
Mentoring als Erfolgsfaktor
Wie der Austausch zwischen Mitarbeitenden Unternehmen weiterbringt
Mentoring hat das Potenzial, eine vertrauensvolle Bindung zwischen Mitarbeitenden zu schaffen und deren Weiterentwicklung zu fördern – sowohl auf beruflicher als auch auf persönlicher Ebene. Welche Vorteile das für Unternehmen bringt und was sie bei der Entwicklung und Umsetzung von Mentoring-Programmen beachten müssen, verrät Expertin Desirée Jonek-Lustyk.
- Das Wichtigste in Kürze
- Definition: Was ist Mentoring überhaupt?
- Vorteile
- Mentoring als Brücke zwischen Generationen
- Was Unternehmen für erfolgreiche Mentoring-Programme beachten müssen
- Praxis-Tipps
- Formen von Mentoring
- Klassisches 1:1-Mentoring
- Gruppen-Mentoring und Team-Mentoring
- Peer-Mentoring
- Reverse Mentoring
- E-Mentoring / Digitales Mentoring
- Tandem-Mentoring
- Cross-Mentoring
- Projekt- oder Themen-Mentoring
- Mentoring-Programme für Frauen
- Was eine gute Mentoring-Beziehung ausmacht
Das Wichtigste in Kürze
- Mentoring kann eine Bereicherung für alle Beteiligten sein – sofern gewisse Voraussetzungen erfüllt werden.
- Für den Erfolg eines Mentoring-Programms muss dieses nicht nur professionell aufgesetzt, sondern auch konsequent begleitet werden.
- Häufig stellen Unternehmen keine ausreichenden Ressourcen für ihre Mentoring-Programme zur Verfügung.
- Für nachhaltigen Mentoring-Erfolg müssen die geknüpften Beziehungen langfristig betreut sowie follow-ups und Messungen durchgeführt werden.
Definition: Was ist Mentoring überhaupt?
Beim Mentoring geht es um den Austausch von Erfahrungswerten zwischen zwei Personen. Im Unternehmenskontext handelt es sich dabei meist um einen erfahrenen, oft älteren Mitarbeitenden (“Mentor*in”) sowie ein Nachwuchstalent (“Mentee”) am Beginn seiner oder ihrer Karriere. Der*die Mentor*in gibt im Rahmen der beruflichen Tätigkeit erworbenes Wissen direkt weiter und dient als Ansprechpartner*in für verschiedenste Fragen.
Der*die Mentor*in gibt im Rahmen der beruflichen Tätigkeit erworbenes Wissen direkt weiter und dient als Ansprechpartner*in für verschiedenste Fragen.
Auch für die Persönlichkeitsentwicklung spielt die Beziehung zwischen Mentor*in und Mentee eine wichtige Rolle. Damit das gelingt, muss es ein gegenseitiges Commitment geben und die Beziehung von beiden Seiten – Mentor*in und Mentee – ernst genommen werden
Désirée Jonek-Lustyk, Mentoring-Expertin
Vorteile
Mentoring spielt in der Personalentwicklung eine entscheidende Rolle. Unter den richtigen Voraussetzungen bringt es Vorteile für alle Beteiligten.:
- Die Mentees bekommen eine erfahrene Person zur Seite gestellt, an die sich sich mit Fragen wenden können – und zwar auch mit solchen, die über die rein fachliche Ebene hinaus gehen. Dieser Austausch eröffnet Nachwuchstalenten den Zugang zu Wissen, das über Jahre und Jahrzehnte erworben wurde. Der Kontakt mit dem*der Mentor*in kann in vielen Situationen wertvolle Orientierung geben und bei wichtigen Entscheidungen sowie der beruflichen und persönlichen Weiterentwicklung helfen.
- Auch für die Mentor*innen bietet der Austausch Vorteile. „Erfahrene Mitarbeitende profitieren im Mentoring davon, ihre Leadership- und Mitarbeitenden-Entwicklungsskills zu trainieren“, so Jonek-Lustyk. „Die Arbeit mit den Mentees gibt den Mentor*innen die Möglichkeit, etwas über eine neue Generation zu lernen – über ihr Wertesystem und darüber, was den jungen Talenten wichtig ist. Das führt zu einem besseren gegenseitigen Verständnis und hilft bei der Entwicklung der gemeinsamen Unternehmenskultur.“
Mentoring als Brücke zwischen Generationen
Beim Mentoring geht es um Erfahrung, nicht um das Alter. In der Praxis ist der*die Mentor*in dennoch oft älter als der*die Mentee, da mit zunehmenden Berufsjahren mehr Fachwissen, Netzwerke und Lebenserfahrung vorhanden sind, die weitergegeben werden können. In vielen Fällen bildet Mentor*in also eine Brücke zwischen den Generationen – und von dieser Verbindung profitieren beide Seiten, wie Mentoring-Expertin Désirée Jonek-Lustyk erklärt: „Die junge Generation wünscht sich, dass man ihr auf Augenhöhe begegnet und zuhört, sie ernst nimmt mit ihren Erfahrungen.
