Über Geld spricht man nicht? Das mag in vielen Situationen immer noch üblich sein, aber im Vorstellungsgespräch solltest du das Thema Gehalt unbedingt ansprechen. Schließlich hat es großen Einfluss auf deine Entscheidung für oder gegen eine Stelle. Wie du dabei besonders geschickt vorgehst, liest du hier.
Inhaltsverzeichnis
Richtige Selbsteinschätzung fürs Vorstellungsgespräch: Wie viel Gehalt kannst du fordern?
Gehaltsfrage im Vorstellungsgespräch: Berücksichtige alle Bestandteile
Timing im Bewerbungsgespräch: Wann solltest du die Gehaltsfrage stellen?
Strategie: Wie verhandelst du das Gehalt im Bewerbungsgespräch?
Das sagt der Gehaltsexperte zum Thema Gehalt Verhandeln im Bewerbungsgespräch
Das Wichtigste in Kürze
- Informiere dich gründlich über die branchenübliche Gehaltsspanne, passend zu deiner Berufserfahrung, bevor du ins Vorstellungsgespräch gehst.
- Nutze den Stepstone Gehaltsplaner oder ähnliche Tools, um realistische Gehaltsvorstellungen zu entwickeln.
- Berücksichtige bei deinen Gehaltsforderungen Faktoren wie Unternehmensgröße, Branche, Region und spezifische Verantwortlichkeiten.
- Formuliere deine Gehaltsvorstellungen am besten in Form einer Gehaltsspanne, um Verhandlungsspielraum zu behalten.
- Warte idealerweise ab, bis dein Gegenüber dich nach deinen Gehaltsvorstellungen fragt, oder lenke das Gespräch vorsichtig selbst in diese Richtung.
Richtige Selbsteinschätzung fürs Vorstellungsgespräch: Wie viel Gehalt kannst du fordern?
Informier dich vor dem Termin gründlich über die branchenübliche Gehaltsspanne – und zwar passend zu deiner Berufserfahrung. Denn je mehr Erfahrung du hast, desto mehr Gehalt kannst du im Vorstellungsgespräch fordern.
Wie viel du wirklich verlangen kannst, erfährst du besonders einfach mit dem Stepstone Gehaltsplaner.
Wichtig: Behalte bei deiner Recherche im Hinterkopf, dass dein tatsächliches Gehalt von mehreren Faktoren abhängt, darunter:
- deine Qualifikation und Berufserfahrung
- die Größe des Unternehmens, bei dem du dich bewirbst
- die Branche
- die Region
Bewirbst du dich intern auf eine andere Stelle, hängt dein mögliches neues Gehalt auch davon ab, ob du zum Beispiel zusätzliche Verantwortung übernimmst. Je nach Unternehmen und Position kannst du Gehaltssprünge von 5 bis 20 % im Vergleich zu deinem bisherigen Gehalt machen.
Du hast besonders gefragte Fachkenntnisse vorzuweisen? Glückwunsch! Denn damit hast du im Vorstellungsgespräch eine gute Verhandlungsgrundlage für dein künftiges Gehalt. Bleib trotzdem realistisch. Zu hohe Gehaltsforderungen gehören genau wie übertriebenes Tiefstapeln zu den größten Fehlern in der Gehaltsverhandlung.
Hast du dich gut informiert und alle genannten Punkte berücksichtigt, bist du zudem auf ein weiteres Szenario gut vorbereitet: Falls dein Gegenüber im Vorstellungsgespräch einen Gehaltsvorschlag macht, bevor du deinen Wunsch nennst, kannst du einordnen, ob dieses Gehalt eventuell zu niedrig oder sogar höher als üblich ist – und entsprechend reagieren.
Gehaltsfrage im Vorstellungsgespräch: Berücksichtige alle Bestandteile
Gehälter werden in der Regel als Bruttojahresgehalt verhandelt. Von diesem gehen noch Steuern und Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung ab, darunter Beiträge für Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung. Der Betrag, den du im Vorstellungsgespräch als Gehalt vereinbarst, unterscheidet sich also von dem, der später auf deinem Konto landet.
