Pflegefreistellung, Pflegekarenz, Pflegeteilzeit & Begleitungsfreistellung – alles, was du wissen musst, kompakt, praxisnah und nach aktueller Rechtslage.
Das Wichtigste in Kürze
- Pflegeurlaub: Du hast Anspruch auf eine bezahlte Freistellung, wenn du nahe Angehörige, Lebensgefährt*innen oder Haushaltsangehörige bei akuter Erkrankung betreust.
- Dauer: Pro Kalenderjahr steht dir Pflegeurlaub im Ausmaß deiner Wochenarbeitszeit zu – also z. B. 38,5 Stunden bei Vollzeit.
- Stundenweise möglich: Seit 2023 kannst du Pflegeurlaub auch tage- oder stundenweise konsumieren – ideal für flexible Arbeitsmodelle.
- Kinderpflege: Wenn dein Kind unter 12 Jahren krank wird, steht dir eine zusätzliche Woche zu – unabhängig vom regulären Anspruch.
- Langzeitpflege: Bei längerer Betreuung kannst du Pflegekarenz oder Pflegeteilzeit beantragen – bis zu 6 Monate lang.
- Rechtlich geschützt: Pflegeurlaub gilt als Dienstverhinderung – dein Anspruch ist gesetzlich abgesichert und vor Diskriminierung geschützt.
Inhaltsverzeichnis:
1. Was ist Pflegeurlaub?
2. Wer darf Pflegeurlaub beanspruchen?
3. Dauer & Umfang – Arbeitswochenstunden pro Jahr
4. Stundenweise Freistellung – Tag für Tag gestalten
5. Pflege für Kinder & Begleitungsfreistellung
6. Wenn die Freistellung nicht reicht: Alternativen im Überblick
7. Pflegekarenz & Pflegeteilzeit – mehr Flexibilität bei langfristiger Pflege
8. Entgeltfortzahlung – wer zahlt im Pflegefall?
9. Arbeitsrechtlicher Schutz – Kündigung & Gleichbehandlung
10. FAQ – häufige Fragen zum Pflegeurlaub in Österreich
1. Was ist Pflegeurlaub?
Pflegefreistellung, oft auch „Pflegeurlaub“ genannt, ist eine gesetzliche Anspruchsregelung, mit der du als Arbeitnehmer*in in Österreich einmal jährlich eine Woche bezahlten Urlaub nehmen kannst, um nahe Angehörige oder mit dir im Haushalt lebende Personen bei akuter Krankheit oder besonderen Pflegebedarfsfällen ohne Einkommensverlust zu betreuen.
Dazu zählen nicht nur Eltern, Kinder oder Großeltern, sondern auch Lebensgefährt*innen, Ehegatt*innen oder andere Personen, mit denen du im selben Haushalt lebst. Der Pflegeurlaub hilft dir, in akuten Situationen rasch zu reagieren – etwa, wenn deine Partnerin plötzlich ins Krankenhaus muss oder ein Elternteil krank wird. Dabei bleibt dein Einkommen vollständig erhalten.
Ziel ist es, in belastenden Situationen Zeit für pflegebedürftige Personen, Kinder oder kranke Angehörige zu haben und dabei die finanzielle Sicherheit der betreuenden Person zu wahren.

Dieser Anspruch basiert auf dem neuen Gleichbehandlungsgesetz, das seit November 2023 den Begriff Pflegefreistellung ganz offiziell im arbeitsrechtlichen Rahmen etabliert. Zu den Begünstigten zählen Personen, die in direkten familiären oder betreuenden Beziehungen zu pflegebedürftigen Menschen stehen. Dabei ist ein gemeinsamer Haushalt keine Voraussetzung.
Gleiches gilt genau andersherum: Seitdem ist auch rechtlich klar geregelt, dass Pflegebedarf nicht automatisch an eine familiäre Beziehung gebunden ist. Es reicht, wenn du in einer tatsächlichen Betreuungssituation bist – etwa bei einem/einer Lebensgefährt*in im gemeinsamen Haushalt.
2. Wer darf Pflegeurlaub beanspruchen?
Als Arbeitnehmer*in in Österreich hast du Anspruch auf Pflegeurlaub, wenn du dich kurzfristig um eine betreuungsbedürftige Person kümmern musst. Das gilt für viele Lebenssituationen, egal, ob du Elternteil, Lebensgefährt*in oder Teil einer Haushaltsgemeinschaft bist. Wichtig ist, dass die Person krank ist oder akuten Pflegebedarf hat.