Das ist auch sehr wichtig für eine erfolgreiche Mentoring-Beziehung: Es geht nicht darum, oftmals jüngeren Menschen zu erklären, wie die Welt oder das Unternehmen funktioniert. Man sollte auch die Chance wahrnehmen, die Einschätzung einer jüngeren Generation zu erbitten. So erhält man Feedback zur Unternehmenskultur und zu Dingen, die man als ‘alter Hase’ im Unternehmen gar nicht mehr wirklich wahrnimmt. Ein Stück weit geht es also auch immer um ‘Reverse Mentoring’:
Es lernen jedenfalls beide Seiten voneinander, Mentoring ist keine Einbahnstraße.
Désirée Jonek-Lustyk, Mentoring-Expertin
Was Unternehmen für erfolgreiche Mentoring-Programme beachten müssen
„Mentoring ist nur eine von vielen möglichen Maßnahmen im Employee Lifecycle. Wichtig ist, dass das Programm professionell aufgesetzt und in weiterer Folge auch konsequent begleitet wird“, sagt Désirée Jonek-Lustyk.
Die meisten Programme scheitern, weil sie aufgrund mangelnder Ressourcen im Sand verlaufen – es kommen keine follow-ups oder Messungen zustande. Dabei beginnt die eigentliche Arbeit erst nach dem Matching von Mentees und Mentor*innen.
Désirée Jonek-Lustyk, Mentoring-Expertin
Praxis-Tipps
Damit ein Mentoring-Programm wirklich Wirkung zeigen kann und zur Entwicklung und Bindung von Talenten beiträgt, sollten Unternehmen laut der Expertin folgende Punkte beachten:
- Bereitstellung ausreichender Ressourcen: Die Aufgaben, die erfüllt werden müssen, reichen von der Identifikation der Pools (Mentor*innen und Mentees) über die Auswahl und den Matching-Prozess bis zur Betreuung durch Inhalte, dem Aufsetzen von Fragebögen, der Messung sowie dem Abschluss des Programms.
- Der*die Mentor*in sollte dem Mentee nicht direkt vorgesetzt sein – es sollte sich um jemanden handeln, der die Leistung des jungen Talents nicht direkt bewertet.
- Wichtig ist es auch, sich Ziele und Indikatoren zur Zielerreichung zu setzen und regelmäßig standardisiert den Effekt des Programms zu erheben. Nur so können Unternehmen den Mentoring-Erfolg und etwaige Schwachstellen sichtbar machen – auf Basis echter Daten.
- Wenn im Unternehmen selbst nicht die erforderlichen Ressourcen vorhanden sind, kann auch externe Unterstützung für die Umsetzung und Betreuung von Mentoring-Programmen in Anspruch genommen werden.
Formen von Mentoring
Es gibt verschiedene Formen von Mentoring, die je nach Zielsetzung, Unternehmen und Kontext mehr oder weniger sinnvoll sein können. Die Wahl der passenden Mentoring-Art ist der erste Schritt auf dem Weg zum Erfolg des Programms.
Die häufigsten Mentoring-Formen im Überblick:
Klassisches 1:1-Mentoring
Dabei begleitet ein* erfahrene*r Mentor*in eine weniger erfahrene Person (Mentee) über einen längeren Zeitraum. Ein solches Entwicklungsprogramm zielt auf die Weitergabe von Wissen, fachlichen Kenntnissen und Kompetenzen sowie die Unterstützung bei der Orientierung auf dem individuellen Karriereweg ab.
Gruppen-Mentoring und Team-Mentoring
Ein*e Mentor*in betreut mehrere Mentees gleichzeitig, wobei auch der Austausch auch zwischen den Mentees gefördert wird. Sind diese Teil des selben Teams, spricht man vom Team-Mentoring.
Peer-Mentoring
Beim Peer-Mentoring befinden sich Mentor*innen und Mentees auf einer ähnlichen Hierarchie- oder Erfahrungsebene. Oft kommt diese Form von Mentoring in Bildungseinrichtungen zum Einsatz, zum Beispiel wenn höhersemestrige Studierende Neueinsteiger*innen unterstützen.
Reverse Mentoring
Von Reverse Mentoring spricht man, wenn jüngere oder weniger erfahrene Personen die Mentor*innenrolle für Ältere oder Führungskräfte übernehmen. In Bezug auf Themen wie Digitalisierung, Social Media oder Trends in der Arbeitswelt ist diese Mentoring-Form besonders relevant.
E-Mentoring / Digitales Mentoring
Mentoring kann auch überwiegend online stattfinden, zum Beispiel via Videocalls oder über interne Kommunikationsplattformen. Die Vorteile: E-Mentoring ist ortsunabhängig, flexibel und auch international möglich.
