
KI im Arbeitsalltag: So nutzen Österreicher sie
Künstliche Intelligenz ist im Vormarsch, aber wie wird sie im Arbeitsalltag angewendet und welche weiteren Auswirkungen wird sie in den nächsten Jahren auf Jobs haben? Die Studie „Decoding Global Talent 2024“ liefert aktuelle Daten zur KI-Nutzung in Österreich und zeigt auch, wo noch Lücken und Entwicklungspotenziale bestehen. Die Studie ist eine der größten Arbeitskräftestudien der Welt und wird von The Stepstone Group in Kooperation mit The Network und der Boston Consulting Group (BCG) nach Möglichkeit alle vier Jahre durchgeführt. Sie befragt globale Fachkräfte zu ihren beruflichen Wünschen und Arbeitsweisen und fasst die Antworten von mehr als 150.000 Teilnehmer*innen aus 185 Ländern zusammen. Aus Österreich nahmen rund 1700 Personen teil.
Während wir uns mit KI im Recruiting (und insbesondere ChatGPT im Recruiting) schon in mehreren Artikeln ausführlicher auseinandergesetzt haben, ermöglichen diese Studienergebnisse einen fokussierten Einblick in die Nutzung einer bestimmten Form von KI, der generativen Künstlichen Intelligenz.
- Definition: generative KI
- Wie häufig wird KI im Arbeitsalltag in Österreich verwendet?
- Wofür verwenden die Österreicher KI im Job?
- Nutzung generativer KI im weltweiten Ranking
- KI-Personas: Wer nutzt KI am häufigsten?
- Hemmschuh für die Nutzung von KI im Job?
- Impact von KI auf Jobs in den nächsten 5 Jahren
- Was brauchen die Österreicher*innen, um mit der Technologie Schritt zu halten?
Definition: generative KI
Generative künstliche Intelligenz kann neue, originale Inhalte erstellen, die sich oft schon schwer von dem unterscheiden lassen, was Menschen erschaffen. Generative KIs werden mit großen Datenmengen trainiert und leiten aus diesen Regeln und Muster ab. Basierend darauf erstellen sie auf Aufforderung neue Inhalte, das können sowohl Texte wie auch Bilder, Videos oder Musik sein. An generativer KI wird vor allem kritisiert, dass die Überprüfung der Antworten nicht möglich ist und es keine Garantie gibt, dass sie richtig sind.
Wie häufig wird KI im Arbeitsalltag in Österreich verwendet?
Mehr als ein Drittel der befragten Arbeitnehmer*innen verwendet generative KI schon im Arbeitsalltag und/oder im Privatleben, mehrmals pro Monat oder sogar mehrmals pro Woche (14% mehrmals pro Woche, 21% mehrmals pro Monat). Damit ist die Verwendung im Arbeitsalltag im Österreich ähnlich wie im weltweiten Durchschnitt. Bei den besonders gefragten Arbeitnehmer*innen nutzen noch mehr KI regelmäßig, so sind es bei den Unter-30-Jährigen über 50% und bei den Hochqualifizierten 44%.
Zugleich haben aber mehr als 40% der Arbeitnehmer*innen diese Technologien noch nie benutzt. Grundsätzlich wissen aber mehr als 90% zumindest, dass es sie gibt – nur noch 8% haben noch nie von generativer KI gehört.
Wofür verwenden die Österreicher KI im Job?
Von der großen Vielfalt der Anwendungsmöglichkeiten nutzt die Hälfte der aktiven Nutzer*innen KI in erster Linie für Lernen und Recherche, etwas weniger als die Hälfte (47%) für Schreibaufgaben. Auch für administrative Aufgaben kommt generative KI noch relativ häufig zum Einsatz (40%), nur ein Viertel nutzt sie für kreative Aufgaben. Am seltensten nutzen österreichische Arbeitnehmer*innen sie zum Aufdecken von Betrug (4%). Um generative KI also im Arbeitsalltag vielfältiger zu nutzen, müssen Arbeitnehmer*innen ihre KI-Skills noch weiter ausbauen.
Nutzung generativer KI im weltweiten Ranking
Im weltweiten Ranking der KI-Nutzung liegt Österreich derzeit mit 35% regulären Nutzer*innen im guten Mittelfeld auf Platz 27. Im Vergleich dazu liegt Deutschland auf Platz 33 (mit 33% regulären Nutzer*innen), an erster Stelle steht Indien mit 74% regulären Nutzer*innen.
KI-Personas: Wer nutzt KI am häufigsten?
Die Studie ermittelte, dass es vier unterschiedliche Typen von Nutzer*innen gibt:
- Newcomer: Diese erledigen einfache Tasks mit KI, suchen damit Informationen, schreiben Lebensläufe oder verfassen Aufsätze für Schule oder Studium. Durch die Nutzung von KI gibt es noch keine großen Veränderungen in ihren Arbeitsabläufen. 6% der regulären Nutzer*innen (von insgesamt 35%) sind in Österreich dieser Gruppe zuzurechnen.
