Schluss mit dem Angestellten-Dasein

Ein persönlicher Erfahrungsbericht: Von der Banking-Karriere zum eigenen Lokal


03.10.2017

Andrea Vaz-König blickt auf eine erfolgreiche 20-jährige Banking-Karriere zurück und entschloss sich vor drei Jahren dazu, sich mit einem Lokal selbständig zu machen. Im Interview gibt sie ehrliche Einblicke zu spannenden und herausfordernden Phasen im Gründungsprozess und erklärt, warum man mit sich selbst nicht zu streng sein sollte.

Was ist das Konzept von deli bluem?

„Bluem“ steht für die Blume – jede Pflanze blüht, aus ihrer Blüte entsteht die Frucht, die wir essen und auch der Samen für die nächsten Generationen an Pflanzen. Wir haben uns ganz der pflanzlichen Küche verschrieben und sehen uns als Experten für alles, was der Boden hergibt. „deli“ steht für den DELIkatessen-Laden, ein Ort wo man gerne gustiert, das Essen sieht das man zu sich nehmen, gleich nach Hause mitnehmen oder auch vor Ort genießen kann. Für mich beschreibt dieser Ausdruck am besten den Ort, den ich am Hamerlingplatz als erstem Standort geschaffen habe.

 

Sie blicken auf eine erfolgreiche Banking-Karriere zurück und haben sich mit 42 Jahren – nach fast 20 Jahren Bank –  dazu entschlossen, umzusatteln und ein Café zu eröffnen. Wodurch wussten Sie, dass Sie beruflich einen neuen Weg einschlagen wollen?

Ich wusste schon auf der Uni, dass ich einmal ein eigenes Unternehmen gründen möchte – aber ich hatte keine Ahnung in welchem Bereich. Gleichzeitig habe ich auf der Uni schon meine Diplomarbeit über Nachhaltige Entwicklung geschrieben. Dazu einen Beitrag zu leisten war damals schon eim Traum – den passenden Job habe ich damals jedoch nicht gefunden. Und die Bank war ein großartiger Bereich um Wirtschaft und auch Unternehmertum zu lernen und zu erfahren.

 

Von der sicheren, gut bezahlten Führungsposition in einer Bank in die Selbständigkeit: Was haben Sie sich von dieser Änderung versprochen?

Ich sehe diesen Vergleich nicht. Für mich hat sich die Frage gestellt „Was will ich in meinem Leben alles machen, worauf möchte ich einmal zurückblicken?“. Für mich war klar, dass die Antwort, die ich mir einmal darauf geben möchte war, etwas gestaltet zu haben, das meine Werte und Überzeugungen reflektiert. Das tue ich heute und dafür war diese Änderung notwendig.

 

Was hat sich seit dieser Entscheidung und Umsetzung in Ihrem Leben verändert?

Vieles und auch wieder Weniges – meine Familie war und ist mein Kraftfeld und Zentrum meines Lebens. Egal ob ich Managerin bin oder ein Lokal führe. Beruflich sind mein Leben und mein Alltag heute naturgemäß anders. Die Verantwortung als selbstständige Unternehmerin ist viel größer. Auch wenn die Euro-Beträge kleiner als in der Bank sein mögen, das eigene Herzblut steckt in allem drinnen.

 

Wie sind Sie in der Gründungsphase vorgegangen? Wie haben Sie Ihre Ideen in die Realität umgesetzt?

Ich habe mir viele Restaurantkonzepte angesehen, habe in einem Lokal in Berlin und in London mitgearbeitet um zu lernen worauf es ankommt. Jeden Tag habe ich zu Hause gekocht und Rezepte ausprobiert und Familie, Freunde und Bekannte als Probanden beglückt. Business Plan, Immobiliensuche, Betriebsanlagengenehmigung, Konzeptdefinition, Einrichtung – darüber könnte ich ganze Bücher schreiben.

 

Was waren die größten Herausforderungen vor denen Sie in der Gründungsphase standen? Welche gibt es aktuell?

Mit mir selbst nicht so streng zu sein. Ich habe mich selbst unter einen sehr hohen Erwartungsdruck gesetzt, an dem ich selbst fast zerbrochen wäre. Das war ein sehr kritischer Moment für mich in dem ich sehr wertvolle Erfahrungen gemacht habe: Es ist in Ordnung – und nicht ein Zeichen von Schwäche – um Hilfe zu bitten und es ist erstaunlich wie unglaublich groß die Unterstützung meiner Umgebung war und ist, wenn man sich erlaubt diesen Weg zu beschreiten. Ich durfte durch diese persönliche Krise unglaublich viel lernen und freue mich nachträglich sehr über diesen Prozess und alle wunderbaren Geschenke, die er mir gebracht hat und die ich heute gerne weitergebe.

 

Was würden Sie mit Ihrer heutigen Erfahrung sagen, dass die Andrea Vaz-König von vor drei Jahren bereits wissen hätte sollen, sodass der gesamte Gründungs- und Weiterentwicklungsprozess (noch) erfolgreicher verlaufen wäre?  

Ich glaube, wenn ich so genau gewusst hätte was da tatsächlich auf mich zukommt hätte ich mich vielleicht doch nicht selbstständig gemacht! Ich bin recht froh, dass ich das nicht so genau wusste und grundsätzlich ein optimistischer Mensch bin – und nachträglich bin ich auch sehr froh diesen Weg gegangen zu sein – aber es war schon so etwas wie eine Feuertaufe.

 

Beruflicher Erfolg heißt für mich…

ich trenne nicht in Beruf und Privat – Erfolg im Leben heißt für mich im Einklang mit meinen Nächsten mit Achtsamkeit zu leben und meinen Beitrag für das Ganze zu leisten.

 

Anderen Menschen, die merken, dass eine berufliche Veränderung ansteht, rate ich…

Höre auf Deine innere Stimme, achte auf Deine Gedanken, sei geduldig mit Dir selbst und anderen – beweg Dich mit dem Fluss der Energie Deines eigenen Wesens und mit Deiner Umgebung und versuche nichts zu erzwingen für das der Zeitpunkt noch nicht reif ist.

 

Zuletzt gefragt: Was ist das Geheimnis Ihrer unverschämt guten Congee Reissuppen?  

Unverschämt viel Liebe und Geduld einfließen lassen.

Bildnachweis: Andrea Vaz-König

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