zu planen.

 

  • Einklagen

Hilft kein Gespräch mit dem Arbeitgeber, kann man seinen Anspruch vor Gericht einklagen. Wer daraufhin vom Arbeitgeber gekündigt wird, kann diese Kündigung ebenfalls anfechten, allerdings gelten Fristen von rund zwei Wochen.

Was, wenn das Dienstverhältnis aus gänzlich anderen Gründen beendet wurde, man aber noch Anspruch auf Zeitausgleich oder offene Überstunden hat? Es kommt hier ganz auf den jeweiligen Dienstvertrag an. Grundsätzlich ist es jedoch möglich, unbezahlte Stunden nach Beendigung des Dienstverhältnisses vor Gericht einzuklagen. Hier gelten aber ebenfalls vertraglich vorgegebene Fristen, die zwischen vier bis sechs Monaten liegen können.

 

Kündigung

Man hat es abgelehnt die elfte und zwölfte Arbeitsstunde zu leisten und wurde daraufhin entlassen? Das ist gesetzlich unzulässig. Es darf durch das Ablehnen von Überstunden keine Benachteiligung entstehen. Deswegen ist in diesem Fall eine Kündigung bis zu zwei Wochen lang vor Gericht anfechtbar.

 

Wie viele Überstunden sind gesund?

Eine pauschale Antwort auf diese Frage gibt es nicht. Leistungserbringung ist für Menschen wichtig, jedoch sollten diese Belastungen kurzfristig und nicht permanent sein. Bei andauernder starker Belastung werden Menschen mit der Zeit langsamer, weil die Energie schwindet. Dazu kommt, dass jeder Mensch ein anderes Umfeld hat. Ein Mitarbeiter mit einem stabilen Privatleben hält mehr aus, als jemand, der auch privat stark gestresst ist.

Prinzipiell können zu viele Überstunden das Risiko für Erkrankungen von Herz, Magen und Skelett begünstigen. Auch greifen Mitarbeiter, die viele Stunden arbeiten, häufigen zu schädlichen Genussmitteln wie Alkohol und Zigaretten und nehmen weniger am sozialen Leben teil. Ein weiterer negativer Effekt ist die geringe Bewegung und häufig auch einseitige Ernährung.

 

Ab wann spricht man von einem Burnout?

Die Anforderungen sind heutzutage sehr hoch – Frauen sind durch die Doppelbelastung von Familie und Beruf eher von einem Burnout gefährdet. Aber auch junge Menschen stehen bereits unter einem enormen Druck, da erwartet wird, dass sie studieren, weiters einen Auslandsaufenthalt und Berufserfahrung vorweisen können.

Burnout entwickelt sich meist über einen längeren Zeitraum, beginnt mit starkem seelischen Druck und zeigt sich schließlich auch in körperlichen Symptomen. Menschen mit Burnout können nicht mehr die Arbeit von zuvor bewältigen. Um das zu vermeiden, sollte man am besten rechtzeitig einen Gang zurückschalten, Arbeitsstress versuchen zu minimieren, bei den Aufgaben Prioritäten setzen und den jährlichen Urlaub in vollen Zügen genießen.

 

Was tun, wenn der Chef zu viele Überstunden verlangt?

Gelegentliche Überstunden gehören in den meisten Firmen zum Tagesgeschäft. Besonders wenn es um wichtige Projekte geht, heißt es da schon mal „reinbeißen“. Unternehmenskulturen sind verschieden – im schlimmsten Fall kann es vorkommen, dass der Job eventuell nicht der richtige für dich ist, wenn zu viele Überstunden zu leisten sind.

Suche in jedem Fall das Gespräch mit deinem Vorgesetzten:
Hast du ein zeitintensives Projekt abgewickelt, kannst du einen Zeitausgleich vorschlagen, sofern dies das Arbeitspensum erlaubt. Geht es um eine permanente Belastung durch zu viele Überstunden, versuche die Situation so zu erklären, dass du leistungsfähiger bist, wenn du nicht bis spät in die Nacht im Büro sitzt.

Möchte man die Karriereleiter hoch oder in eine Führungsposition, ist dies ohne zusätzliches Zeitinvestment & Engagement oft nicht möglich.

 

Finde daher heraus, wo deine Prioritäten liegen.

Bildnachweis: RainsStar/ Quelle: istockphoto.com

 

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