Anspruch auf Pflegefreistellung hast du, wenn eine der folgenden Situationen zutrifft:
- Pflege von nahen Angehörigen wie Eltern, Großeltern, Kindern, Enkelkindern, Wahl- oder Pflegekindern
- Betreuung einer im gemeinsamen Haushalt lebenden Person, auch ohne verwandtschaftliche Beziehung
- Wenn du mit einer pflegebedürftigen Person im selben Haushalt wohnst – z. B. einer Mitbewohner*in oder Schwiegermutter.
- Übernahme der Betreuung für ein minderjähriges Kind, wenn die ständige Betreuungsperson ausfällt (z. B. durch Krankheit, Unfall oder Tod)
Wichtig: Dein Arbeitgeber darf den Anspruch grundsätzlich nicht ablehnen. Voraussetzung ist jedoch, dass du die Freistellung rechtzeitig meldest und eine akute Pflegesituation vorliegt. Pflegeurlaub gilt rechtlich als Arbeitsverhinderung aus wichtigem Grund – und ist entsprechend abgesichert.
3. Dauer & Umfang – Arbeitswochenstunden pro Jahr
Die Anzahl deiner Pflegefreistunden im Pflegejahr entspricht deiner regelmäßigen Wochenarbeitszeit. Das Gesetz sieht vor, dass dir als Arbeitnehmer*in ein Anspruch im Ausmaß deiner wöchentlichen Normalarbeitszeit zusteht, einmal pro Kalenderjahr. Der Pflegeurlaub zählt dabei als Dienstverhinderung aus wichtigem Grund und ist voll bezahlt.
So funktioniert die Berechnung:
- 38,5 StundenWoche (Vollzeit) → 38,5 Stunden Pflegefreistellung im Kalenderjahr
- Teilzeit mit 20 Stunden pro Woche (Teilzeit) → 20 Stunden Freistellung
- Flexible Arbeitsmodelle (Gleitzeit, Schichtdienst) → jeweils die vertraglich vereinbarte Durchschnittsstundenanzahl
Du kannst deine Freistellung flexibel gestalten: tage-, wochen- oder stundenweise. Das gibt dir maximale zeitliche Gestaltungsspielräume für kurzfristige Pflegesituationen.
4. Stundenweise Freistellung – Tag für Tag gestalten
Neu seit Ende 2023: Pflegefreistellung ist nun auch stundenweise möglich. Das ist besonders praktisch, wenn die Pflegesituation kurzfristig auftritt oder du Schicht‑/Gleitzeitmodelle nutzt.
Diese Möglichkeit ist ebenfalls Teil der gesetzlichen Regelungen und gilt genauso als Dienstverhinderung aus wichtigem Grund wie die tageweise Pflegefreistellung.
Voraussetzungen für die stundenweise Beanspruchung:
- Du arbeitest an jenem Tag mindestens 6 Stunden.
- Du beantragst die Freistellung vormittags für mehrere Stunden oder halben Tag.
Beispiel: Du arbeitest 38,5 Stunden pro Woche, also berechnet sich dein Anspruch in Stunden. Bei einer halbtägigen Pflegefreistellung geht dies von deinem Gesamtstundenkonto ab.
Wenn du zum Beispiel an einem Vormittag 4 Stunden Pflegezeit nimmst (z. B. für einen Arztbesuch mit deinem Vater), wird dieser Anteil vom Gesamtanspruch abgezogen.
5. Pflege für Kinder & Begleitungsfreistellung
Erkrankt dein Kind, brauchst du oft sofort Unterstützung. Genau hier greift der erweiterte Pflegeurlaub für Elternteile. Zusätzlich zur regulären Pflegefreistellung hast du Anspruch auf eine zweite Woche, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind.
Zweite Woche bei Kinderpflege
Du bekommst eine zweite Woche ergänzend bzw. gesondert, wenn:
- mindestens ein Kind unter 12 Jahren erkrankt ist,
- die erste Freistellung bereits aufgebraucht ist,
- keine anderen Entgeltregelungen (z. B. Krankenstand des Elternteils) greifen.
Beide Wochen zusammen sind rechtlich abgesichert.
Begleitungsfreistellung
Wenn dein Kind unter 10 Jahren stationär behandelt werden muss (z. B. Krankenhaus, Reha), dann gilt der Anspruch ebenfalls. Voraussetzung ist, dass du die regelmäßige Begleitung übernimmst.
