
Bewerber sind keine Datenpunkte – warum Empathie im Recruiting den Unterschied macht
Das Wichtigste in Kürze
- Empathie als Schlüsselkompetenz: Wer im Recruiting empathisch handelt, erkennt Potenziale, schafft Vertrauen und bindet Talente nachhaltig.
- Mehrwert vs. Datenprozesse: Empathischer Auswahlprozess erkennt versteckte Skills, fördert Kultur-Fit und Offenheit für Re- und Upskilling.
- Candidate Experience zählt: Persönliche Kommunikation, klares Feedback und Respekt in jeder Phase stärken deine Arbeitgebermarke – auch bei Absagen.
- Technologie bewusst einsetzen: Automatisierung bringt Effizienz, aber Entscheidungen brauchen menschliches Gespür. Empathie und KI ergänzen sich.
- Trainierbare Fähigkeit: Empathie lässt sich lernen – durch klare Strukturen, Fragen-Frameworks, Feedbackrunden und gezielte Trainings im Team.
- Starke Wirkung nach außen: Empathisches Recruiting wirkt positiv auf Weiterempfehlungen, Image und Retention – und macht dein Unternehmen sichtbar anders.
- Das Wichtigste in Kürze
- Warum Empathie im Recruiting zählt
- Diese Vorteile sprechen für empathisches Recruiting:
- Empathie vs. datengetriebener Ansatz
- Empathischer Recruiting-Ansatz: Empathie erkennt, was Algorithmen übersehen
- Empathie: Talent oder Trainingssache?
- Was sind konkrete Umsetzungsschritte für empathisches Recruiting?
- Auswirkungen auf Candidate Experience & Arbeitgeberimage
- Risiken rein automatisierter (KI-)Prozesse
- Mensch & Maschine: Die perfekte Balance
- Best Practices und Beispiele
Warum Empathie im Recruiting zählt
In Zeiten von akutem Fachkräftemangel und steigendem Wettbewerbsdruck können es sich Unternehmen nicht mehr leisten, Kandidat*innen nur als Lebenslauf-Datenpunkte zu betrachten. Die Candidate Experience wird zum entscheidenden Faktor: Wer Bewerber*innen vom ersten Kontakt an mit Respekt begegnet und ihre individuellen Bedürfnisse ernstnimmt, punktet nicht nur im aktuellen Auswahlprozess, sondern sichert sich langfristig auch einen positiven Imageeffekt im Markt.
Lunia Hara, ausgewiesene Expertin für empathische Führung und Autorin des im Mai 2025 erschienenen Buchs „Empathische Führung – Wie wir die Arbeitswelt mit Mitgefühl revolutionieren“, unterstreicht die Tragweite:
Ein empathischer Auswahlprozess spiegelt die Werte des Unternehmens im gesamten Ablauf wider. Respekt muss sich in jeder Mail, jedem Interview und jeder Entscheidung zeigen
Lunia Hara
Hara bringt nicht nur langjährige Praxiserfahrung als ehemalige Director Project Management mit, sondern wurde für ihren mutigen Einsatz für Menschlichkeit in Organisationen mehrfach ausgezeichnet – darunter als LinkedIn Top Voice und Woman of the Year 2024. Ihr Appell, Bewerber*innen nicht zu „Scorern” zu degradieren, sondern sie als Menschen mit Geschichte und Potenzial wahrzunehmen, hat in zahlreichen Unternehmen deutliche Verbesserungen in Retention, Markenbotschaft und Mitarbeiterbindung bewirkt.
Diese Vorteile sprechen für empathisches Recruiting:
- Geringere Absprungraten: Bewerber*innen fühlen sich ernstgenommen und bleiben im Prozess.
- Höhere Empfehlungsraten: Positives Feedback zur Candidate Experience zahlt sich in neuen Leads und Talenten aus.
- Stärkere Mitarbeiterbindung: Wer bereits im Recruiting das Gefühl hat, dazuzugehören, steigt später motivierter ein und bleibt länger.
Indem du Empathie in jeden Schritt deines Recruitings integrierst, positionierst du dein Unternehmen als mitfühlenden Arbeitgeber, der Talente nicht nur anwirbt, sondern auch nachhaltig bindet.
