
Rot-Weiß-Rot-Karte
Internationales Recruiting ist vor allem in Zeiten des Fachkräftemangels eine gute Möglichkeit, die Suche nach qualifizierten Schlüsselkräften auszuweiten und die passenden Arbeitskräfte zu finden. Doch vor allem wenn es sich dabei um Arbeitskräfte handelt, die eine andere Staatsangehörigkeit als die eines EU- bzw. EWR-Landes oder der Schweiz haben, sind einige bürokratische Hürden zu überwinden. Hier ist es für Recruiter*innen besonders wichtig, alle nötigen Informationen über das Verfahren zur Erteilung von Aufenthaltstiteln zu haben, um internationale Fachkräfte nach der Rekrutierung bei diesem Schritt bestmöglich begleiten und beraten zu können und damit einen erfolgreichen Arbeitsstart in Österreich zu ermöglichen. Wir verraten Ihnen daher das Wichtigste über die Rot-Weiß-Rot-Karte, die Voraussetzungen für eine Arbeit in Österreich und die rechtlichen Voraussetzungen. Dafür haben wir die Rechtsexpertin Dr. Karolin Andréewitch-Wallner befragt, die in diesem Artikel einen Überblick über die relevanten Informationen und Tipps für Arbeitgeber bietet.
- Definition: Was ist die Rot-Weiß-Rot-Karte und wofür wird sie benötigt?
- Wer kann eine Rot-Weiß-Rot-Karte erhalten?
- Frage an die Rechtsexpertin: Was gibt es bei diesen unterschiedlichen Personengruppen zu beachten?
- Voraussetzungen für den Erhalt einer Rot-Weiß-Rot-Karte
- Wie lange ist eine Rot-Weiß-Rot-Karte gültig und kann sie verlängert werden?
- Was ist die Rot-Weiß-Rot-Karte Plus?
- Wie ist das mit den Angehörigen?
- Rot-Weiß-Rot-Karte: Alles rund um die Antragstellung
- Stellen Jobsuchende oder Arbeitgeber den Antrag für die Rot-Weiß-Rot-Karte?
- Wo wird der Antrag für die Rot-Weiß-Rot-Karte gestellt?
- FAQ: Häufige Fragen zur Rot-Weiß-Rot-Karte
- Hat der Arbeitgeber Verpflichtungen rund um die Rot-Weiß-Rot-Karte?
- Mit welchen Vorlaufzeiten müssen Arbeitgeber rechnen?
- Was passiert, wenn Arbeitnehmer den Job wechseln?
- Ein abschließender Tipp der Rechtsexpertin
Definition: Was ist die Rot-Weiß-Rot-Karte und wofür wird sie benötigt?
Die Rot-Weiß-Rot-Karte ist eine Kombination aus Aufenthalts- und Beschäftigungstitel. Sie ermöglicht qualifizierten Arbeitskräften aus Drittstaaten (außerhalb der EU, des EWR und der Schweiz) eine zeitlich begrenzte Zuwanderung nach Österreich, um hier zu arbeiten. Damit haben diese Fachkräfte das Recht, sich in Österreich niederzulassen und bei einem bestimmten Arbeitgeber tätig zu werden. Der Aufenthaltstitel ist dabei an die Tätigkeit bei diesem einen Arbeitgeber gebunden. Wollen Sie eine Arbeitskraft aus einem Drittstaat im Unternehmen beschäftigen, ist u.a. die Prüfung der Voraussetzungen für die Rot-Weiß-Rot-Karte unerlässlich. Auch Rechtsanwältin Dr. Karolin Andréewitch-Wallner bestätigt: „Für Arbeitgeber, die ausländische Fachkräfte in Österreich beschäftigen möchten, ist die Prüfung der Qualifikation für die Rot-Weiß-Rot-Karte (neben der Blauen Karte EU) ein wesentlicher Entscheidungsfaktor.“
Wer kann eine Rot-Weiß-Rot-Karte erhalten?
