Recruiting für Gen X: Was die Generation zwischen Babyboomern und Millennials wirklich will

„Zwischen dem Mut der Jungen und der Weisheit der Alten liegt die Brücke – und die heißt Generation X.“  Wenn wir heute über generationsübergreifende Zusammenarbeit sprechen, vergessen wir häufig den stillen Mittelbau: die Generation X. Sie ist nicht nur Vermittlerin zwischen Boomern und Gen Z – sie ist zugleich Anker und Möglichmacherin im Arbeitsmarkt.

Wie tickt diese Generation wirklich? Was macht sie besonders? Und wie lässt sie sich für Unternehmen gewinnen? Gemeinsam mit Dr. Irène Kilubi – promovierte Unternehmerin, Hochschuldozentin und Expertin für Altersdiversität, Generationenvielfalt und Community Building – geben wir dir Einblicke in die Merkmale, Erwartungen und Bedürfnisse der Generation X. Wir zeigen, wie du diese Generation als Arbeitgeber endlich sichtbar machst und zielgerichtet ansprichst.

Inhaltsverzeichnis

Das Wichtigste in Kürze

  • Prägende Werte: Generation X ist durch gesellschaftliche Umbrüche geprägt und legt besonderen Wert auf Pflichtbewusstsein, Stabilität und Sicherheit im Berufsleben.
  • Arbeitsstil: Sie überzeugt durch stille Wirksamkeit, pragmatisches Handeln und hohe Eigenverantwortung – ohne den Drang zur Selbstdarstellung.
  • Wertschätzende Ansprache: Generation X reagiert auf glaubwürdige Botschaften über LinkedIn, persönliche Empfehlungen und direkte Kontakte – Substanz wiegt mehr als Reichweite.
  • Motivationsfaktoren: Flexible Arbeitsmodelle, hochwertige Weiterbildungen und die Wertschätzung ihrer Erfahrung stärken das Engagement und die Identifikation mit dem Unternehmen.

Generation X: Was sie auszeichnet und von anderen Generationen unterscheidet

Wer gehört eigentlich zu Generation X? Und warum ist sie so wichtig?

Definition und zeitliche Einordnung

Die Generation X, auch „Gen X“ oder „Generation Golf“, umfasst Menschen, die zwischen 1965 und 1980 geboren wurden. Sie liegt zwischen den Babyboomern (1946–1964) und der Generation Y (1981–1996).

Viele befinden sich heute auf dem Höhepunkt ihrer Karriere – oft in Führungspositionen. Trotz ihrer geringeren Zahl im Vergleich zu Babyboomern und Millennials übernehmen sie tragende Rollen im Arbeitsleben. Dr. Irène Kilubi hebt hervor:

Die Generation X wird oft als ‚vergessene Generation‘ bezeichnet – zu Unrecht. Denn sie ist das unsichtbare Rückgrat vieler Organisationen. Sie bildet das Fundament, das nie um Applaus gebeten hat, aber ihn oft verdient hätte.

Gesellschaftlicher Hintergrund

Gen X wuchs in einer Zeit des Umbruchs auf: Kalter Krieg, geteiltes Deutschland, Ölkrise und der Wandel der Arbeitswelt prägten ihr Denken. Gleichzeitig profitierten sie vom materiellen Wohlstand der Nachkriegsjahre.

„Was sie auszeichnet, ist eine bemerkenswerte Resilienz: Aufgewachsen zwischen Kaltem Krieg und digitalem Umbruch, zwischen Plattenspieler und Smartphone hat sie gelernt, mit Unsicherheit umzugehen – und dennoch pragmatisch voranzugehen.“
  Dr. Irène Kilubi

Charakteristische Merkmale

  • Eigenständigkeit: Viele Mitglieder der Gen X mussten schon in jungen Jahren Verantwortung übernehmen. Als sogenannte „Schlüsselkinder“ organisierten sie ihren Alltag früh selbstständig.
  • Anpassungsfähigkeit: Sie gestalteten den Übergang von der analogen zur digitalen Welt aktiv mit, begleiteten den Wandel neuer Technologien und gelten als Brückengeneration.
  • Wunsch nach Sinn und Stabilität: Gen X strebt nicht nach Status (wie Babyboomer) oder ständiger Sichtbarkeit (wie Millennials), sondern legt Wert auf Sinn, Sicherheit und finanziellen Erfolg. Beruflich wie privat.
  • Balance zwischen Karriere und Familie: Viele stehen heute zwischen Führungsverantwortung und familiären Aufgaben – ein doppelter Spagat.
  • Kritisches Denken: Im Vergleich zur älteren Generation begegnet Gen X Autoritäten mit mehr Skepsis und legt Wert auf Unabhängigkeit und Eigenverantwortung.