Neben dem vereinbarten Grundgehalt können zudem weitere Gehaltsbestandteile zur Gesamtvergütung zählen:
- variable Gehaltsanteile wie Bonuszahlungen und Prämien
- nicht-monetäre Unternehmensvorteile wie kostenlose Getränke, ein Parkplatz, eine Jahreskarte oder das KlimaTicket
Ob ein Arbeitgeber seinen Mitarbeitenden in Form von Boni am Umsatz beteiligt oder nicht-monetäre Unternehmensvorteile auszahlt, unterscheidet sich von Unternehmen zu Unternehmen. Ein Anrecht darauf hast du nicht. Genau deshalb solltest du diese Punkte nicht vergessen, wenn es im Vorstellungsgespräch um dein Wunschgehalt geht.

Wer bei der Gehaltsfrage geschickt verhandelt, kann sich am Monatsende über mehr Nettogehalt auf dem Konto freuen, selbst wenn das Bruttogehalt hinter den ursprünglichen Vorstellungen zurückbleibt. Das Stichwort lautet: Netto-Entgelt-Optimierung. Viele sogenannte Benefits und Lohnbausteine sind steuerlich begünstigt oder pauschal besteuert. Das kann beispielsweise der Verpflegungszuschuss in Form von Essensmarken sein oder die Kostenübernahme für die Kinderbetreuung. So zahlst du weniger Steuern und hast am Ende mehr von deinem Gehalt.
Timing im Bewerbungsgespräch: Wann solltest du die Gehaltsfrage stellen?
Üblicherweise wird die Gehaltsfrage im Vorstellungsgespräch gegen Ende angesprochen. Warte am besten, bis dein Gegenüber dich nach deinen Gehaltsvorstellungen fragt. Passiert das nicht, kannst du das Gespräch vorsichtig selbst in die gewünschte Richtung lenken. Wie du das am besten machst? Indem du dich nach den Rahmenbedingungen der angebotenen Stelle erkundigst.
Kommt ihr dadurch noch immer nicht auf die Vergütung deiner Arbeit zu sprechen, kannst du zum Abschluss des Interviews freundlich nach dem Gehalt fragen.
Strategie: Wie verhandelst du das Gehalt im Bewerbungsgespräch?
1. Setze den ersten Anker
Beginne die Gehaltsverhandlung, indem du deine Gehaltsvorstellung nennst. Diese erste Zahl bleibt als Vergleichspunkt im Raum und beeinflusst den gesamten Verhandlungsprozess.
Der wichtigste Tipp für das Vorstellungsgespräch? Kenne deinen eigenen Marktwert! Als Bewerber*in solltest du dir darüber klar sein, welche Bezahlung für deine Leistung und Branche angemessen ist. Dann gilt es, ein „Gehalts-Must-Have” und „Nice-to-Have” zu definieren und in der Verhandlung mit dem „Nice-to-Have” zu starten. Wird dies abgelehnt, so empfehle ich dir, dich nur maximal bis zu deiner Schmerzgrenze („Must-Have”) runterhandeln zu lassen. Alles darunter führt langfristig zu Frustration.
– Lara Kieninger, Karriere-Expertin und Personalerin bei Stepstone
2. Wiederhole deine Gehaltsvorstellung aus der Bewerbung
Erwähne die Gehaltsvorstellung, die du bereits in deinem Bewerbungsschreiben angegeben hast. Wenn du seitdem zusätzliche Qualifikationen erworben hast, kannst du deinen Gehaltswunsch leicht erhöhen und dies begründen.
3. Kläre die Gehaltsbasis
Stelle sicher, dass ihr über dieselbe Art von Gehalt sprecht – ob monatliches, jährliches, Grundgehalt oder inklusive Boni. Kläre auch, ob die Beträge brutto oder netto sind.
