Frauen in Führungspositionen: Female Leadership im Spannungsfeld

Female Leadership wird durch die Pandemie um Jahre zurückgeworfen. Eine aktuelle StepStone-Studie zum Thema liefert Insights.

Die Pandemie hat unseren Jobmarkt auf den Kopf gestellt. Infolge der Krise könnte der Fortschritt für Frauen in der Arbeitswelt bis Ende 2021 wieder auf dem Niveau von 2017 liegen, so das Fazit des Women-in-Work-Index. Unternehmen riskieren, weibliche Führungskräfte zu verlieren und jahrelange Fortschritte rückgängig zu machen. Kann HR hier ansetzen? Eine aktuelle StepStone-Studie zum Thema liefert Insights und Ansätze für inklusives Recruiting & Employer Branding.

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Wie ist das möglich?

Ein Vater fährt seinen Sohn zum Vorstellungsgespräch bei einem großen Softwareunternehmen. Als sie auf den Parkplatz fahren, klingelt das Telefon des Sohnes. Am Telefon ist der CEO des Unternehmens und sagt: “Viel Glück, mein Sohn, du schaffst das”.

 

Dieses Rätsel spiegelt ein Thema wider, das aktuell neu an Brisanz gewinnt: Die Ungleichheit am Arbeitsplatz mit versteckten Assoziationen von Beruf, Funktion und Geschlecht. Der CEO ist die Mutter des Jungen, doch daran denkt kaum jemand, und zwar aufgrund des unbewussten gesellschaftlichen Vorurteils, das immer noch sehr viele Menschen teilen, nämlich dass Führungskräfte männlich sind. Doch warum ist das so, und hat die Pandemie die Situation eventuell sogar verschärft? Wie geht es Frauen in Führungspositionen und warum sind diese immer noch so ungleich vertreten? Eine aktuelle StepStone Studie zum Thema „Female Leadership“ bietet Einblicke. Die Ergebnisse im Überblick:

Leadership ist männlich

Von 2000 Befragten der aktuellen Female Leadership-Studie von StepStone gaben 61 Prozent im August dieses Jahres an, dass bei ihnen vor allem Männer das Unternehmen und die Teams führen. Nur 31 Prozent der befragten Frauen haben Personalverantwortung. Nur 9 Prozent der Geschäftsführungen und CEOs von Österreichs 200 Top-Unternehmen sind weiblich und auch Führungskräfte im mittleren Management hauptsächlich männlich. Laut Women-In-Work-Index ist die Entwicklung in Österreich sogar rückläufig, Österreich belegt von 33 OECD-Ländern nur mehr Platz 25, was die Chancengleichheit und Teilhabe von Frauen am Arbeitsmarkt betrifft. Mehr dazu, wo berufstätige Frauen in Österreich aktuell stehen, lesen Sie hier. 

Woran liegt das? Fragt man die Beschäftigten selbst, so sagt etwa ein Viertel, dass es zwar qualifiziertere Frauen im Unternehmen gäbe, dass sie aber aus diversen Gründen nicht die Leitung haben. Warum? Etwa weil sie “nicht so gute Kontakte” hatten, wie ihre männlichen Kollegen oder es “Männer in ihrem Unternehmen leichter haben”, aufzusteigen.  

 

Frauen stellen Frauen ein

Frauen arbeiten öfter für weibliche Vorgesetzte: 20 Prozent der befragten Frauen geben an, überwiegend weibliche Führungskräfte zu haben, aber nur 7 Prozent der Männer arbeiten für eine überwiegend weibliche Führungsriege. Umgekehrt stellen Männer auch eher Männer ein. „Nachdem Entscheider aber immer noch überwiegend männlich sind, kommen Frauen vielfach einfach nicht durch“, betont Corina Drucker, Pressesprecherin von StepStone Österreich.

Immer mehr fühlen sich ausgebrannt

68 Prozent der befragten Frauen fühlen sich ausgebrannt und 57 Prozent der befragten Männer. Dabei macht es keinen signifikanten Unterschied, ob im Haushalt Kinder leben oder nicht.

 

 

Vor allem die junge Generation Z (unter 27) fühlt sich ausgebrannt: 16% sehr, 41% etwas und 14% immer öfter, aber auch unter den Millennials (28-41) sind 40% ein wenig ausgebrannt, 15% immer öfter und 9% sehr. Die Boomer ab 57+ sind da schon etwas entspannter, nur 5% sind sehr ausgebrannt, aber immerhin 12% immer öfter und 31% zumindest ein wenig. Frauen fühlen sich stärker ausgebrannt und insbesondere Eltern – egal welchen Geschlechts – bräuchten mehr Flexibilität um alle Aufgaben – beruflich wie privat – vereinbaren zu können.

Soziale Anerkennung für Berufstätige

Im Grunde haben alle Geschlechter eine sehr ähnliche Vorstellung von Karriere: Selbstverwirklichung (55%) und Finanzielle Sicherheit (52%) spielen hierbei die Hauptrolle. Tendenziell ist für Frauen die mit Karriere verbundene Soziale Anerkennung aber wichtiger als für Männer.

