Die Zahl der Anzeigen, die gezielt nach Bewerber*innen aus fachfremden Bereichen suchen, hat sich mehr als vervierfacht. Unternehmen setzen zunehmend auf Menschen, die bereit sind, dazuzulernen und sich weiterzuentwickeln. Gefragt sind Fachkräfte, die flexibel denken, Neues anpacken und Vertrauen in ihre Fähigkeiten mitbringen – das bestätigt auch Stepstone-Arbeitsmarktexperte Dr. Tobias Zimmermann. Den Schritt in einen neuen Beruf wagte Dr. Annika Kreikenbohm – und berichtet heute offen über den eigenen Weg.
Inhaltsverzeichnis
Karrierewechsel und Quereinstieg: Mit Flexibilität erfolgreich neu starten
Quereinstieg: Das ist Annikas Geschichte
Gehaltsverhandlungen: Selbstbewusst auftreten und realistisch ansetzen
Karrierewechsel und Quereinstieg: Mit Flexibilität erfolgreich neu starten
Der Wechsel in ein völlig neues Berufsfeld ist für viele eine Mutprobe – aber eine, die sich lohnt. Rund ein Fünftel der Quereinsteigerinnen erinnert sich im Rahmen der Stepstone-Umfrage daran, dass sie den Schritt zunächst mit Unsicherheiten und Zweifeln verbunden haben. Jeder Achte investierte in zusätzliche Weiterbildungen, um im neuen Job Fuß zu fassen, und etwa zwölf Prozent taten sich schwer, weil ihnen ein Netzwerk in der neuen Branche fehlte. Und doch zeigt die Studie: Der Einstieg klappt oft reibungslos. 38 Prozent der Befragten hatten keinerlei Schwierigkeiten beim Wechsel.
„Der klassische Job fürs Leben ist ein Auslaufmodell. Berufsbilder wandeln sich immer schneller – und damit auch die Fähigkeiten, die gefragt sind. Wer flexibel bleibt und auf die eigenen Stärken vertraut, wird davon profitieren.“
Dr. Tobias Zimmermann, Arbeitsmarktexperte von The Stepstone Group
Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels gewinnen Berufserfahrene, die sich neu orientieren können, zunehmend an Wert.
Flexibilität wird zur Zukunftschance
Der Wille, sich weiterzuentwickeln, zahlt sich aus – für Arbeitnehmende ebenso wie für Unternehmen. Viele Beschäftigte fühlen sich in ihrem Job unterfordert oder können ihre Kompetenzen nicht richtig einbringen. Parallel dazu suchen Unternehmen händeringend nach geeignetem Personal: 88 Prozent der Recruiter*innen berichten, dass sie kaum passende Kandidat*innen finden.
Weiterbildung und gezielte Qualifizierung sind also die zentralen Stellschrauben.
„Unternehmen sollten systematisch in den Ausbau von Fähigkeiten investieren – sowohl bei neuen als auch bei erfahrenen Mitarbeitenden. Wer auf Entwicklung setzt, schafft die Basis für einen flexiblen, anpassungsfähigen Arbeitsmarkt – und damit für die Zukunft.“
Dr. Tobias Zimmermann
Infobox: Über die Studie
Wie offen sind Beschäftigte für einen Jobwechsel? Welche Erfahrungen machen sie im Bewerbungsprozess – und wie stehen sie zum Quereinstieg? Diese Fragen beleuchtet der aktuelle „Hiring Trends Index“ der Stepstone Group. Für die quartalsweise erscheinende Studie wurden zwischen dem 9. und 20. Januar 2025 rund 6.300 Arbeitnehmende sowie 700 Recruiter:innen online befragt. Die Ergebnisse der Beschäftigten sind repräsentativ für die deutsche Erwerbsbevölkerung nach Alter, Geschlecht und Bildung. Die neuesten Zahlen gibt es hier.