Empathie vs. datengetriebener Ansatz
Im modernen Recruiting greifen viele Unternehmen zu data-driven-Tools: Lebensläufe werden per Keyword-Matching auf Stellenanzeigen abgeglichen, Bewerber*innen durch automatisierte Scoring-Systeme vor- oder aussortiert und HR-Software filtert potenzielle Kandidat*innen nach formalen Kriterien. Zwar sorgt dieser Ansatz für Geschwindigkeit und Effizienz, doch birgt er bei genauerem Blick erhebliche Schwächen:
- Blinde Flecken für Potenzial
Unkonventionelle Werdegänge, projektbezogene Erfahrungen oder ausgeprägte Soft Skills bleiben im reinen Zahlen- und Schlagwortuniversum oft unsichtbar. Ein*e Bewerber*in mit vielseitiger Branchenerfahrung, die vielleicht Lücken im Lebenslauf hat, wird so leicht übersehen – obwohl genau diese Flexibilität und Lernbereitschaft für das Unternehmen wertvoll sein könnte. - Kultur-Missmatch
Scores und Assessments sagen wenig bis nichts über die Motivation, Persönlichkeit oder das Werteverständnis einer Führungskraft oder eines Teammitglieds aus. Automatisierte Verfahren können deshalb plötzlich über Einstellungen entscheiden, obwohl gerade der Kultur-Fit und die gemeinsame Vision der Vorgesetzten über langfristigen Erfolg und Mitarbeiterbindung entscheiden.
Empathischer Recruiting-Ansatz: Empathie erkennt, was Algorithmen übersehen
Ein rein datenbasierter Blick genügt oft nicht, um die passenden Talente zu finden. Schon gar nicht, um sie nachhaltig zu binden. Empathisches Recruiting ergänzt Technologie um etwas, das kein System ersetzen kann: echtes menschliches Verständnis für Potenzial, Persönlichkeit und Entwicklungsmöglichkeiten.
- Ganzheitliche Bewertung
Du ergänzt den Blick auf Hard Skills und Zertifikate um die individuelle Lebensgeschichte, persönliche Stärken und berufliche Visionen der Kandidat*innen. So entdeckst du Talente mit verdecktem Potenzial – etwa Quereinsteiger*innen oder solche mit Auslandserfahrung, die für dein Unternehmen echte Impulsgeber sein können. - Flexibilität statt starrer Profile
Statt Kandidat*innen strikt anhand eines Anforderungsprofils zu bewerten, hinterfragst du Rollenbeschreibungen und suchst bewusst nach Personen, die sich weiterentwickeln wollen. Upskilling und Reskilling sind längst Teil der Arbeitswelt und ein empathischer Auswahlprozess erkennt Menschen, die bereit sind, neue Aufgaben zu übernehmen oder Entscheidungsprozesse aktiv mitzugestalten. - Kultur-Fit & Zukunftsorientierung
Nicht allein die Frage „Passt diese Person auf diese Stelle?“ steht im Vordergrund, sondern „Bringt sie die Offenheit mit, vielleicht schon im nächsten Jahr andere Ziele und Ideen voranzutreiben?“ So entsteht ein Team, das nicht nur heute zusammenpasst, sondern auch morgen noch gemeinsam Herausforderungen meistert.
Lunia Hara fasst es pointiert zusammen:
Aus meiner Sicht braucht es ein grundsätzliches Umdenken im Recruiting: weg von starren Rollenprofilen, hin zu mehr Flexibilität. Unternehmen, die agil bleiben wollen, brauchen Mitarbeitende, die bereit sind, sich weiterzuentwickeln und sich immer wieder in neue Aufgaben einzuarbeiten
Lunia Hara
Dieser empathische Ansatz liefert nicht nur qualitativ hochwertigere Einstellungen, sondern stärkt auch dein Arbeitgeberimage als innovativer und menschlicher Recruiter, der Talente in ihrer Gesamtheit anerkennt.
Empathie: Talent oder Trainingssache?
Empathie ist keine angeborene Superkraft, sondern eine Fähigkeit, die man entwickeln kann. Wer zuhört, nachfragt und offen bleibt, legt die Basis für mitfühlendes Handeln im Recruiting. Natürlich bringen manche Menschen mehr Einfühlungsvermögen mit als andere. Aber: Mit dem richtigen Mindset, gezieltem Training und ehrlicher Reflexion kann jedes Team empathischer und damit erfolgreicher werden.
Dabei helfen Strukturen: Klare Prozesse im Recruiting schaffen Raum, um empathisch zu handeln, statt im Stress zu reagieren. Ein durchdachtes Fragen-Framework, standardisierte Feedback-Formate oder Reflexionsrunden nach Interviews machen es leichter, echte Verbindung zu Kandidat*innen aufzubauen. Trainings wie aktives Zuhören, Perspektivwechsel oder Rollenspiele unterstützen dabei, Empathie bewusst zu entwickeln und im Team zu verankern. So wird aus Haltung Handeln und aus Mitgefühl ein echter Wettbewerbsvorteil.
Was sind konkrete Umsetzungsschritte für empathisches Recruiting?