 

 

Chance in der Krise

„Frauen haben aus unterschiedlichen Gründen nicht dieselben Möglichkeiten zur Teilhabe, gleichzeitig befinden wir uns aber in der Situation, dass mehr als 60 Prozent der Unternehmen beklagen, wichtige Schlüsselpositionen nicht besetzen zu können”, so Drucker. “Ich sehe in diesem aktuellen Jobboom eine Chance, denn Unternehmen haben einen Arbeitskräftebedarf, der aktuell nur sehr schwer zu decken ist. Möglicherweise ist jetzt die Zeit, wo nicht aufgrund von sozialer Gerechtigkeit, sondern aufgrund wirtschaftlicher Notwendigkeit darauf fokussiert wird, Frauen besser zu inkludieren.” 

Recruiting Female Talents

Untersuchungen haben Folgendes gezeigt: Wenn Frauen eine Stellenanzeige mit männlichen Stereotypen lesen, können sie das Gefühl bekommen, dass sie nicht der Beschreibung entsprechen. Diese unsichtbare Barriere kann Frauen davon abhalten, sich zu bewerben. Das Recruiting weiblicher Fachkräfte beginne demnach bei der Ansprache, dem Wording und dem bewussten Vermeiden des „Genderbias“ in der Sprache der Stellenausschreibungen, so Drucker. „Bei StepStone fokussieren wir aktuell auf diesen Genderbias und werden in Kürze auch den Genderbias-Decoder in Österreich anbieten, der dabei hilft, Stellenanzeigen auf sprachliche Kodierungen zu scannen.“

Damit alleine sei es zwar noch nicht getan, doch werde das Talentepool dadurch im Idealfall diverser und breiter, so Drucker. „Bei der Auswahl der Kandidatinnen und Kandidaten kann es hilfreich sein, die Auswahl zu systematisieren oder etwa auch ein Team aus unterschiedlichen Menschen zusammenzustellen, um die eigenen Vorurteile etwas abzuschwächen“, so Drucker. Aber natürlich brauche es auch mehr flexible Arbeitszeitmodelle und Aufstiegs- und Entwikcklungsmöglicheiten trotz Teilzeit-Anstellung.

Was es bräuchte, um mehr Frauen für Führungspositionen zu gewinnen?

„Eine große Chance, Frauen besser im Unternehmen zu inkludieren und zu entwickeln bieten flexible Arbeitszeitmodelle, wie etwa geteilte Führungspositionen, die dem großen Bedarf an Teilzeitstellen unter weiblichen Dienstnehmerinnen besser gerecht werden.

Der positive Nebeneffekt: nicht nur Frauen, auch männliche Kandidaten legen Wert auf flexible Arbeitszeiten und wollen zunehmend in Teilzeit arbeiten. Die Pandemie hat für viele den Fokus verändert. In Studie gaben 35 Prozent an, jetzt mehr auf ihre Gesundheit, ihre Freizeit und Work-Life-Balance zu fokussieren als vor der Krise.

Geht Führen in Teilzeit?

Die Challenge dabei: „Vielfalt ist komplizierter als der 40-Stunden-All-In-Vertrag auf Lebenszeit mit Anwesenheit im Office von morgens bis abends. Vielfalt bedeutet, sich andere Formen der Leistungskontrolle zu überlegen, andere Formen der Kommunikation und auch neue Möglichkeiten des Know-How-Transfer, der Kooperation“, fasst es Drucker zusammen. Ob Führen in Teilzeit gehe, darin sei man sich in Österreich noch nicht einig. Unter den Befragten der StepStone-Studie sagten 61 Prozent der Frauen, dass Führen in Teilzeit möglich ist, hingegen sind nur 48 Prozent der Männer dieser Ansicht. Aber immerhin: Jeder Zweite ist überzeugt, dass eine Teilzeitstelle kein Hindernis für eine Führungsposition ist.

 

Warum es mehr Rolemodels braucht

Jeder fünfte männliche Befragte ist der Ansicht, dass Frauen nicht die Führungsposition inne haben, für die sie aus Sicht der Befragten qualifiziert wären, weil sie keine Führungsposition wollen. Diese Ansicht teilen nur 9 Prozent der weiblichen Befragten und vermuten eher die gläserne Decke als Ursache.

„In unserer Studie haben wir vor allem eines gesehen: Wenn eine Frau in dem Wissen aufwächst, dass Female Leadership möglich ist, wenn sie ein Rolemodel hat und die Überzeugung, dass natürlich auch Frauen in der Lage sind, Teams, Unternehmensbereiche oder Unternehmen zu leiten, dann ist der Wunsch auch größer, das selbst zu erreichen“, so Drucker. “Aus diesem Grund ist es umso wichtiger, berufstätige, erfolgreiche Frauen vor den Vorhang zu holen. Wir tun das aktuell, indem wir diesen Herbst auf Social Media dem Thema #nextstepfemalefuture widmen. Mehr zu dieser StepStone-Initiative für mehr Sichtbarkeit berufstätiger Frauen lesen Sie hier am Blog. 

 

 

Autorin: Corina Drucker
Bildnachweis Header: iStock/filmfoto
Infografiken: Corina Drucker/ Gerald Woldan

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