Quereinstieg: Das ist Annikas Geschichte
Quereinstieg passiert also nicht von heute auf morgen, sondern ist etwas das sich auch über Jahre entwickeln kann. Durch Netzwerkarbeit und Weiterbildung. So war es auch bei Dr. Annika Kreikenbohm (38). Nach dem Master in Astrophysik folgte die Promotion – und dabei entstand eine neue Leidenschaft: das Klettern in den Bergen. Dort zeigte sich aus nächster Nähe, wie stark der Klimawandel die Gletscher verändert. Schnell wurde klar: Engagement gegen die Klimakrise sollte nicht nur privat, sondern auch beruflich im Zentrum stehen.
„Ich fragte mich, wie ich aktiv für eine bessere Welt sorgen kann“, sagt Annika heute.
Wissenschaftliches Know-how sollte nicht nur in der Forschung bleiben, sondern direkt bei den Menschen ankommen. Eine Weiterbildung in Design und Visualisierung folgte, freiberufliche Projekte schärften das Profil. Gezielt entstanden Kontakte zu Personen aus der Wissenschaftskommunikation – ein Feld, das perfekt passte. Heute ist Annika bei City2Science und an der Universität tätig.
Ein Quereinstieg muss kein radikaler Bruch sein. Er kann sich schrittweise entwickeln – getragen von Neugier, Mut und Vorbereitung.

Nimm deinen Mut zusammen. Lumina/Stocksy
Gehaltsverhandlungen: Selbstbewusst auftreten und realistisch ansetzen
Finanziell hat sich der Quereinstieg für Annika Kreikenbohm schnell ausgezahlt: Das Gehalt ist ähnlich wie zuvor, mit der Aussicht auf ein höheres Gehalt. Auch wenn es am Anfang Unsicherheiten gab: „Ich habe einen Doktortitel – aber eben in Astrophysik, nicht in Wissenschaftskommunikation“.. Im Bewerbungsprozess beim neuen Arbeitgeber City2Science stellte sich jedoch heraus: Die wissenschaftlichen Kompetenzen und das breites Skillset wurden dringend gebraucht. Das Gehalt wurde erfolgreich verhandelt – auch, weil Sachmittel und weitere Leistungen von Anfang an mitgedacht wurden.
Eine zentrale Erkenntnis ergab sich aus dem Prozess: Frauen und weiblich gelesene Personen setzen ihre Gehaltsforderungen, insbesondere bei einem Jobwechsel, häufig zu niedrig an. Deshalb lautete der eigene Vorsatz: bewusst zehn Prozent mehr verlangen. Mit Erfolg.
Das persönliche Fazit: Wer sich der eigenen Fähigkeiten bewusst ist und realistisch, aber selbstbewusst verhandelt, verbessert nicht nur die Position – sondern oft auch die beruflichen Perspektiven.
Annikas Tipps für den Quereinstieg: So gelingt der berufliche Neustart
- Frage dich: Passt dein aktueller Job wirklich zu deinen Werten?
Manchmal ist der erste Schritt zum Quereinstieg die ehrliche Auseinandersetzung mit der eigenen Situation. Überlege, ob deine aktuelle Tätigkeit dich erfüllt und zu dem beiträgt, was dir im Leben wichtig ist. - Nutze deine vorhandenen Fähigkeiten auf neue Weise. Dein Wissen und deine Erfahrungen sind wertvoll – auch in Bereichen, die auf den ersten Blick nichts mit deiner bisherigen Arbeit zu tun haben. Überlege, wie du deine Fähigkeiten kreativ in anderen Feldern einsetzen kannst.
- Lerne weiter – auch in neue Richtungen. Ein Studium oder eine Weiterbildung in einem neuen Bereich, wie z. B. Design oder Technologie, kann den Horizont erweitern und neue Türen öffnen. Trau dich, dich in ein Thema einzuarbeiten, das dich begeistert, auch wenn es abseits deines bisherigen Fachgebiets liegt.
- Netzwerke aktiv und sprich mit Menschen. Veranstaltungen, Tagungen oder Gespräche mit Experten können dir Einblicke in neue Branchen und potenzielle Chancen bieten. Beziehungen und Empfehlungen sind oft ein Schlüssel zu neuen Möglichkeiten.