Worauf legt Generation X heute in der Arbeitswelt Wert?

Gemeinsam mit Dr. Irène Kilubi sind wir der Frage nachgegangen: Welche Werte, Erwartungen und Karriereziele sind für die Generation X im Bewerbungs- und Arbeitsumfeld besonders wichtig?

Nicht durchhalten, sondern gestalten

Verlässlichkeit, Augenhöhe, Eigenverantwortung und Professionalität prägen die Generation X. Viele fragen sich heute: „Wofür stehe ich morgens auf? Kann ich hier ich selbst sein – mit allem, was ich gelernt und erlebt habe?“

Dr. Irène Kilubi bringt es auf den Punkt: „Generation X will nicht mehr nur durchhalten. Sie will gestalten. Aus stabilem Grund. Mit echtem Sinn.“ Es ist die leise, aber kraftvolle Revolution einer Generation, deren Motto lautet: „Wir waren da, als es gezählt hat – und wir sind noch immer da, um Zukunft zu bauen.“

Führung mit Klarheit ohne Rampenlicht

„Sinnsuche und Werteorientierung denkt man oft bei der Generation Z – doch das trifft auch auf Generation X zu“, erklärt Kilubi. „Diese Generation hat sich jahrelang durchgebissen – ohne großes Tamtam. Loyal blieben sie, wenn andere gingen. Sie führen klar, ohne im Mittelpunkt zu stehen. Nach Jahren der Anpassung entdecken sie sich neu. Sie wirken leise, was ihnen oft zum Nachteil wird: Sie glänzen nicht, sie wirken.“

Nicht glänzen, sondern wirken

„Vor einiger Zeit coachte ich eine Gen-X-Kandidatin mit einer Top-Position in einem Konzern. Erfolgreich, aber unzufrieden. Ihre Worte haben sich mir eingebrannt.“ erzählt Dr. Irène Kilubi. Die Kandidatin sagte: „Ich arbeite jeden Tag, aber ich spüre nichts mehr.“

Zwei Monate später wechselte sie in ein Sozialunternehmen. Weniger Gehalt, mehr Sinn. Dr. Irène Kilubi sieht darin keinen Einzelfall. Vielmehr beschreibt dieses Beispiel ein zentrales Merkmal der Generation X: Sie braucht kein Rampenlicht, sondern Wirkung. Keinen Titel, sondern Resonanz.

Integrität statt Image

Gen X sucht keine Arbeitgeber mit Hochglanzfassade, sondern mit Haltung. Studien wie die von Deloitte (2023) zeigen: Für Gen X rangiert die Frage nach „Culture Fit“ noch vor Gehalt oder Titel.

Im Fokus steht nicht kurzfristige Erfüllung, wie bei der Gen Z, sondern langfristige Passung: „Möchte ich hier in zehn Jahren noch arbeiten? Fühle ich mich hier menschlich richtig?“

Für Gen X ist Culture Fit kein Trend, sondern Ausdruck von Vertrauen, Stabilität und Identifikation. Wer das erkennt, gewinnt mehr als eine Arbeitskraft – man gewinnt eine tragende Säule.

Wie lässt sich Gen X heute begeistern – und was schreckt sie ab?

Viele Recruiting-Strategien übersehen Gen X. Zwei typische Fehler zeigen, woran das liegt und was sich ändern muss:

Recruiting-Fehler Nr. 1: Zwischen den Generationen vergessen

Ein Kardinalfehler: Gen X bleibt oft unter dem Radar. Während Boomer und Gen Z im Fokus stehen, fehlt sie auf der Agenda. Dabei tragen viele Gen-X-Mitarbeitende Verantwortung – operativ, strategisch und menschlich. Wer sie ignoriert, verschenkt Erfahrung, Loyalität und Führungsstärke.

Recruiting-Fehler Nr. 2: Die Entwicklungslust der Gen X unterschätzen

Ein verbreiteter Irrtum: Gen X ist „satt“ oder nicht mehr entwicklungsbereit. Das Gegenteil ist der Fall. Viele suchen bewusst nach neuen Impulsen, sinnstiftenden Aufgaben oder persönlichem Wachstum. Dr. Irène Kilubi fasst die Haltung vieler Gen-X-Klient*innen zusammen: „Ich habe viel erreicht – jetzt will ich etwas bewirken.“

So gewinnt man Gen X: Vertrauen statt Versprechen

  • Klarheit & Entscheidungsfreiheit: Geprägt von Eigenverantwortung, legt Generation X großen Wert darauf, selbstständig Entscheidungen zu treffen. Kontrolle wirkt auf sie eher wie ein Zeichen von Misstrauen als wie eine Unterstützung.
  • Vertrauen & Wirkung: Laut PwC (2023) zählen für Gen X vier Dinge besonders: Autonomie, Vertrauen, Anerkennung und Einfluss. Fehlen diese, steigt die Wechselbereitschaft – selbst bei loyalen Mitarbeitenden.
  • Führung auf Augenhöhe & Respekt: Als sogenannte Sandwich-Generation kennt Gen X sowohl starre Hierarchien als auch flache Strukturen. Sie schätzt Respekt, echtes Interesse und eine wertschätzende Kommunikation.