- Task Master: Diese Nutzer*innen haben den Code für effizienteres Arbeiten schon geknackt, geben gewisse Tasks an die KI ab und haben damit ihre administrativen Aufgaben reduziert sowie ihre E-Mail-Beantwortung verbessert. 9% der Nutzer*innen gehören zu dieser Gruppe.
- Colleague: Wie der Name schon sagt, arbeiten sie mit der KI, als wäre sie ein*e Kollege*in – die generative KI wird fürs Coding, für Recherche, Entwicklung, das Personalisieren von Content und die Erkennung von Betrug verwendet. Diese Nutzergruppe ist in Österreich die größte, ihr gehören 13% an.
- Expert: Diese besonders fortgeschrittene Gruppe setzt auf die strategische Nutzung von generativer KI für die Lösung komplexer Probleme, kann aus ihr gezielt Informationen extrahieren und die Effizienz optimieren. 7% der Nutzer*innen werden zu dieser Gruppe gezählt.
Sowohl global als auch in Österreich geben 42% der Nutzer*innen an, dass sie die Daten nur als Input nutzen, aber die eigentliche Arbeit zum Großteil noch selbst machen – noch höher ist dieser Anteil bei den Experten, wo das 47% angeben. Den Output der KI nutzen nur 6% direkt, ohne ihn weiter zu bearbeiten – bei den Expert*innen sind es in Österreich gar nur 3%.
Hemmschuh für die Nutzung von KI im Job?
Es gibt mehrere Punkte, die die Nutzung von KI im Arbeitsalltag erschweren:
- Schwierigkeiten bei Prompts: 32% der Befragten geben an, dass sie Schwierigkeiten beim Verfassen von Prompts haben und dass ihnen auch weitere Fertigkeiten fehlen, um KI sinnvoll zu nutzen.
- Mangelnde Datenverfügbarkeit: Ebenso gibt ein Drittel Befragten an, dass die Daten nicht verfügbar und die Quellen nicht glaubwürdig sind. Bei den Expert*innen ist der Prozentsatz besonders hoch, bei dieser Gruppe geben das 42% an.
- Mangelnde Qualität: Ein Viertel gibt an, dass die Qualität des Outputs für die Weiterverwendung nicht gut genug ist.
- Technische Probleme: Rund ein Viertel (23%) gibt an, dass die KI langsam arbeite oder sie auf andere technische Probleme stoßen.
- Bias im Output: Nur 7% geben an, dass sie einen Bias im Output bemerkt haben, d.h. dass gewisse Geschlechter- oder Herkunftsstereotypen in den Antworten reproduziert werden.
Impact von KI auf Jobs in den nächsten 5 Jahren
Deutlich mehr als die Hälfte der Befragten (59%) ist sicher, dass über alle Jobs hinweg bestimmte Aufgaben betroffen sein werden, d.h. es braucht die Auseinandersetzung mit den neuen Fertigkeiten und eventuell auch Umschulungen. Damit liegt Österreich signifikant über dem weltweiten Schnitt von 49%.
Von einem noch größeren Einfluss von KI gehen 7% aus, die mit einer großen Transformation ihres Jobs und neuen erforderlichen Skills rechnen; 5% erwarten gar, dass ihre Jobs in Zukunft nicht mehr existieren werden. Auf der anderen Seite sind 29% der Befragten in Österreich der Meinung, dass KI keine Auswirkungen auf ihren Job haben wird.
Wie sehen diese Erwartungen im Vergleich zur Bereitschaft aus, neue Fertigkeiten zu lernen und sich anzupassen? Stellen sich die Österreicher*innen der Zukunft der Arbeit und den Herausforderungen der KI? Im weltweiten Durchschnitt sind 57% Prozent bereit, umzulernen, in Ö nur 53%. 53% der Befragten wollen auf jeden Fall neue Fertigkeiten erwerben, mehr als ein Drittel (36%) dagegen nur, wenn es notwendig ist. Ganze 12% sind gar nicht dazu bereit.
Was brauchen die Österreicher*innen, um mit der Technologie Schritt zu halten?
An erster Stelle steht für die Österreicher*innen, dass sie mehr Zeit brauchen, um sich mit generativer KI vertraut zu machen (43%). Etwas mehr als ein Drittel wünschen sich mehr Informationen dazu, welche Skills sie erlernen sollen (39%), sowie bessere Lernprogramme (34%). Ebenso wünscht sich ein Drittel mehr Unterstützung vom Arbeitgeber. An letzter Stelle hingegen steht ein besserer Internetzugang, den wünschen sich nur 6% der Befragten. Mehr finanzielle und zeitliche Unterstützung beim Erlernen neuer Fertigkeiten in Bezug auf KI sowie weitergehende Informationen dazu, was besonders gefragt ist, wäre aus Sicht der Befragten somit insgesamt für eine qualitativ hochwertige und sinnvolle Nutzung von KI im Arbeitsalltag wünschenswert.
Bildnachweis: istockphoto.com / primeimages
Autorin: Sabine Schönfellner