4. Akzeptiere nicht das erste Angebot
Lehne das erste Gehaltsangebot freundlich ab und verhandle weiter. Bringe weitere Argumente für ein höheres Gehalt ein und prüfe den Verhandlungsspielraum.
5. Vereinbare zukünftige Gehaltsanpassungen
Wenn dein Wunschgehalt nicht sofort erfüllt werden kann, vereinbare klare Zeiträume oder Ziele für zukünftige Gehaltsverhandlungen und lass diese im Arbeitsvertrag festhalten.
6. Tritt selbstbewusst auf
Verwende klare und bestimmte Aussagen statt Konjunktiv. Zeige, dass du von deinem Wert überzeugt bist, und präsentiere deine Gehaltsvorstellung mit Selbstvertrauen.
7. Zeige Unzufriedenheit bei niedrigen Angeboten
Mache freundlich, aber deutlich klar, wenn ein Angebot unter deiner Untergrenze liegt. Gib dem Gesprächspartner die Chance, das Angebot zu überdenken und zu verbessern.
8. Fordere Bedenkzeit
Wenn du unsicher bist, bitte um Zeit zum Nachdenken. Sage, dass du die Entscheidung gründlich abwägen möchtest, um sicherzugehen, dass du voll und ganz dahinterstehst.
9. Bereite dich auf Gegenargumente vor
Um erfolgreich zu verhandeln, brauchst du gute Argumente für deine Gehaltsforderungen. Erwarte, dass dein Gegenüber versucht, deinen Gehaltswunsch zu senken. Mit guter Vorbereitung und souveränem Auftreten kannst du diesen Argumenten erfolgreich entgegentreten.
Und wenn das Angebot trotzdem enttäuschend ausfällt? Falls dir im Vorstellungsgespräch ein nach deinem Empfinden viel zu niedriges Gehalt angeboten wird, hast du zwei Möglichkeiten:
- Du entscheidest dich gegen den Job: Versuche, das Gespräch möglichst schnell zu Ende zu bringen. Im Nachgang sagst du das Jobangebot schriftlich oder telefonisch ab, ohne genauer auf die Gründe einzugehen.
- Du spielst den Ball zurück: Sag deinem Gegenüber im Vorstellungsgespräch offen, dass das angebotene Gehalt zu niedrig ist. Erklär der Person sachlich, welches Jahresgehalt du mindestens haben möchtest – und begründe, warum es aus deiner Sicht angemessen ist. Nun müssen die Verantwortlichen im Unternehmen entscheiden, ob du die Stelle zu deinen Bedingungen bekommst oder nicht.
Das sagt der Gehaltsexperte zum Thema Gehalt Verhandeln im Bewerbungsgespräch
Um ein deutliches Mehr an Gehalt herauszuholen, gilt es jedoch, bereits im Bewerbungsprozess gekonnt zu verhandeln – und im richtigen Zeitpunkt die richtigen Karten auf den Tisch zu legen. Nur so werden die ausverhandelten Konditionen auch in den Vertrag mit übernommen. Gute Vorbereitung ist dabei das A und O, wenn es um die Gehaltsverhandlung im Bewerbungsgespräch geht, sagt Gehaltsexperte Conrad Pramböck.
Im Interview mit Stepstone verrät er exklusiv, mit welchen Strategien Bewerber mehr Gehalt für sich herausholen – und warum es sich lohnt, bei Fragen nach dem Gehalt selbstbewusst aufzutreten.
Stepstone.at: Herr Pramböck, wenn ich im Vorstellungsgespräch nach meinem aktuellen Gehalt gefragt werde, muss ich ehrlich antworten? Oder kann ich höher pokern?
In Bewerbungsgesprächen kommt gern die Frage „Was verdienen Sie derzeit? Und was möchten Sie bei uns verdienen?“ Idealerweise antworten Sie auf die erste Frage gar nicht, sondern nennen nur Ihren Gehaltswunsch. Eine Antwort wäre „Meine Gehaltsvorstellung liegt im Bereich von x-tausend Euro brutto pro Jahr.“ Wenn nachgehakt wird, was Sie derzeit verdienen, würde ich sagen: „Knapp darunter“. Besonders hartnäckige Nachfragen können Sie auch mit einem „Das darf ich aus Vertraulichkeitsgründen nicht sagen“ abwimmeln.