Die Rot-Weiß-Rot-Karte kann von den folgenden Personengruppen aus Drittstaaten angesucht werden:
- Besonders Hochqualifizierte
- Fachkräfte in Mangelberufen
- Sonstige Schlüsselkräfte
- Start-up-Gründer*innen
- Studienabsolvent*innen einer österreichischen (Fach-)Hochschule
- Stammmitarbeiter*innen
- Selbstständige Schlüsselkräfte
Frage an die Rechtsexpertin: Was gibt es bei diesen unterschiedlichen Personengruppen zu beachten?
Dr. Karolin Andréewitch-Wallner: „Die Rot-Weiß-Rot-Karte unterscheidet zwischen sieben Kategorien von Aufenthaltstiteln. Arbeitgeber sollten daher im ersten Schritt überlegen, unter welche dieser Kategorien die gewünschte Fachkraft fällt. Für nichtselbstständige Arbeitnehmer*innen kommen in der Praxis regelmäßig die ersten drei genannten Titel in Frage.
Bereits im Rahmen der Erstprüfung sollten die jeweiligen allgemeinen sowie kategoriespezifischen Anforderungen mitbedacht werden. Für die ersten vier genannten Kategorien ist etwa ein spezielles Punktesystem vorgeschrieben, welches sich zwar in den Details unterschiedlich gestaltet, doch im Kern der Bewertung der individuellen Qualifikationen dient (etwa Hochschulabschluss bzw. Berufsausbildung, einschlägige Berufserfahrung, allfällige Sprachkenntnisse). Dabei gibt es teilweise auch Zusatzpunkte – etwa für ein bestimmtes Alter oder ein Studium in Österreich. Zu beachten ist aber, dass pro Kategorie im jeweiligen Punktesystem nur eine bestimmte Höchstpunkteanzahl erreicht werden kann; ein Detail, das in der Praxis oftmals übersehen wird.
In Bezug auf die ‘sonstigen Schlüsselkräfte’ ist zudem auch eine Arbeitsmarktprüfung vorgesehen, im Rahmen derer das AMS prüft, ob eine geeignete inländische bzw. am Arbeitsmarkt bereits verfügbare ausländische Fachkraft für die konkrete Stelle zur Verfügung steht.
Für Studienabsolvent*innen sind die Anforderungen wesentlich erleichtert. Nachzuweisen ist hier, dass das Studium an einer österreichischen Universität, Fachhochschule oder an einer akkreditierten Privatuniversität absolviert und ein fixer Arbeitsplatz mit zumindest ortsüblichem Mindestentgelt in Aussicht gestellt wurde.
Für Stammmitarbeiter*innen und für selbstständige Schlüsselkräfte sind zudem besondere, der persönlichen und wirtschaftlichen Situation entsprechende Anforderungen zu beachten.“
Voraussetzungen für den Erhalt einer Rot-Weiß-Rot-Karte
Dr. Karolin Andréewitch-Wallner: „Für die positive Antragserledigung müssen neben den speziellen Anforderungen des konkret in Frage kommenden Titels auch die allgemeinen Voraussetzungen erfüllt sein. Diese sind für die vorgenannten Kategorien der Rot-Weiß-Rot-Karte einheitlich geregelt. Erforderlich ist dabei einerseits eine umfassende Krankenversicherung des Arbeitnehmers*der Arbeitnehmerin, die alle Risiken abdeckt und im Inland leistungspflichtig ist, sowie anderseits die Sicherstellung, dass der Inlandsaufenthalt des Arbeitnehmers*der Arbeitnehmerin nicht der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit widerspricht bzw. die Beziehungen Österreichs zu anderen Staaten wesentlich beeinträchtigt.“
Wie lange ist eine Rot-Weiß-Rot-Karte gültig und kann sie verlängert werden?