Gen X ist loyal, aber nicht blind. Sie ist leistungsbereit – aber nicht mehr bereit, sich selbst zu verleugnen. Wer heute Vertrauen schenkt, bekommt oft mehr zurück, als jede KPI jemals messen könnte. Zeigt, dass ihr sie seht. Sprecht ihre Lebensrealität an. Und gebt ihnen nicht nur Jobs, sondern Verantwortung mit Sinn.

Dr. Irène Kilubi

Was sie abschreckt: Ignoranz und Inszenierung

  • Mikromanagement, Politikspielchen, mangelnde Wertschätzung: Nach Jahren der Umbrüche fehlt die Geduld für Eitelkeiten. Transparenz und echtes Miteinander zählen.
  • Überinszenierte Jungkultur: Eine TikTok-artige Unternehmenskultur mit Hype-Sprache wirken auf viele exkludierend statt motivierend. Nicht aus Ablehnung, sondern aus dem Wunsch nach Professionalität und Substanz.
  • Übersehene Erfahrung: Viele erleben Ignoranz, wenn andere ihre Expertise übergehen und stattdessen junge Stimmen feiern. Reduziert das Unternehmen Gen X auf ein bloßes Mittel zum Zweck, verlieren diese Mitarbeitenden schnell die Identifikation

„Gebt Gen X nicht nur Raum, sondern Richtung. Zeigt: Wir brauchen euch – als Navigator*innen im Wandel. Wer generationenübergreifende Teams stark machen will, muss Gen X als aktiven Pfeiler der Zusammenarbeit einbeziehen. Denn wer sie verliert, verliert Kontinuität UND Innovationskraft.“

Dr. Irène Kilubi

Lesetipp: In unserem Artikel zum Thema Generationenmanagement verraten wir dir 7 Maßnahmen, mit denen du die generationsübergreifende Zusammenarbeit fördern kannst!

So erreichst du Gen X: Kanäle und Kommunikation

Wie und über welche Kanäle erreichst du Gen X am besten? Und unterscheidet sich das stark von anderen Generationen?

Nicht laut, sondern glaubwürdig

Was bei Gen Z über virale Trends und neue Plattformen läuft, funktioniert bei Gen X besser über persönliche Empfehlungen, berufliche Netzwerke, LinkedIn oder direkte Mail-Kontakte. Im Vordergrund stehen Substanz, Authentizität und ein klarer Mehrwert – keine grellen Versprechen.

Die Sprache, die Gen X erreicht

Gen X liest zwischen den Zeilen. Sie erkennt schnell, ob Kommunikation ernst gemeint ist oder nur aufgesetzt wirkt. Klare Sprache, relevante Inhalte und ein respektvolles Tempo zählen mehr als Reichweite.

Vermeide platte Werbesprache oder leere Employer-Branding-Floskeln. Gen X will nicht überzeugt werden, sondern respektiert.

Dr. Irène Kilubi

Weniger Reichweite, mehr Relevanz

Dr. Irène Kilubis beobachtet: „Die besten Reaktionen kommen, wenn Inhalte Haltung und Relevanz kombinieren – z. B. ein LinkedIn-Artikel mit klarer Position oder ein Event, das Austausch auf Augenhöhe bietet.“ Laut einer Bitkom-Studie (2023) sind 67% der Gen X beruflich auf LinkedIn aktiv, aber nur 22 % posten regelmäßig. Das zeigt: Wer Substanz liefert, hat ihre volle Aufmerksamkeit.

Lesetipp: Hier sind die wichtigsten 6 Recruiting-Trends 2025, die unsere Expert*innen bei The Stepstone Group sehen!

Welche Missverständnisse und Stereotype über Gen X halten sich hartnäckig?

„Wir machen nicht viel Lärm. Aber wenn wir gehen würden, würdet ihr es merken.“ Kaum eine Generation wird so unterschätzt wie Gen X. Es wird Zeit, mit gängigen Stereotypen aufzuräumen.