6. Wenn die Freistellung nicht reicht: Alternativen im Überblick
Manchmal reicht der reguläre Pflegeurlaub nicht aus. Vor allem, wenn Angehörige oder Lebensgefährt*innen länger Betreuung brauchen. In solchen Fällen stehen dir als Arbeitnehmende*m weitere Optionen offen. Sie bieten dir mehr Spielraum und Sicherheit bei längeren Dienstverhinderungen:
- Urlaub einseitig antreten: Du kannst Urlaub auch ohne vorherige Zustimmung des Arbeitgebers antreten. Dieser zählt allerdings dann als regulärer Urlaubstag.
- Pflegekarenz/ Pflegeteilzeit: Sobald Pflege für Langzeitfälle notwendig wird und die Voraussetzungen erfüllt sind
Sowohl Karenz- als auch Teilzeit schauen wir uns genauer an.
7. Pflegekarenz & Pflegeteilzeit – mehr Flexibilität bei langfristiger Pflege
Wenn dein regulärer Pflegeurlaub nicht mehr ausreicht, hast du als Arbeitnehmende*r in Österreich zwei gesetzlich geregelte Möglichkeiten, Betreuung und Beruf besser zu vereinbaren:
- Pflegekarenz: vollständige Freistellung mit einem Anteil Pflegekarenzgeld (ca. 55 % des täglichen Nettoarbeitslohns, zumindest in Höhe der monatlichen Geringfügigkeitsgrenze) für maximal 3 – 6 Monate.
- Pflegeteilzeit: Reduziere deine Arbeitszeit beispielsweise auf eine Teilzeitbeschäftigung. Pflegekarenzgeld wird deiner reduzierten Arbeitszeit entsprechend angepasst.
Entscheidend dabei sind einerseits die getroffene Vereinbarung mit dem Arbeitgeber und andererseits die Ansprüche auf Pflegezeit je pflegebedürftiger Person: Für jede pflegebedürftige Person kann das Pflegekarenzgeld insgesamt bis zu sechs Monate bezogen werden, etwa wenn sich zwei Angehörige abwechseln.
Kommt es später zu einer erhöhten Pflegegeldstufe, darf die Pflegekarenz oder Pflegeteilzeit einmalig verlängert werden.
8. Entgeltfortzahlung – wer zahlt im Pflegefall?
Während der Pflegefreistellung erhältst du dein Entgelt wie gewohnt auf Basis des sogenannten Ausfallsprinzips. Die Vereinbarkeit mit dem Angestelltenstatus ist entscheidend.
- Arbeitgeber trägt volle Kosten
- Falls du ein ärztliches Attest benötigst, ist der Arbeitgeber verpflichtet, auch die Attest-Kosten zu übernehmen.
9. Arbeitsrechtlicher Schutz – Kündigung & Gleichbehandlung
Wenn du Pflegeurlaub, Pflegekarenz oder Pflegeteilzeit in Anspruch nimmst, bist du rechtlich abgesichert, sowohl vor Kündigung als auch vor Benachteiligung im Job.
Kündigungsschutz
Eine Kündigung während (oder kurz vor angemeldeter) Pflegefreistellung kann rechtlich abgewehrt werden. Du darfst nicht wegen der Freistellung zum Nachteil entlassen werden. Die Frist für die Anfechtung ist allerdings sehr kurz. Es gilt, sofort zu handeln.
Diskriminierungsschutz
Im Rahmen des Gleichbehandlungsgesetzes bist du vor Diskriminierung aufgrund von Pflegepflichten geschützt. Kein Arbeitgeber darf dir etwa Beförderungen verweigern oder Arbeitsbedingungen verschlechtern aufgrund eines in Anspruch genommenen Pflegeurlaubs.
10. FAQ – häufige Fragen zum Pflegeurlaub in Österreich
Kann ich Pflegefreistellung stundenweise nehmen?
Ja, seit Ende 2023 ist dies erlaubt, falls du mindestens 6 Stunden arbeitest. Du kannst dann z. B. für einen halben Tag freinehmen und die Stunden vom Gesamtanspruch abziehen.
Wer zahlt bei ärztlichem Nachweis?
Dein Arbeitgeber übernimmt sämtliche Kosten – auch für Atteste.
Steht mir eine zweite Woche Pflege für mein Kind zu?
Ja, solange das Kind unter 12 Jahre alt ist, es erneut krank wird und du die erste Freistellung schon beansprucht hast.
Kann ich die Freistellung mehrfach in Anspruch nehmen?
Nein, du hast pro Pflegejahr nur Anspruch auf eine Woche plus eine Kinderwoche, selbst wenn mehrere Personen unterstützt werden.
Was kann ich tun, wenn der Arbeitgeber meinen Anspruch ablehnt?
Wende dich an die Arbeiterkammer oder direkt ans Arbeits- und Sozialgericht. Der Anspruch auf Pflegeurlaub ist gesetzlich verankert.