Empathie ist kein Gefühl, sondern wird deutlich, wenn du sie aktiv in deine Recruiting-Prozesse integrierst. Schon kleine Veränderungen machen einen großen Unterschied: Sie zeigen Wertschätzung, schaffen Vertrauen und heben dein Unternehmen von anderen ab. Wichtig dabei: Empathie braucht Struktur. Denn nur so bleibt sie auch in intensiven Recruiting-Phasen erlebbar.
- Transparente Kommunikation
– Erkläre den Ablauf, Zeitfenster und Entscheidungskriterien klar.
– Halte Kandidat*innen regelmäßig per E-Mail oder Chat über den Status auf dem Laufenden. - Persönliches Touchpoint-Design
– Grußformeln mit Namen, kurze persönliche Notiz im Einladungsmail
– Kurzes persönliches Feedback nach jedem Gespräch - Strukturiertes Interview mit Empathie
– Baue einen festgelegten Ablauf ein (Fragen-Framework), aber lasse Raum für offene Gespräche
– Frage nach Erfahrungen, nicht nur nach Skills:
„Erzähl mir von einem Projekt, das dich besonders motiviert hat.“ - Geschulte Interviewer*innen
– Führe Workshops zu aktivem Zuhören und fragendem Interviewstil durch
– Nutze 360-°-Feedback, um blinde Flecken im Führungsverhalten aufzudecken - Kandidaten-Centric Feedback
– Setze auf kurze, prägnante Rückmeldungen: „Was mir gefallen hat“ und „Ein Tipp für deine Weiterentwicklung“
– Zeige echtes Interesse an der Person, nicht nur an ihrem Lebenslauf
Auswirkungen auf Candidate Experience & Arbeitgeberimage
Empathie im Recruiting zeigt Wirkung, weit über den Auswahlprozess hinaus. Sie formt die Beziehung zwischen Unternehmen und Kandidat*innen von Anfang an und beeinflusst, wie über dich gesprochen wird. Wer respektvoll kommuniziert, baut Vertrauen auf. Und wer Vertrauen schafft, wird weiterempfohlen – selbst dann, wenn’s mit dem Job nicht klappt.
Empathie wirkt sich direkt auf deine Employer Brand aus:
- Positives Employer Branding: Bewerber*innen teilen gute Erfahrungen in ihrem Netzwerk.
- Höhere Weiterempfehlungsrate: Zufriedene Kandidat*innen empfehlen euch weiter auch wenn sie nicht eingestellt wurden.
- Niedrigere Abbruchraten: Wenn Vertrauen etabliert ist, bleiben Talente im Prozess.
Risiken rein automatisierter (KI-)Prozesse
Automatisierung und KI–gestütztes Recruiting können in vielen Bereichen Entlastung schaffen, doch sie bergen auch Risiken, die du nicht ignorieren darfst. Werden Auswahlentscheidungen vollständig datengetrieben getroffen, lauern folgende Fallstricke:
- Verlorene Vielfalt Screening-Algorithmen greifen häufig auf demographische oder rein formale Kriterien zurück. Bewerber*innen mit unkonventionellen Lebensläufen, etwa Quereinsteigerinnen oder jene mit Auslandserfahrung, fallen so schnell durchs Raster. Das Ergebnis: Teams werden homogener und verlieren an kreativer Dynamik, während gerade unterschiedliche Denkweisen für Innovation essenziell sind.
- Fehlende Menschlichkeit
Landest du in einem Postfach, in das nur Standard-E-Mails eintrudeln, fehlt der persönliche Draht. Kandidat*innen fühlen sich wie bloße Datenpunkte, nicht wie Menschen mit individuellen Bedürfnissen. Eine solche Candidate Experience schadet deinem Arbeitgeberimage nachhaltig und erzeugt negative Mundpropaganda. - Fluktuation nach der Einstellung
Selbst Top-Talente können ohne eine empathische Onboarding-Phase und Integration wieder abspringen. Wenn neue Mitarbeitende keinen Rückhalt in ihrem Team oder von ihren Vorgesetzten spüren, sinkt die Motivation schnell und teure Fehlentscheidungen rächen sich in hoher Fluktuation.
Lunia Hara warnt:
KI darf nie das letzte Wort haben. Automatisierung kann unterstützen, aber die Entscheidung braucht menschliches Gespür. Zusammenarbeit ist komplex – und nicht alles lässt sich in Daten fassen.
Lunia Hara
Indem du die Stärken beider Welten – Automatisierung und Empathie – kombinierst, sicherst du dir nicht nur Geschwindigkeit, sondern auch nachhaltigen Erfolg in deinem Recruiting-Prozess.