Mehr als nur „sich fügen“

Ein weitverbreitetes Missverständnis: Gen X fügt sich – nicht rebellisch wie Gen Z, nicht ehrgeizig wie die Babyboomer. Doch das greift zu kurz. Gen X arbeitet leise, aber effektiv: Ärmel hochkrempeln, anpacken, ohne großes Aufheben. Gerade diese stille Stärke bleibt im Bewerbungsprozess, im Generationendiskurs und in der Sichtbarkeit oft unbemerkt – und wird zum Nachteil. Dr. Irène Kilubi berichtet aus ihrer Beratungspraxis:

In meinen Workshops treffe ich auf hochengagierte Gen-X-Führungskräfte, die mit Klarheit führen – ohne Lautstärke. Menschen, die keine Likes brauchen, um Wirkung zu erzielen. Es macht mich traurig, wie viel Potenzial durch Missverständnisse verloren geht.

Bequemlichkeit oder Verantwortungsbewusstsein?

Gen X legt Wert auf Sicherheit, was oft fälschlich als Bequemlichkeit gilt. Ihr Pragmatismus wird unterschätzt, obwohl er Organisationen Stabilität gibt und Brücken zwischen Strategie und Umsetzung schlägt. Diese Generation will gestalten – auf verlässlichem Fundament. Dr. Irène Kilubis abschließender Appell:

Hören wir auf, Gen X in Schubladen zu stecken. Sehen wir sie als das, was sie sind: Die leisen Kraftzentren unserer Organisationen. Binden Sie Gen X aktiv ein – zum Beispiel durch Cross-Mentoring oder Schlüsselrollen im Wandel. Studien wie von Gallup (2023) zeigen: Sie zählen zu den stabilsten Brückenbauern. Geben wir ihnen die Bühne – auch wenn sie nicht darum bitten.

Dr. Irène Kilubi

Gen X im Job auf einen Blick: Was wirklich zählt

  1. Jobsicherheit als Anker

Stabilität gibt Orientierung inmitten von Karriere, Familie und Care-Arbeit. Sicherheit ist kein Luxus, sondern Voraussetzung.

  1. Entwicklung mit Sinn

Gen X will wachsen – fachlich und persönlich. Nicht Titel, sondern relevante Aufgaben und echte Freiräume zählen.

  1. Führung als Mitgestaltung

Führen heißt mitgestalten: Prozesse, Kultur, Strategie. Vertrauen und Verantwortung statt Statusdenken.

  1. Weiterbildung mit Substanz

Coaching, Mentoring und Weiterbildung wirken nur als strategische Angebote, wenn sie praxisnah und wirkungsvoll statt mit leeren Buzzwords gestaltet sind

  1. Balance als Basis

Work-Life-Balance ist notwendig – nicht optional. Nur wer im Gleichgewicht bleibt, kann langfristig leisten.

FAQs

Welche Rolle spielt Gen X heute auf dem Arbeitsmarkt?

Auf dem Arbeitsmarkt bleibt Gen X oft unter dem Radar – trotz zentraler Positionen im Management. Sie bringen Erfahrung, Loyalität und Wandelbereitschaft mit und zählen zu den wichtigsten Stabilitätsfaktoren im Unternehmen.

Was genau versteht man unter der Generation X?

Der Begriff Generation X beschreibt die zwischen 1965 und 1980 Geborenen. Geprägt durch gesellschaftliche Umbrüche wie die Ölkrise, wuchsen sie in einer Zeit der Unsicherheit auf. Sie gelten als pragmatisch, eigenverantwortlich und oft unterschätzt im Generationendiskurs.

Welche Bedeutung haben Technologien für die Gen X?

Die Generation X erlebte den Einzug von PC, Mobiltelefonen und Internet ins Berufsleben. Sie nutzt Technologien pragmatisch als Brücke zwischen traditionellen Arbeitsweisen und digitalen Innovationen zur Effizienzsteigerung.

Dr. Irène Kilubi

Unternehmerin, Multi-Beirätin, Hochschuldozentin

Irène Kilubi ist promovierte Unternehmerin, Multi-Beirätin und Hochschuldozentin und war für Unternehmen wie BMW, Deloitte und Siemens tätig. Ihre Erfahrung und Ideen fließen nun in ihre Arbeit zu Themen wie JOINT GENERATIONS (Altersdiversität und Generationenvielfalt) und Corporate Influencer Strategien und Community Building ein. Sie wurde für ihre Arbeit in Marketing und Diversity mehrfach ausgezeichnet, u.a. als Top 25 Zukunftsmacher*innen Deutschlands vom Business Insider. Während der Kampagne „Innovationsland Deutschland“ betitelte sie das Bundesministerium für Bildung und Forschung als „Die Frau, die Changemaker zusammenbringt“.

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