Tandem-Mentoring
Beim Tandem-Mentoring werden die Mentees von zwei Mentor*innen begleitet. Dabei profitieren sie von unterschiedlichen Sichtweisen und Perspektiven.
Cross-Mentoring
Beim Cross-Mentoring kommen Mentor*in und Mentee aus unterschiedlichen Unternehmen, Bereichen oder sogar Branchen. Dadurch entsteht ein besonders offener Austausch, da keine hierarchische Abhängigkeit besteht. Mentees profitieren von externen Perspektiven, neuen Netzwerken und Best Practices, während Mentor*innen ihre Leadership-Skills weiterentwickeln und Einblicke in andere Unternehmensrealitäten gewinnen. Für Organisationen sind Cross-Mentoring-Programme ein wirksames Instrument, um Talente zu fördern, Diversität zu stärken und Wissen über Unternehmensgrenzen hinweg zu teilen. Häufig werden Führungskräfte oder Mitarbeitende in Spitzenfunktionen für Cross-Mentoring ausgewählt.
Projekt- oder Themen-Mentoring
Diese Art von Mentoring ist zeitlich begrenzt und auf ein bestimmtes Thema oder Projekt ausgerichtet. Beispiele sind die Unterstützung bei der Gründung eines Start-ups oder bei einer wissenschaftlichen Arbeit.
Mentoring-Programme für Frauen
In einigen Unternehmen/Institutionen gibt es auch Mentorin-Programme, die sich speziell an Frauen richten. Oft zielen diese Entwicklungsprogramme darauf ab, langfristig mehr Führungspositionen mit weiblichen Talenten zu besetzen.
Was eine gute Mentoring-Beziehung ausmacht
Offenheit und gegenseitiger Respekt sind die Voraussetzung dafür, dass sowohl Mentor*in als auch Mentee von der Zusammenarbeit profitieren. Klar definierte Ziele, regelmäßiger Austausch und eine konstruktive Feedbackkultur fördern die beidseitige Entwicklung nachhaltig. Als Leiterin des Mentoring-Programms WOMENTOR setzt Desirée Jonek-Lustyk auf drei Grundsäulen für eine gute Mentoring-Beziehung:
- Vertrauen aufbauen und halten, indem man die besten Intentionen für den oder die Mentee hat und durchsetzt.
- Wertschätzung für die Entwicklung der oder des Mentee. Das bedeutet auch, urteilsfrei zuzuhören, anstelle sofort mit (ungefragten) Ratschlägen loszulegen.
- Offenheit – die Beziehung funktioniert am besten, wenn beide Seiten offen und ehrlich miteinander kommunizieren. Wenn man sich gegenseitig noch nicht so gut kennt, erfordert das natürlich einen gewissen Vertrauensvorschuss.

Gastautorin: Désirée Jonek-Lustyk
Désirée Jonek-Lustyk ist Managementberaterin für innovative Arbeitskultur, Diversität und Inklusion sowie Mentoring-Expertin als Gründerin des Social Business WOMENTOR. Sie unterstützt Organisationen strategisch bei der Gestaltung und effektiven Umsetzung einer inklusiven Unternehmenskultur. Seit 2019 leitet sie das zertifizierte Sozialunternehmen WOMENTOR und entwickelt Programme zur Steigerung von Diversität und Gleichberechtigung am Arbeitsplatz. Als Trainerin schult und sensibilisiert sie Führungskräfte in der Aneignung und Umsetzung eines inklusiven Führungsstils.
FAQ: Häufige Fragen rund ums Thema Mentoring
Was macht eine*n gute*n Mentor*in aus?
Ein*e gute*r Mentor*in zeichnet sich durch Offenheit, Vertrauen und echtes Interesse an der Entwicklung desder Mentee aus. Gute Mentor*innen sehen die Mentoring-Beziehung als gegenseitigen Erfahrungsaustausch. Wichtig ist, dass der*die Mentor*in dem*der Mentee nicht direkt vorgesetzt ist und dessen*deren Leistung nicht bewertet.
Worauf müssen Unternehmen bei der Umsetzung von Mentoring-Programmen achten?
Entscheidend ist es, ausreichend Ressourcen für das Mentoring-Programm zur Verfügung zu stellen und diese konsequent zu betreuen – von der Auswahl der Mentor*innen und Mentees bis zum Abschluss und der Evaluierung. Zudem sollte die Effektivität des Programms regelmäßig überprüft werden.
Sind Mentoring und Coaching das selbe?
Nein, Mentoring und Coaching sind nicht dasselbe. Beim Mentoring begleitet eine erfahrene Person (Mentor*in) ein weniger erfahrenes Talent (Mentee) langfristig. Dabei steht die Vermittlung von Wissen, Erfahrungen und Orientierung im Rahmen einer vertrauensvollen Beziehung im Mittelpunkt. Coaching hingegen ist meist zeitlich begrenzt, stärker ziel- oder problemorientiert und wird von professionell ausgebildeten Coaches durchgeführt.





