Gehaltszufriedenheit Frauen und Männer

Interview mit Arbeitspsychologin Mag. Karin Busch-Frankl


28.08.2017

Arbeitspsychologin Mag. Karin Busch-Frankl bietet seit Jahren Beratung in beruflichen Problemsituationen an. Die Expertin antwortet Stepstone.at auf Fragen zur Studie über Gehaltszufriedenheit.

Welche psychologische Erklärung gibt es für die Tatsache, dass lt. der Studie Frauen bei gleicher Arbeit und weniger Verdienst, dennoch zufriedener mit ihrem Einkommen sind, als ihre männlichen Kollegen?

Frauen sind weniger aggressiv als Männer, daher fordern sie auch viel seltener Gehaltserhöhungen ein. Männer gehen lt. diversen Untersuchungen viel offensiver in Gehaltsverhandlungen und überschätzen teilweise auch ihre Fähigkeiten, zum Vorteil bei Gehaltsverhandlungen.

Das Maß an  Zufriedenheit resultiert aus diesen Unterschieden, da Frauen in diesen Belangen sich zurücknehmen und nicht den Fokus auf das Einkommen legen. Männer definieren sich stärker über ihr Einkommen, es hat häufiger einen Statuswert für sie, daher ist die Unzufriedenheit höher. Ein weiterer Aspekt ist die Verhältnismäßigkeit, dh. wir Menschen vergleichen uns gerne mit anderen Menschen. Da Frauen häufiger in schlecht bezahlten Branchen oder Feldern tätig sind, fällt der Vergleich in der Gruppe trotz geringerem Gehalt positiv aus und somit ist eine höhere Gehaltszufriedenheit vorhanden.

Interessant an die Studie ist der Abfall der Zufriedenheit mit dem Gehalt bei Frauen ab dem 40. Lebensjahr. Eine für mich mögliche Erklärung für diese Stichprobenpopulation (Personen mit höherer Ausbildung/ Angestelltenverhältnis) wäre, dass Frauen mit diesem Alter sich wieder mehr dem Beruf widmen können, da die Kinder weniger betreuungsintensiv sind. Ab diesem Alter gewinnt die Frau auch meist ein neues Bewusstsein und ist klarer in ihren Forderungen und mehr auf den Beruf fokussiert. Der Gehaltsunterschied zwischen den Geschlechtern könnte dann zu einer Abnahme der Zufriedenheit betragen.

 

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Inwiefern flunkern Männer und Frauen bei der Auskunft über ihr Monatsgehalt und warum?

Der Geschlechterunterschied ist nicht sehr gravierend, jedoch tendieren Männer eher dazu, ihr Gehalt als höher anzuführen, als es tatsächlich ist. Auch hier werden alte evolutionsbedingte Mechanismen wirksam, Männer mit gesicherten, guten Einkünften haben mehr Chancen auf bei der Partnerinnensuche und werden als attraktiverer eingestuft. Daher ist es verständlich, warum Männer sich gerne als zahlungskräftiger, mit gutem Einkommen präsentieren. Ein Aspekt mag sein, dass Männer, welche ihr Gehalt untertreiben, meist ein positiveres Selbstbild von sich haben und auf Grund dessen des Bonuspunktes „Geld“ weniger bedürfen.

 

Wie stehen Sie zum viel diskutierten Thema Allgemeines Grundeinkommen?

Es hört sich auf den ersten Blick ganz positiv an, der Gedanke, alle Menschen sollten von ihrem Einkommen alle ihre Grundbedürfnisse finanzieren können. Ich denke aber, dass diese Umsetzung eine Reihe an weiteren Problemen mit sich bringen würde. Viele Betriebe müssten Personal abbauen oder schließen, weil es nicht mehr finanzierbar wäre. Bevor man dieses Grundeinkommen weiter denkt, müssten Rahmenbedingungen (Kollektivverträge etc.)  geändert werden, aber dazu bin ich nicht die Expertin. Derzeit denke ich, ist es nicht sinnvoll und umsetzbar.

 

Wie ist der nach wie vor bestehenden Gehaltsschere zwischen Männern und Frauen beizukommen?

Aus psychologischer Sicht sind zwei Dinge dazu notwendig: Transparenz in der Gehaltseinstufung und mehr Selbstbewusstsein der Frau beim Gehaltsverhandeln. Setzt man bereits früher an, dann zielen bereits erfolgreich Projekte, z B. der Förderung von Frauen in technischen Berufen, darauf ab, diese Gehaltsschere zu minimieren.

Ursachen für die bestehenden Gehaltsunterschiede (Teilzeit, Kinderbetreuungszeiten, gering bezahlte Branchen bei Frauen) müssen bei jeder Diskussion der Studienzahlen mitberücksichtig werden. Fließen diese Faktoren mit ein, ist der Unterschied zwischen den Geschlechtern nicht mehr sehr groß und korreliert überwiegend mit der aggressiveren Gehaltsverhandlungstaktik von Männer.

 

Mag. Karin Busch-Frankl

Klinische Psychologin und Gesundheitspsychologin
Arbeitspsychologin und Notfallpsychologin
Wahlpsychologin für klinisch-psychologische Diagnostik
Gerichtlich zertifizierte Sachverständige
Rechte Wienzeile 163/30
1050 Wien
Tel.: 0664/4247666, www.psychologin-wien.at

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Bildnachweis: Aramyan/Quelle: istockphoto.com

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