Warum sollte ich mein aktuelles Gehalt nicht angeben?
In Gehaltsverhandlungen wollen beide Seiten möglichst vorteilhaft für sich selbst verhandeln. Wenn Sie Ihr aktuelles Gehalt nennen, kennt Ihr Gegenüber die Basis, von der aus Sie sich verbessern wollen. Das schwächt Ihre Verhandlungsposition, wenn Ihr Wunschgehalt beim neuen Arbeitgeber deutlich über Ihrem derzeitigen Verdienst liegt. Damit kommen Sie dann nicht mehr durch, weil Ihr Verhandlungspartner jetzt weiß, dass Sie auch für deutlich weniger tätig werden. Damit wird er Ihnen automatisch weniger anbieten, weil er sich so einiges an Kosten ersparen kann.
Soll ich als Gehaltsvorstellung einen bestimmten Betrag angeben oder einen ungefähren Rahmen?
Was genau Sie auf die Frage nach dem Wunschgehalt sagen, ist auch ein bisschen Verhandlungstaktik. Wenn Sie gar keine Vorstellungen haben, sagen Sie „Meine Gehaltsvorstellungen liegen im Bereich von x-tausend Euro.“ Damit haben Sie eine konkrete Zahl und lassen gleichzeitig den Raum für Verhandlungen offen. Es kann aber auch günstig sein, wenn Sie einen Rahmen nennen, etwa: „Meine Gehaltsvorstellungen liegen im Bereich von 60.000 bis 70.000 Euro.“ Allerdings müssen Sie sich bewusst sein, dass sich Ihre Verhandlungspartner in diesem Fall auf die untere Grenze stürzen werden. Umgekehrt konzentrieren Sie sich auf das obere Ende, wenn Ihnen von Ihrem Gegenüber eine Gehaltsbandbreite genannt wird, und ignorieren das untere Ende.
Kann ich umgekehrt auch rückfragen, wie viel für die Stelle überhaupt vorgesehen ist?
Sich nach der Gehaltsbandbreite im Unternehmen zu erkunden, ist eine sehr gute Taktik. Gerade als Berufseinsteiger können Sie durchaus fragen: „Wo liegt denn die Gehaltsbandbreite für diese Position in Ihrem Unternehmen?“ Die Frage danach verdeutlicht den Verhandlungsrahmen und zeigt Ihnen, was bei Verhandlungen möglich ist. Große Unternehmen haben oft eine bestimmte Bandbreite für Einsteiger. Bei kleineren Unternehmen entscheidet meist der Geschäftsführer, wer was verdient, da ist die Verhandlungsbereitschaft auch größer. Sie können aber auch hier durchaus fragen, was Mitarbeiter in vergleichbaren Positionen verdienen.
Stichwort Berufseinsteiger: Da gibt es oft kein vergleichbares Gehalt aus einem aktuellen Job. Wie beantwortet man in so einem Fall am besten die Frage nach dem Wunschgehalt?
Gerade Einstiegsgehälter lassen sich recht gut recherchieren: Ein Masterabsolvent in Österreich verdient zwischen 30.000 und 35.000 Euro pro Jahr, wobei die Bandbreite je nach Studienrichtung zwischen 20.000 und über 40.000 Euro liegt. Ausschlaggebend dafür ist, welche Ausbildung Sie haben und in welcher Branche Sie arbeiten. Auch Kollektivverträge können bei der Orientierung nach dem Wunschgehalt hilfreich sein. Ich empfehle Masterabsolventen, jeden Betrag über 35.000 Euro getrost anzunehmen, als Techniker jeden Betrag über 40.000 Euro.
Wie viel mehr kann ich verlangen als ich aktuell verdiene?