Dr. Karolin Andréewitch-Wallner: „Die Rot-Weiß-Rot-Karte wird für eine maximale Dauer von 24 Monaten ausgestellt. Eine Verlängerung der Rot-Weiß-Rot-Karte ist zwar nicht vorgesehen, nach Ablauf der Gültigkeitsdauer ist aber – bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen – die Beantragung der sogenannten Rot-Weiß-Rot-Karte Plus möglich.“
Was ist die Rot-Weiß-Rot-Karte Plus?
Die Rot-Weiß-Rot-Karte Plus ist ein längerfristiger Aufenthaltstitel für drittstaatsangehörige Fachkräfte und deren Familienangehörige, erklärt Dr. Karolin Andréewitch-Wallner.
Mit der Rot-Weiß-Rot-Karte Plus sind Drittstaatsangehörige zur befristeten Niederlassung und zum unbeschränkten Arbeitsmarktzugang in Österreich berechtigt. Das bedeutet, dass der Aufenthalt nicht mehr an die Beschäftigung bei einem bestimmten Arbeitgeber gebunden ist und der Job bzw. der Arbeitgeber gewechselt werden kann.
Dieser Aufenthaltstitel kann unter anderem im Verlängerungsfall von Inhaber*innen etwa einer Rot-Weiß-Rot-Karte beantragt werden, die innerhalb der letzten zwei Jahre mindestens 21 Monate entsprechend den, für die Zulassung maßgeblichen, Voraussetzungen beschäftigt waren. In Bezug auf Ukraine-Vertriebene wurden zudem unlängst Erleichterungen beschlossen; so etwa die Verkürzung auf zwölf Monate vollversicherungspflichtiger Beschäftigung vor Antragstellung.
Wie ist das mit den Angehörigen?
Familienangehörige von Inhaber*innen einer Rot-Weiß-Rot-Karte können eine Rot-Weiß-Rot-Karte Plus beantragen und sind bei positiver Erledigung damit ebenfalls berechtigt, sich längerfristig in Österreich aufzuhalten und unbeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt zu genießen. Zu den Familienangehörigen zählen Ehegatt*innen und eingetragene Partner*innen, die zum Zeitpunkt der Antragstellung das 21. Lebensjahr bereits vollendet haben sowie minderjährige ledige Kinder (einschließlich Adoptiv- oder Stiefkinder) bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres.
Rot-Weiß-Rot-Karte: Alles rund um die Antragstellung
Stellen Jobsuchende oder Arbeitgeber den Antrag für die Rot-Weiß-Rot-Karte?
Dr. Karolin Andréewitch-Wallner: „Grundsätzlich hat die Antragstellung persönlich zu erfolgen. Der*die Drittstaatsangehörige, der*die sich im Ausland aufhält, muss den Antrag bei der jeweiligen österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland, also insbesondere Botschaft, stellen. Alternativ kann aber auch der Arbeitgeber den Antrag für den*die drittstaatsangehörige*n Arbeitnehmer*in in Österreich stellen. Oftmals unterstützen Rechtsberatungen, wie etwa unsere Kanzlei, bei der Antragsstellung, um die Effizienz im Prozess und die Erteilungschancen zu erhöhen.
Für besonders Hochqualifizierte besteht grundsätzlich auch die Möglichkeit eines ‘Jobseeker-Visums’, welches zum Aufenthalt zwecks Arbeitssuche für die Dauer von sechs Monaten berechtigt. Wurde dieses Visum erteilt, kann der*die Drittstaatsangehörige den Antrag auf Erteilung der Rot-Weiß-Rot-Karte auch direkt in Österreich stellen.“
Wo wird der Antrag für die Rot-Weiß-Rot-Karte gestellt?
Dr. Karolin Andréewitch-Wallner: „Der Antrag auf Erteilung einer Rot-Weiß-Rot-Karte in Österreich ist bei der Niederlassungsbehörde, die für den beabsichtigten Wohnsitz des*der Drittstaatsangehörigen örtlich zuständig ist, zu stellen. Die Niederlassungsbehörde ist dabei die Bezirkshauptmannschaft bzw. in den Statutarstädten grundsätzlich das Magistrat, etwa in Wien die MA 35.“
FAQ: Häufige Fragen zur Rot-Weiß-Rot-Karte
Hier haben wir häufige Fragen von Arbeitgebern rund um die Rot-Weiß-Rot-Karte zusammengetragen, die von der Rechtsexpertin beantwortet werden:
Hat der Arbeitgeber Verpflichtungen rund um die Rot-Weiß-Rot-Karte?