- Probiere dich aus und sammle praktische Erfahrungen. Sei offen für kleinere Projekte oder Selbstständigkeit neben dem Hauptjob. Das gibt dir die Chance, Neues auszutesten und Selbstvertrauen aufzubauen – gleichzeitig kannst du dein Portfolio erweitern.
- Sei mutig, Unsicherheiten zu akzeptieren. Ein Quereinstieg bedeutet oft, die Komfortzone zu verlassen. Auch wenn der Schritt unsicher wirkt, kann er der Beginn von etwas sein, das dich langfristig erfüllt.
- Achte auf deine Grenzen. Ein hohes Arbeitspensum kann zu Überforderung führen. Plane deine Schritte strategisch und sorge dafür, dass du nicht ausbrennst. Dein Wohlbefinden sollte immer an erster Stelle stehen.
FAQ:
Was braucht man für einen Quereinstieg?
Für einen Quereinstieg braucht man in erster Linie Offenheit, Lernbereitschaft und die Fähigkeit, sich in neue Themen einzuarbeiten. Es kann hilfreich sein, relevante Weiterbildungen oder Zertifikate zu erwerben, um das nötige Fachwissen zu erlangen.
Ist ein Quereinstieg sinnvoll?
Ja, ein Quereinstieg kann sehr sinnvoll sein – besonders, wenn man in seiner aktuellen Karriere nicht mehr erfüllt ist oder neue Herausforderungen sucht. Es bietet die Möglichkeit, neue berufliche Perspektiven zu entdecken und in einem anderen Bereich zu arbeiten, der vielleicht besser zu den eigenen Interessen oder Lebenszielen passt.
Warum werden so viele Quereinsteiger gesucht?
Viele Unternehmen suchen Quereinsteiger, weil sie frische Perspektiven, vielfältige Erfahrungen und neue Ideen mitbringen. Quereinsteiger haben oft Skills aus anderen Bereichen, die für die jeweilige Branche von großem Wert sein können. Zudem gibt es in vielen Sektoren einen Fachkräftemangel, der Unternehmen dazu zwingt, auf unkonventionelle Rekrutierungswege zurückzugreifen.
Wie lange dauert ein Quereinstieg?
Die Dauer eines Quereinstiegs variiert je nach Branche, Vorerfahrung und Bereitschaft zur Weiterbildung. In einigen Fällen kann es nur wenige Monate dauern, bis man sich in einem neuen Job eingearbeitet hat. In anderen Fällen, vor allem bei komplexeren Bereichen, kann es länger dauern.
Welcher Job lohnt sich als Quereinsteiger?
Jobs, in denen Quereinsteiger besonders gefragt sind, sind oft in Bereichen wie IT, Marketing, Vertrieb, Projektmanagement und Social Media. Berufe im Gesundheitswesen, wie Pflege oder Therapie, bieten ebenfalls Möglichkeiten, wenn entsprechende Ausbildungen oder Qualifikationen erworben werden. Genauso an Schulen, auch hier werden immer wieder Lehrer*innen als Quereinsteiger*innen gesucht. Entscheidend ist, dass der Quereinsteiger ein echtes Interesse an der Branche hat und bereit ist, sich weiterzubilden.
Wie überzeuge ich als Quereinsteiger?
Um als Quereinsteiger zu überzeugen, ist es wichtig, die eigenen übertragbaren Fähigkeiten und Erfahrungen klar herauszustellen. Zeigen Sie, wie Ihre bisherigen Kenntnisse im neuen Job nützlich sein können und welche Motivation Sie haben, in diesem neuen Bereich erfolgreich zu sein. Ein gut formuliertes Bewerbungsschreiben und ein überzeugendes Gespräch, in dem Sie Ihre Lernbereitschaft und Ihre Vision für die neue Rolle darlegen, können ebenfalls dazu beitragen, Arbeitgeber zu gewinnen.
Bildnachweis: Alina Miluseva/Stocksy
Autorin: Marlene Borchardt
Stepstone Gehaltsplaner
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