Das kommt sehr darauf an, welche Chancen ich am Arbeitsmarkt noch habe. Wenn ich bei einer Gehaltsverhandlung kein Angebot einer anderen Firma habe, bin ich automatisch in der schlechteren Position. Umgekehrt kann auch ein Arbeitgeber wenig Alternativen haben, wenn ich eine gesuchte Fachkraft bin und mir die Jobs aussuchen kann. Wer die besten Trümpfe in der Hand hält, kann sein Gehalt sogar verdoppeln. Andere wiederum sind auch mit weniger Gehalt zufrieden, wenn sie dafür mehr Freizeit haben oder einen Job, der besser zu ihnen passt. Das ist individuell unterschiedlich und kommt auf die Argumente an, die Sie in die Verhandlung bringen können.
In Stelleninseraten wird oft ein Richtwert angegeben. Wie viel darüber darf ich im Vorstellungsgespräch mit meinen Gehaltsvorstellungen liegen?
Ich persönlich würde die Zahlen in Stelleninseraten ignorieren. Daran können Sie sich nicht orientieren. Gerade für Akademiker liegen die Gehälter deutlich über dem Kollektivvertrag, andere verdienen jetzt schon doppelt so viel wie im Inserat angegeben. Nur weil Arbeitgeber die Zahl jetzt in ein Jobinserat reinschreiben müssen, hat das mit der Wirklichkeit nicht viel zu tun. Wichtiger ist es, sich im Freundes- und Bekanntenkreis auszutauschen und sich zu erkundigen, wie viel Sie verlangen können. Und wenn Sie gar keine Ahnung haben, rufen Sie mich an – meist kann ich Ihre Gehaltsfrage innerhalb von zehn Minuten abklären.
Was mache ich, wenn meine Gehaltsvorstellungen schon im Vorstellungsgespräch als zu hoch abgeschmettert werden?
Ruhig bleiben und fragen: „Wie lautet Ihr Gegenangebot?“ Jede Emotion, die im Gehaltsgespräch gezeigt wird, ist Verhandlungstaktik. Wenn Ihr Gegenüber so tut, als würde es ob Ihrer Gehaltsforderung aus allen Wolken fallen, ist das nicht ernst zu nehmen – das ist nur Show. Ich würde diese gespielte Empörung ignorieren und sachlich ruhig nachfragen, was das Gegenüber anbieten kann. Natürlich muss ich mir auch meiner Verhandlungsmacht bewusst sein: Wenn ich seit zwei Jahren arbeitslos bin, werde ich wahrscheinlich auch mit einem niedrigeren Gehalt zufrieden sein müssen, aber nur weil jemand so tut, als wäre meine Forderung unverschämt, muss ich nicht gleich zurückrudern. Mein Rat ist wirklich, ruhig zu bleiben, sachlich weiter zu argumentieren und offen zu sagen, wenn einem der angebotene Betrag zu wenig ist.
Ein Gehaltsangebot liegt auf dem Tisch: Annehmen oder weiterverhandeln?
Das würde ich vom Angebot abhängig machen. Manche Angebote sind so gut, dass ich bedenkenlos zusagen kann. Wenn ich nicht sicher bin, kann ich mich auch höflich bedanken und sagen, dass ich noch eine Nacht darüber schlafen möchte. Ob Sie nachverhandeln oder nicht, ist auch ein bisschen Bauchsache: Haben Sie das Gefühl, da geht noch was, oder vermittelt Ihnen Ihr Gegenüber glaubhaft ein gutes und ernst gemeintes Angebot? Je besser Sie vorbereitet sind, je mehr Sie die marktüblichen Gehälter und Ihren eigenen Marktwert kennen, desto eher können Sie in so einer Situation einschätzen, ob Sie weiterverhandeln sollen – oder ob es passt.
Macht es einen Unterschied, ob ich das Gehalt für eine Einsteigerposition bzw. als Fach- oder Führungskraft verhandle? Gibt es diesbezüglich strategische Unterschiede?