Dr. Karolin Andréewitch-Wallner: „Arbeitgeber müssen innerhalb von drei Tagen den Anfang und das Ende der Beschäftigung einer drittstaatsangehörigen Fachkraft beim AMS melden. Ferner sollten Arbeitgeber Kopien der Bewilligungen, Bestätigungen und Aufenthaltstitel für den Fall einer behördlichen Kontrolle im Betrieb bereithalten. Die Unterlassung dieser Verpflichtungen kann für Arbeitgeber eine Geldstrafe bis zu 2.000 Euro nach sich ziehen.“
Mit welchen Vorlaufzeiten müssen Arbeitgeber rechnen?
Dr. Karolin Andréewitch-Wallner: „Wenngleich eine Pauschalaussage aufgrund der verschiedenen maßgebenden Faktoren nicht möglich ist, sollten Arbeitgeber eine gewisse Zeitspanne für den Prozess der Beantragung und Erteilung der Rot-Weiß-Rot-Karte einplanen. Der Antrag sollte jedenfalls mindestens acht bis zehn Wochen vor geplantem Beginn des Arbeitsverhältnisses eingebracht werden. Die Niederlassungsbehörde hat grundsätzlich innerhalb von acht Wochen über den Antrag zu entscheiden. Vor erfolgreicher Erteilung darf der*die Drittstaatsangehörige keinesfalls für Arbeitsleistungen eingesetzt werden.“
Was passiert, wenn Arbeitnehmer den Job wechseln?
Dr. Karolin Andréewitch-Wallner: „Im Vergleich zur Rot-Weiß-Rot-Karte Plus, ermöglicht die Rot-Weiß-Rot-Karte nur die Niederlassung und Beschäftigung bei einem bestimmten Arbeitgeber. Bei einem Arbeitgeberwechsel ist ein neuer Antrag auf Ausstellung der Rot-Weiß-Rot-Karte erforderlich. In diesem Fall sind wiederum sämtliche Voraussetzungen für die Rot-Weiß-Rot-Karte zu überprüfen, unter Umständen kommt diesfalls ein anderer Aufenthaltstitel in Betracht.“
Ein abschließender Tipp der Rechtsexpertin
Dr. Karolin Andréewitch-Wallner: „Sehr wichtig ist es, die Dauer des Bewilligungsprozesses nicht zu unterschätzen. In der Praxis ist dies oft der Fall und führt zu Verzögerungen beim ursprünglich geplanten Arbeitsbeginn. Der Beurteilungs- und Entscheidungsprozess bei den Behörden kann dadurch erleichtert und beschleunigt werden, dass die ausländische Fachkraft und der Arbeitgeber gut vorbereitet an das Verfahren herangehen. Aufgrund der Komplexität der Materie, sollten Arbeitgeber in Zweifelsfällen den Rat von Rechtsexpert*innen einholen.“
Dr. Karolin Andréewitch-Wallner
Rechtsanwältin und Partnerin bei Taylor Wessing Österreich
Dr. Karolin Andréewitch-Wallner ist Rechtsanwältin und Partnerin im Arbeitsrechtsteam von Taylor Wessing Österreich. Ihre Schwerpunkte liegen in den Bereichen kollektives Arbeitsrecht, Arbeitszeit, „Global Mobility“ sowie Mitarbeiterbeteiligung und Gleichbehandlung. Dr. Andréewitch-Wallner ist externe Lektorin an der Fachhochschule Wiener Neustadt und trägt regelmäßig zu arbeitsrechtlichen Themen vor.
Autorin: Beatrix Ferriman
Bildnachweis: istockphoto.com / Zbynek Pospisil
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