Mensch & Maschine: Die perfekte Balance
Technologie kann viel, aber sie ersetzt keine Empathie. Die wahre Stärke liegt in der Verbindung beider Welten: Automatisierung schafft Struktur, Geschwindigkeit und Skalierbarkeit. Empathie sorgt für Vertrauen, Zugehörigkeit und Identifikation. Wer Tools bewusst einsetzt und den Menschen dabei nie aus dem Blick verliert, holt das Beste aus Recruiting-Prozessen heraus.
- Diversity-Checks: Tools identifizieren, wo in deinem Talentpool Diversity-Lücken bestehen.
- Automatische Termin-Synchronisation mit kurzen persönlichen Reminder-Nachrichten.
- Chatbots für FAQs, um schnelle Antworten zu geben, aber immer mit Eskalationsmöglichkeit zu einem menschlichen Kontakt.

“Auch digitale Prozesse selbst lassen sich empathisch gestalten – durch klare Kommunikation, faire Zeitfenster und Möglichkeiten für Rückfragen.”
Lunia Hara
Best Practices und Beispiele
Empathie lässt sich nicht nur theoretisch erklären, denn sie wirkt in der Praxis. Immer mehr Unternehmen integrieren gezielt mitfühlende Maßnahmen in ihre Recruiting-Prozesse und erzielen damit messbare Erfolge. Die folgenden Beispiele zeigen: Oft sind es keine riesigen Veränderungen, sondern konkrete, durchdachte Schritte, die einen echten Unterschied machen, sowohl für Kandidat*innen als auch den Unternehmenserfolg.
| Unternehmen | Maßnahme | Maßnahme |
| Tech-Startup X | Persönliches Video-Feedback nach Erstgespräch | 40 % positive Rückmeldungen auf Social Media |
| Handelskonzern Y | Empathie-Training für Recruiter*innen | − 25 % Abbruchrate im Bewerbungsprozess |
| IT-Dienstleister Z | Mentoring für Quereinsteiger*innen | 30 % Übernahmerate nach Probezeit |
Beispiel: In einem Projekt bei Y führte ein Routing-Tool Bewerbende direkt zu Expert*innen aus dem Team, die sich vorab per Video vorstellten. Die Candidate Experience stieg messbar, weil die Hemmschwelle für Fragen sank.
Gastautorin: Lunia Hara, Expertin für empathische Führung, Autorin von Empathische Führung – Wie wir die Arbeitswelt mit Mitgefühl revolutionieren. Für ihren klaren, mutigen Beitrag zu einer menschlicheren Arbeitswelt wurde sie u. a. ausgezeichnet als LinkedIn Top Voice, Woman of the Year 2024 (Beyond Gender Agenda) und wurde in den Responsible Leadership Network der BMW Foundation aufgenommen.
FAQ – Häufige Fragen zum empathischen Recruiting
Wie viel Zeit kostet empathisches Recruiting extra?
Durch standardisierte empathische Templates und klare Prozesse entsteht kaum Mehraufwand. Oft spart man Zeit durch weniger Nachfragen von Bewerbern und geringere Abbruchraten.
Lässt sich Empathie im Großrecruiting skalieren?
Ja. Nutze Chatbots für erste Infos, automatisierte Termin-Tools und empathische Standard-E-Mails, um viele Kandidat*innen zu betreuen und trotzdem persönlich zu wirken.
Welche KPIs messen Empathie?
Candidate Net Promoter Score (cNPS), Abbruchraten im Prozess, Weiterempfehlungs- und Rückmeldungsquote, Time-to-Hire bei empfohlenen Kandidat*innen.
Ist Empathie eine Fähigkeit, die man lernen kann?
Ja. Empathie ist nicht nur Charakterfrage, sondern auch Übungssache. Mit gezielten Trainings, Feedbackschleifen und Reflexion lässt sich empathisches Verhalten Schritt für Schritt entwickeln.
Wie schule ich mein Team in Empathie?
Workshops zu aktivem Zuhören, Rollenspielen, 360°-Feedback und Reflexionsrunden nach Interview-Blöcken.
Welche Fähigkeiten braucht es für empathisches Recruiting?
Aktives Zuhören, Offenheit, Wertschätzung und die Bereitschaft, sich auf unterschiedliche Perspektiven einzulassen. Diese Fähigkeiten lassen sich gezielt stärken – durch Tools, Austausch im Team und klare Leitlinien im Auswahlprozess.
Wie verhindere ich Bias trotz Empathie?
Definiere klare Interview-Frameworks, nutze diverse Interviewteams und gleiche Empathie-Ansätze mit strukturierten Bewertungskriterien ab.