Der Verhandlungsspielraum für Führungskräfte ist deutlich größer. Je weiter man sich in der Hierarchie nach oben bewegt, desto größer sind die Spielräume zwischen den Positionen. Außerdem bringe ich als Führungskraft schon berufliche Erfahrung und ein Referenzgehalt mit. Das habe ich als Berufseinsteiger nicht: Da geht es auf einen Schlag mit unglaublich hohen Beträgen im Vergleich zum chronisch leeren Studentenkonto los. Allerdings rate ich Absolventen und Menschen mit geringer Berufserfahrung, sich die Arbeitgeber nicht nur aufgrund der Höhe des Einstiegsgehalts auszusuchen. Viele Arbeitgeber bieten da erstaunlich hoch, aber danach geht lange nichts weiter. Ich würde mich als Absolvent immer nach der Perspektive richten, die mir das Unternehmen bieten kann – da sollten Sie durchaus in einem Zeithorizont von fünf bis zehn Jahren denken.
Bis wann ist man in Gehaltsverhandlungen Berufseinsteiger oder anders gefragt: Ab wann gilt man als Fachkraft?
Der Unterschied beginnt ab drei bis fünf Jahren Berufserfahrung. Davor sind die Verhandlungsspielräume relativ gering. Nach ein paar Jahren sieht man dann, ob ein Mitarbeiter wirklich kompetent ist. Speziell wenn es auf die 30 zugeht, entscheiden sich viele Unternehmen, ob sich ein Mitarbeiter Richtung Führungskraft oder eher Richtung Fachposition entwickeln soll. Ganz wichtig für diesen Prozess ist das Vertrauen zwischen Ihnen und Ihrem Vorgesetzten: Wenn er oder sie Ihnen vertraut, wird er oder sie auch Ihre Gehaltsentwicklung unterstützen. Umgekehrt werden Sie weder ge- noch befördert, wenn Ihr Vorgesetzter kein Potential in Ihnen sieht. Dieses Vertrauen müssen Sie sich durch laufend gute Leistungen erarbeiten. Nur so sieht der Arbeitgeber, dass es ein großer Verlust wäre, wenn Sie gehen, und geht eher auf Ihre Gehaltsforderungen ein. Zwar könnte er Sie jederzeit durch jemanden Billigeren ersetzen – aber er findet dann mit Sicherheit niemanden, der besser ist.
Der Stepstone Gehaltsreport zeigt, dass in Großstädten bessere Gehälter bezahlt werden. Warum ist das so – und wie komme ich auch am Land auf meine Kosten?
Große Städte sind meistens auch strukturstark. In ihnen sind die großen Unternehmen zuhause, die ein verständliches Interesse daran haben, die besten Mitarbeiter an Bord zu holen. Dafür sind sie auch bereit, die besten Gehälter zu bezahlen. Kleine Unternehmen in ländlichen Regionen haben oft gar nicht die Mittel für entsprechende Löhne. Hier könnte man statt nach einem hohen Gehalt nach Zusatzleistungen fragen: Vielleicht gibt es ein Budget für Weiterbildungen, oder es lassen sich viele Tätigkeiten im Home Office erledigen? Vergessen Sie nicht: Gehalt ist letztlich nur eine Zahl. Sie müssen diese immer in den entsprechenden Kontext setzen – und sich auch auf das konzentrieren, was rund um das Gehalt passiert.
Was sollte ich tun, wenn ich trotz allen Verhandlungsgeschicks nicht auf mein Wunschgehalt komme?
Das kommt darauf an. Wenn der Job eine tolle Lernerfahrung darstellt, würde ich mich vor allem in jungen Jahren trotzdem darauf einlassen. Spätestens ab 30 würde ich aber darauf schauen, dass Gehalt und Leistung auch zusammenstimmen. Langfristig schaffe ich das über den Aufbau eines beruflichen Netzwerks, über das ich besser bezahlte Jobs erreichen kann.
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Autor: Jan Rudnicki